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  4. Kolonialismus: Schrumpfkopf bei Lempertz unter dem Hammer

KunstauktionDarf man Schrumpfköpfe versteigern?

In Deutschland dürfen menschliche Überreste nur zu wissenschaftlichen Zwecken verkauft werden. Die Versteigerung eines Schrumpfkopfes sorgt daher für Trubel.Christiane Fricke 25.10.2018 - 12:12 Uhr Artikel anhören

Das kultische Präparat stammt vom indigenen Volk der Jivaro aus Ecuador/Peru.

Foto: Katalog Lempertz

Düsseldorf. Darf man Handel treiben mit den sterblichen Überresten von Menschen? Die Versteigerung eines Schrumpfkopfes durch Lempertz in Brüssel sorgte – zumindest in Deutschland – bereits für erregte Debatten. Derweil ging am Mittwoch in der belgischen Dependance des Kölner Auktionshauses der Verkauf der grau melierten, langhaarigen Trophäe ohne große Worte vonstatten.

Wer gehofft oder erwartet hatte, Lempertz würde aus moralischen Erwägungen heraus das Los zurückziehen, wurde enttäuscht. Der Hammer für den Kopf vom Stamm der Jivaro (Ecuador/Peru) fiel nach nicht einmal fünf Minuten bei 15.000 Euro zugunsten eines Saalbieters, der mit Aufgeld 19.356 Euro bezahlen muss.

Sowohl der auf 8000 bis 10.000 Euro veranschlagte Schätzpreis als auch das weit darüber liegende Ergebnis zeigen, dass es für solche Trophäen eine ordentliche Nachfrage gibt. Der Schrumpfkopf stammt aus der Sammlung eines Bildhauers, die geschlossen am 24. Oktober 2018 zum Verkauf stand, inklusive fünf weiterer geschmückter Schädel.

Präparate aus der eingeschrumpften Haut des Kopfes verstorbener Menschen wurden von Kopfjägern einiger indigener Völker Südamerikas bis in das 19. Jahrhundert angefertigt. Sie dienten kultischen Zwecken, wurden jedoch auch von Seeleuten und Reisenden als Mitbringsel nach Europa mitgebracht. Gesammelt wurde bereits im 17. Jahrhundert, und zwar zu Wissenszwecken und als Symbol der Vergänglichkeit.

Heute überlegen die völkerkundlichen Museen, die Exemplare in ihren Sammlungen beherbergen, wie sie respektvoll mit den „human remains“ umgehen und ob sie eventuell sogar zurückgegeben werden müssen, wenn es sich um gewaltsam angeeignete Gegenstände handelt – sprich um koloniale Raubkunst. Dafür muss aber jeder Einzelfall überprüft werden.

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Noch regelt keine Konvention den Handel mit den sterblichen Überresten von Menschen. In Deutschland ist der Verkauf von „human remains“ verboten, wenn sie anderen Zwecken als wissenschaftlichen dienen. So wurde 2014 in München der Verkauf eines Schrumpfkopfes verhindert, weil die Behörden ihn als menschlichen Leichenteil einstuften, und er damit unter das Bestattungsgesetz fiel.

Das bei Lempertz versteigerte Exemplar ist ein schönes, trotz des Entsetzens, den sein Anblick verursachen mag. Zumindest kann man sich vorstellen, dass der Künstler, der es besaß, ein offenes Auge für seine ästhetischen Qualitäten hatte. Ob der sterbliche Überrest des Menschen jedoch zur Ware werden sollte, darf bezweifelt werden.

Selbst Lempertz-Chef Henrik Hanstein räumte letzte Woche im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung ein, es sei „grenzwertig“, zog aber keine Konsequenzen und schritt nicht ein, als seine Experten es in die Auktion nahmen. Anders das österreichische Auktionshaus Dorotheum, das vor einem Jahr von der Versteigerung mit Menschenhaut überzogener Totenschädel und Schrumpfköpfe Abstand nahm.

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