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Kunstmesse „art berlin“ Aus dem Stand ein neues Format

In der Hauptstadt geht mit der „art berlin“ eine Messe an den Start, die neue Galerien und Kunstliebhaber zum Berliner Kunstherbst lockt. Möglich macht es die Kooperation mit der renommierten „Art Cologne“.
15.09.2017 - 15:17 Uhr Kommentieren
Die „art berlin“ setzt auf gerade Wegführung und breite Stände. Quelle:  Installationsansicht (c) art berlin, 2017/Stefan Korte
Interessante Blickachsen

Die „art berlin“ setzt auf gerade Wegführung und breite Stände.

(Foto:  Installationsansicht (c) art berlin, 2017/Stefan Korte)

Berlin Da ist sie nun, die Premiere der neuen Kunstmesse „art berlin“, und schon beim ersten Rundgang zeigt sich: Der Aufwand hat sich gelohnt. Nach neun Jahren „art berlin contemporary“, einem Forum für Einzelkünstler mit verkapptem Messecharakter und offener Struktur, gibt es nun wieder eine echte Messe mit Kojen und Stellwänden, mit klassisch-gerader Wegführung und Blickachsen.

Dass sich jetzt 110 Galerien in den drei Hallen der „Station“ am Gleisdreieck präsentieren, ist Frucht einer bilateralen Kooperation. Die Berliner Messerepräsentantin Maike Cruse und Daniel Hug, der als Vertreter der Art Cologne seine Erfahrung einbringt, haben das Wunder vollbracht, gleichsam aus dem Stand ein neues Format zu schaffen, dessen Stände meist breit und offen sind.

Nach wie vor haben wir hier ein Heimspiel renommierter Berliner Galerien. Aber dank der Kölner Schützenhilfe ist es gelungen, rund 40 Galerien in diese Veranstaltung zu locken, die an diesem Ort lange nicht oder noch nie vertreten waren. Sie kommen aus dem Rheinland, aus München, aus Skandinavien, Wien und London. Ein Unterschied zu den früheren Präsentationen ist auf den ersten Blick zu erkennen: Es gibt nur wenige Installationen, an die alten Raumfüller knüpft nur eine Einzelausstellung am Stand von Sprüth/Magers an, in der der Berliner Aktionskünstler John Bock hinter grünem Gehänge einen dicht gefüllten Parcours seiner „Wesenspräsenz“ aufgebaut hat.

Das Ölbild „Nancy“ ist als teuerstes Bild der Messe bei Aurel Scheibler zu haben. Quelle: (c) art berlin, 2017, Photo: Stefan Korte
Alice Neel

Das Ölbild „Nancy“ ist als teuerstes Bild der Messe bei Aurel Scheibler zu haben.

(Foto: (c) art berlin, 2017, Photo: Stefan Korte)

Es gibt noch weitere Einzelausstellungen, etwa die Mack-Wand bei Samuelis Baumgarte oder die gestische Malerei des Briten Robert Holyhead bei Max Hetzler. Aber der Pluralismus der Genres und Formate ist jetzt so präsent, wie eine Messe es verlangt. Das teuerste Bild der Messe ist das kapitale Porträt einer Sitzenden der amerikanischen Malerin Alice Neel, das bei Scheibler rund eine Million Euro kostet.

Die bislang praktizierte Konzentration auf zeitgenössische Kunst wird durch die Teilnahme von Galerien wie Fischer (mit einer Otto-Dix-Wand) oder Nothelfer, der sich für die Abstraktion mit Stöhrer, Schumacher und Sonderborg starkmacht, aufgebrochen. Bei Haas begegnen sich Lüpertz, Tàpies und Werner Heldt. Auch auf dieser Messe ist Malerei Trumpf. Sie beherrscht die Hallen mit monochromer Zurückhaltung, schreienden Farben und fordernden Großformaten. Videokunst ist unterrepräsentiert, dafür gibt es an vielen Ständen ein Bekenntnis zur Fotografie.

Ein interessanter junger Fotokünstler figuriert bei Conrads mit einer Auswahl aus 184 Arbeiten in Schwarz-Weiß, in denen zwei verschiedene Frauen in Posen der Verhüllung und der Körpersprache ihre Identität wechseln (Einzelaufnahmen 4.000 Euro in einer 5er-Auflage). Zu den international angesagten fotografischen Werken von Katharina Sieverding, die gerade den Käthe-Kollwitz-Preis erhalten hat, gehören ihre Selbstporträts. Bei Tolksdorf hängen zwei dieser frühen Arbeiten im Format 190 x 125 cm für 95.000 Euro, bei Sabine Knust eine sechsteilige farbige Arbeit in 5er-Auflage für 120.000 Euro.

Das Wimmelbild „Halensee“ mit Badenden von K.H. Hödicke hängt am Stand der Galerie Friese. Quelle: Galerie Friese; VG Bild-Kunst, Bonn 2017
Sommerfreuden im großen Format

Das Wimmelbild „Halensee“ mit Badenden von K.H. Hödicke hängt am Stand der Galerie Friese.

(Foto: Galerie Friese; VG Bild-Kunst, Bonn 2017)

Gut gemischt ist der Stand von Carlier/Gebauer, wo ein filigranes Bronzerelief von Michel François 50.000 Euro und eine Vitrine mit Großmutters Teekannen von Laure Prouvost 26.000 Euro kosten. Eine Assemblage von Thomas Schütte mit sieben farbigen Muranoglaszwergen ist mit 65.000 Euro beziffert.

Zu den raumgreifenden skulpturalen Werken der Messe gehören eine Spiralplastik von Bernar Venet bei Blain/Southern und ein schier endloses Stahlring-Ensemble von Alicja Kwade bei König. Von politischer und ästhetischer Brisanz ist eine auf den ersten Blick wie eine Ansammlung schwarzer Glasbrocken wirkende Bodenarbeit von Louisa Clement bei Wentrup. Das zerstörte Glas besteht aus verflüssigtem und beim Erkalten zu Glas mutiertem Giftgas, wie es in Syrien eingesetzt wurde (30.000 Euro).

In schreienden Farben präsentieren sich Bilder in der Houldsworth Gallery, die kein Gewinn für die Messe ist. Noch schlimmer sind die strassgerahmten orientalischen Stripperinnen, die als Cutouts in der Koje einer Galerie mit Namen Roberto Paradise hängen.

Koffer-Wohnung mit Chic

Neu im Programm der Galerie Friese ist der 1993 verstorbene Polke-Freund Achim Duchow, dessen Rasterbild „Zigarettenpause“ (28.000 Euro) his Masters Stil erkennen lässt. Ein riesiges monochromes „Halensee“-Bademotiv von K.H. Hödicke zeigt sich hier als kojenbeherrschendes Wimmelbild (78.000 Euro). Raumgreifend ist ein Zelt bei Nagel Drexler, in das der amerikanische Objektkünstler Mark Dion unter dem Signum „Terror in Transsylvania“ das Compositgerippe einer Kuh mit Bärenschädel gestellt hat (150.000 Euro). Absurd und stylish zugleich ist die zusammenklappbare Koffer-Wohnung, die der Berliner MK Kaehne in sechsjähriger Arbeit konstruiert hat. Bei Michael Schultz steht sie für 120.000 Euro.

Solche Exponate zeigen die Spannbreite dieser Messe. Wie immer im Berliner Kunstherbst wird sie von einer an einem Wochenende kaum zu bewältigenden Fülle von Ausstellungen und Aktionen begleitet. Auch die Parallelmesse „Positions“ lädt die Sammler ein, die sie in die Treptower Arena mit 84 Galerien lockt, unter denen gestandene Berliner wie Poll und Zellermeyer, aber auch osteuropäische Aussteller zu finden sind.

Mehr als spannende Begleitmusik ist die Retrospektive des Essayfilmers Harun Farocki im Kino Arsenal und im Neuen Berliner Kunstverein. Monica Bonvicini, die bei der Galerie König ein Sitzensemble der Bondagekultur zeigt, bespielt großräumig die Berlinische Galerie. Im „Me collector’s room“ der Stiftung Olbricht begegnen uns 20 Künstler aus den Arabischen Emiraten. Mehr als 50 Privatgalerien zeigen neue Ausstellungen ihrer Stammkünstler. Ein Dutzend von ihnen hat schon am letzten Wochenende eröffnet, was die Eventfülle einigermaßen entzerrt. Berlin bleibt eine herbstliche Kunstwanderbühne. Die Messe art berlin ist ihr Fixpunkt.

Beide Messen laufen bis einschließlich Sonntag.

„art berlin. Fair for Modern and Contemporary Art“, Station – Berlin, Luckenwalder Straße 4 – 6, 10963 Berlin, Fr., Sa.: 11 bis 19 Uhr, So. bis 18 Uhr

„POSITIONS Berlin Art Fair“: Arena Berlin, Eichenstraße 4, 12435 Berlin, Fr.13 bis 20 Uhr, Sa. 13 bis 20 Uhr, So. 11 bis 18 Uhr

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