Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Kunstsammler Timo Miettinen im Porträt Der eigenen Nase folgen

Der finnische Unternehmer Timo Miettinen sammelt begeistert zeitgenössische Kunst. An seinem Zweitwohnsitz Berlin hat er dafür einen Salon eröffnet, der öffentlich ist. Auch in Bremen hat er einen großen Auftritt.
19.02.2017 - 09:01 Uhr Kommentieren
Zurzeit präsentiert das Museum Weserburg in Bremen die Miettinen Collection. Quelle: Björn Behrens
Werke aus bemaltem Papier von Kirsi Mikkola

Zurzeit präsentiert das Museum Weserburg in Bremen die Miettinen Collection.

(Foto: Björn Behrens)

Bremen Eigene Entdeckungen sind das Salz in der Suppe einer jeden Kunstsammlung. Die Eigenart und Besonderheit eines jungen Künstlers wahrzunehmen, bevor es alle anderen tun – darauf sind Sammler stolz. Der finnische Unternehmer und Kunstsammler Timo Miettinen, 61, der seit 2004 junge finnische und internationale Kunst sammelt, hat eine solche Entdeckung zu bieten: den spanischen Maler Secundino Hernández, der mit Acryl und Öl, aber auch mit Kohle oder Hautleim luftige Kompositionen voller Stricheleien und Farbklecksen malt. „Ich habe den Maler vor zehn Jahren in Berlin entdeckt und ihn seither kontinuierlich begleitet“, sagt Miettinen. „Jetzt ist er 41 Jahre alt und ein Weltstar – und es ist schwierig geworden, noch an neue Werke von ihm zu kommen.“

Kein Wunder. Hernández wird längst von internationalen Galerien wie der Galerie Bärbel Grässlin (Frankfurt), Krinzinger (Wien) und Victoria Miro (London) vertreten, und seine Werke befinden sich in Sammlungen wie der Rubell Family Collection in Miami. Doch Timo Miettinen hat viel für den Künstler getan, in Berlin ein Atelier für ihn organisiert und früh Ausstellungen arrangiert.

Als das Sammlermuseum Weserburg in Bremen eine Ausstellung mit Werken aus der Sammlung Miettinen plante, sollte auch ein Künstlerraum ausschließlich mit Arbeiten von Secundino Hernández darunter sein. Und da war es für den inzwischen in Madrid lebenden Künstler Ehrensache, eigens ein neues Bild für die Ausstellung zu schaffen: ein großes Querformat, das wie eine riesige, abgerissene, zerfetzte Plakatwand wirkt. Hernández war extra nach Bremen gereist, um Wandmaße und Lichtverhältnisse zu prüfen, bevor er das Bild malte. „Und so bin ich dann doch wieder zu einem neuen Werk von ihm gekommen“, freut sich Miettinen und schmunzelt.

Timo Miettinen vor einem Teppich-Bild von Karin Kneffel. Quelle: Victoria Gisborne-Land/Kunstwerk: Karin Kneffel/VG-Bild-Kunst, Bonn 2017
Affinität zum Farbenspiel

Timo Miettinen vor einem Teppich-Bild von Karin Kneffel.

(Foto: Victoria Gisborne-Land/Kunstwerk: Karin Kneffel/VG-Bild-Kunst, Bonn 2017)

Es ist ein großer Auftritt, den Miettinen mit seiner Sammlung in der Bremer Weserburg bekommen hat. „Dreamaholic – Kunst aus Finnland“ heißt die Ausstellung, die rund 70 Werke von 32 finnischen Künstlerinnen und Künstlern präsentiert – ein Querschnitt durch die aktuelle Kunstszene am Rande Europas, die doch auf das Engste mit den internationalen Entwicklungen der Kunst verbunden ist. Viele der ausgestellten Arbeiten stammen aus den vergangenen fünf Jahren. Malerei und Fotografie dominieren, mit Videokunst oder raumbezogenen Installationen scheint Miettinen noch nicht richtig warm geworden zu sein. Vertreten sind einige international bekannte und viele noch unbekannte Positionen. Zu den bekannten zählen Marianna Uutinen, die Acrylfarbe trocknen lässt und dann äußerst kunstvoll wie dünne Tücher über die Leinwand zieht und fältelt, Eija-Liisa Ahtila, die als Video-Erzählerin weltweit wahrgenommen wird und in Bremen mit Fotoarbeiten vertreten ist, und die Fotografen Ola Kolehmainen und Elina Brotherus, die zur renommierten „Helsinki School“ der Fotografie zählen. Vor allem Kolehmainens Architekturabstraktionen zählen zu den herausragenden Werken in der Ausstellung. Ein noch zu entdeckender Künstler aus dem hohen Norden ist der Maler Jussi Niva, der eine äußerst dynamische neokonstruktivistische Malerei betreibt.

Dass sich die Sammlung Miettinen aber nicht auf Kunst aus Finnland beschränkt, belegen drei Künstlerräume, die zusätzlich zur Finnland-Schau in der Weserburg eingerichtet sind. Neben dem Spanier Secundino Hernández werden damit zwei deutsche Künstler in ein besonderes Licht gerückt. Der Bildhauer, Maler und Grafiker Joachim Bandau (Jahrgang 1936) ist mit einer fantastischen Schichtung aus schwarzen und grauen Flächen aus Aquarellfarben vertreten. Der Fotograf Julian Röder (Jahrgang 1981) bearbeitet Themen wie die Antiglobalisierungsbewegung oder die EU-Außengrenze mit einem eigenen Stil, der zwischen Kunst- und Dokumentarfotografie changiert.

Erfolg mit Elektro- und Haustechnik

Aktuelle, junge politische Fotografie und konstruktivistische Malerei, finnische Rezeption internationaler Kunsttrends und internationale Protagonisten dieser Kunsttrends aus Berlin, Madrid und Helsinki – das sind die Pole in der Sammlung Miettinen, die sie besonders und unverwechselbar machen.

Miettinen entstammt einer Unternehmerfamilie in Porvoo. Sein Vater Ensio Miettinen gründete in den 1950er-Jahren die Firmengruppe Ensto, die in den Bereichen Energieversorgung, Elektro- und Haustechnik aktiv war. Zusammen mit seinen drei Schwestern übernahm Timo Miettinen das Unternehmen, das zuletzt mit 1.680 Beschäftigten einen Umsatz von 280 Millionen Euro (2013) erwirtschaftete. Im vergangenen Jahr wurde es neu aufgestellt, inzwischen engagiert sich die dritte Generation der Familie – darunter die drei Töchter von Miettinen – im Unternehmen. Timo Miettinen ist heute Vorstandsvorsitzender der Teleste Oyi, die sich mit Breitbandkommunikation befasst und auch in Deutschland vertreten ist, sowie der EM Group Oy in Helsinki.

Mit Kunst kam Miettinen früh in Berührung. Seine Mutter sammelte finnische Landschaftsmalerei des 19. und 20. Jahrhundert. Den Schritt hin zur zeitgenössischen Kunst vollzog Miettinen zusammen mit seiner Frau Iiris. Ein Schlüssel dazu bot Miettinens Begeisterung für Berlin, das zu seiner zweiten Heimat geworden ist. 2010 erwarb er ein Haus in unmittelbarer Nähe zur Gedächtniskirche. Was als Investment gedacht war, bot ihm Gelegenheit, seine Begeisterung für die Kunst auf ein neues Niveau zu bringen.

So richtete er dort den Salon Dahlmann ein, benannt nach der vorigen Besitzerin des Hauses. In Anlehnung an die traditionsreiche Berliner Salonkultur zeigt Miettinen seither Teile seiner Sammlung und dazu Wechselausstellungen. Zu sehen sind neben jungen Finnen auch Miettinens Erwerbungen etwa von Georg Baselitz, Monica Bonvicini, Karin Kneffel, Albert Oehlen oder Anselm Reyle.

Aktuell zeigt Miettinen Werke des Zeichners Tom of Finland, einer Kultfigur der Homosexuellenbewegung. Tom of Finland – hinter dem Pseudonym verbirgt sich der Werbegrafiker Touko Laaksonen (1920-1991) – hat mit seinen homoerotischen Zeichnungen von muskelbepackten Leder-Männern Urbilder für „maskuline“ schwule Männer geschaffen. Die mitunter pornografischen Arbeiten haben weltweit für Furore gesorgt. Miettinen hat Arbeiten in seiner Sammlung und zusammen mit der Galerie Judin eine Art Retrospektive angelegt.

Miettinen zählt zu den Sammlern, die ihre Fundstücke nicht für sich selbst behalten, sondern der Öffentlichkeit zugänglich machen möchten. Für die Berliner Kunstszene ist das eine Bereicherung; und jetzt für einige Monate auch für Bremen.

„Dreamaholic – Kunst aus Finnland“, bis 27. August in der Weserburg, Museum für moderne Kunst, Bremen

„Loves and Lives – Tom of Finland“, bis 6. Mai im Salon Dahlmann, Marburger Str. 3, Berlin. Do – Sa 12 – 18 Uhr und nach Vereinbarung.

„Ecce Homo – Tom of Finland“, bis 15. April in der Galerie Judin, Berlin

Startseite
Mehr zu: Kunstsammler Timo Miettinen im Porträt - Der eigenen Nase folgen
0 Kommentare zu "Kunstsammler Timo Miettinen im Porträt: Der eigenen Nase folgen"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%