Kunstmesse: „Art Paris“ ohne deutsche Galerien

Die Galerie Françoise Livinec bietet dieses optisch vertrackte Gemälde auf ihrem Stand auf der Art Paris an.
Paris. Der Kurator der „Art Paris“, Guillaume Piens, und die Eigentümer der Kunstmesse, Julien und Valentine Lecêtre, warten für die 25. Ausgabe der Messe mit einer guten Mischung von rund 900 zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern des 20. Jahrhunderts auf. 134 Galerien aus 25 Ländern bieten bis zum 2. April im Grand Palais Ephémère ihre Positionen an.
Die Art Paris gab französischen Galerien immer ein bevorzugtes Forum. Die Messe behält ihre Ausrichtung mit 60 Prozent Franzosen und 40 Prozent Ausländern auch diesmal selbstbewusst bei. Mit ihrem Termin im Frühling, weit weg von der neuen Topmesse „Paris + by Art Basel“ im Oktober, stärken beide Messen den Standort Paris, weil sie ein kollegiales Miteinander praktizieren. Das heißt, die Galeristen können nun auf beiden Messen ausstellen, ohne unter Druck zu geraten.
Obwohl viele große Galerien anwesend sind, stellt man doch die Abwesenheit der internationalen Marktmacher Hauser & Wirth, Gagosian, Ropac und David Zwirner fest. Dagegen sind die französischen Platzhirsche Perrotin und Kamel Mennour präsent, wobei letzterer mit einem hochaktiven kommerziellen Team auftritt.
Mennour stellt Arbeiten seiner weiblichen Künstlerstars, etwa Alicja Kwade und Camille Henrot in den Mittelpunkt. Die Preise für Henrots Gemälde schnellten kürzlich nach oben. Dagegen ist die meditativ- vielschichtigen Malerei des Amerikaners Liam Everett im Preisbereich zwischen 20.000 bis 30.000 Dollar durchaus noch erschwinglich.
Die Pariser Galerie Loevenbruck realisierte einen der ersten Verkäufe auf der Messe. Sie konnte das — für die politisch engagierte französische Kunstgeschichte signifikante — Gemälde von Bernard Rancillac von 1966 „Sainte Mère la vache“ verkaufen. Da schwebt zynisch über hungernden Indern eine Käseschachtel der französischen Marke „La Vache qui rit“ (Die lachende Kuh).

Mit diesem Werk des Schweizer Malers dürfte die Galerie Alexis Lartigue Fine Art Liebhaber der École de Paris ansprechen.
Käuferin ist die französische Käsefirma Lab’Bel, Fabrikantin der „Lachenden Kuh“, die ihre Sammlung zeitgenössischer Kunst seit 2010 unter anderem mit Auftragsarbeiten ausbaut. Im Jahr 2021 gestaltete Rosemarie Trockel die Collector-Käseschachtel, wozu die Gruppe Bel eine Schau im Palais de Tokyo mit blau-weiß-roten Arbeiten von Trockel rund um die Kuh-Käseschachtel in den französischen Nationalfarben finanzierte.
Auf der Art Paris leiten zwei Kuratoren das Auge der Kunstfreundinnen und Kunstfreunde. Der mutige französische Museumskurator Marc Donnadieu wählte Arbeiten von zwanzig Künstlern aus unter dem Motto: „Kunst & Engagement“. Die zwischen Beirut, Rio und Paris lebende Kuratorin Amanda Abi Khalil hob die Thematik de „Exils“ hervor.
Afrikas Künstlerinnen im Trend
Vom wild Farbe und Objekte auf die Leinwand auftragenden Paul Rebeyrolle (1926 — 2005) bei der Galerie Jeanne Bucher Jaeger über den Mitbegründer der „narrativen Figuration“ Hervé Télémaque (1937 – 2022) aus Haïti bis zur feministisch engagierten Kubra Khademi aus Afghanistan bei der Pariser Galerie Eric Mouchet reicht das Engagement der oft im Exil lebenden Künstlerinnen und Künstler. Kubra Khademis erotisch inspirierte Frauengestalten waren kürzlich im Institut du Monde Arabe in Paris zu sehen. Die so erzeugte Aufmerksamkeit nutzt die Galerie Mouchet gern.
Die Fotografin Angèle Etoundi Essamba aus Kamerun arbeitet weiße Elemente, etwa Spitzenhäubchen, aus ihren tiefschwarzen Porträtfotografien heraus. Die Pariser Galeristin Carole Kvasnevski zeigt Essamba sowie die mit einer umfangreichen Schau im Pariser Fotomuseum „Maison Européenne de la Photographie“ ausgestellte Zanele Muholi aus Südafrika. Die Preise für die stupenden, fantasievollen Selbstporträts der Symbolgestalt für dunkelhäutige Transsexuelle liegen zwischen 20.000 und 30.000 Euro bei einer Auflage von acht Exemplaren, plus zwei Artist Prints.
Der internationale Trend zu Arbeiten von Künstlern aus Afrika ist auf der Art Paris deutlich spürbar. Der Pariser Galerist Eric Dupont zeigt den bereits anerkannten Roméo Mivekannin. Er wartet mit einer seiner ungerahmten großen Leinwände auf. Darauf stellt er ein Botticelli-Thema mit dunkelhäutigen, in Renaissance-Kleider gehüllten Männern nach.
Mivekannins Werk soll 45.000 Euro kosten. Von den rund 12.000 Euro, die vor etwa fünf Jahren erwartet wurden, ein beachtlicher Preissprung. Der Grund: Die auch in Schwarzafrika tätige Galeristin Cécile Fakhoury verkaufte Arbeiten des Malers aus Benin, etwa auf der „Paris + by Art Basel“.

Deutschland ist diesmal gar nicht auf der Art Paris vertreten. Der Wiener Ernst Hilger äußert sich pessimistisch: „Der Krieg in der Ukraine, die hohe Inflationsrate und generelle Unsicherheit führen die Leute weg von der Kunst“. Auf den Pariser Messen spürt man dies keineswegs, denn alle wichtigen Sammler kamen zur Vernissage der Art Paris.
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