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Lempertz-Auktionen Alter KunstDie Bieter sind auf Sachwerte fixiert

Lempertz’ Versteigerungen von Schmuck und Silber profitieren von Kauflust. Bei den Altmeistergemälden überwiegt dagegen ungewohnte Zurückhaltung.Christian Herchenröder 21.11.2024 - 15:15 Uhr Artikel anhören
Um den Zizenhausener Totentanz rangen sieben Interessenten, bis die 42 Figuren aus Ton ihren Preis auf rund 82.000 Euro verzehnfacht hatten. Foto: Lempertz

Köln. Bei den Lempertz-Auktionen Alter Kunst in Köln herrschten zugleich Bietlust und Verweigerung. In der Separatauktion mit Kunstkammerobjekten und Möbeln gab es zwei Preiskometen. Eine „Schlafende Venus“ des Elfenbein-Schnitzers Balthasar Permoser wurde von einem Londoner Händler von 20.000 auf 66.780 Euro befördert, und eine vollständige Serie des sogenannten „Zizenhausener Totentanzes“ vervielfachte ihren Preis. Sieben Bieter hoben 42 Tonfigürchen von 9000 auf 81.900 Euro. Käufer ist ein Berliner Sammler.

Möbel aus einer westfälischen Sammlung waren erfolgreich, was als antizyklischer Moment zu werten ist. So wurde der von David Roentgen signierte ovale Multifunktionstisch mit figürlichen Einlagen weit über der Taxe für 340.000 Euro von einem französischen Sammler erworben. Das zierliche Möbel war 2020 im selben Auktionssaal zurückgegangen, aber im Nachverkauf in eine belgische Sammlung gewandert. Eine Kommode des Vaters Abraham Roentgen mit drei Schubladen und eine Badener Aufsatzkommode wurden an denselben rheinischen Bieter abgesetzt.

Als aber Gemälde des 16. bis 19. Jahrhunderts aufgerufen wurden, zeigte sich eine ungewohnte Zurückhaltung, während Schmuck und Silber starke Preise erzielten: deutliches Anzeichen eines auf Sachwerte fixierten Konsums. „Man merkt so richtig: Die Koordinaten ändern sich im Augenblick“, kommentiert Auktionator Henrik Hanstein. Die meisten Gebote verharrten an der unteren Schätzgrenze.

Immerhin konnte das Kölner Traditionshaus in der fünfteiligen Auktionsfolge nach eigenen Angaben 10,2 Millionen Euro einnehmen, die für 2,4 Millionen Euro versteigerten Gemälde des 19. Jahrhunderts der Berliner November-Auktion eingerechnet. Im November 2023 hatte die Alte Kunst 8,6 Millionen Euro eingespielt.

Eines der Hauptwerke der Altmeister-Auktion war das mit 250.000 bis 300.000 Euro eher moderat angesetzte Gemälde „Mariae Verkündigung“ des Haarlemer Historienmalers Pieter de Grebber. Die museale Feinmalerei, die 1909 unter dem Hammer von Hansteins Großvater war, wurde für 220.000 Euro unter Vorbehalt zugeschlagen, aber nach der Auktion für brutto 327.500 Euro von einem italienischsprachigen Unternehmer erworben.

Dieses atmosphärische Seestück von Willem van de Velde d.J. übernahm für 226.800 Euro eine holländische Privatsammlung. Foto: Lempertz

Dasselbe Schicksal hatte zunächst ein auf 450.000 bis 500.000 Euro geschätztes Marinebild von Salomon van Ruysdael, das im Juli 2015 in der Grisebach-Auktion der Sammlung Frieda Hinze ein Moskauer Sammler für 375.000 Euro ersteigert hatte. Es hatte zunächst einen Vorbehaltszuschlag und wurde nach der Auktion für 504.000 Euro an einen ostdeutschen Sammler abgegeben. Eine Marine von Willem van de Velde d.J. ging für 226.800 Euro in eine holländische Privatsammlung.

Bei der mittelprächtigen niederländischen Malerei gab es Ausfälle. Die zahlreichen Stillleben hatten es schwer, aber auch hier gab es einige Lichtblicke gegen den Trend. So stieg im Wettkampf zweier Onlinebieter ein Früchte-Stillleben des seltenen Antwerpeners Gregorius de Coninck von 17.000 auf 100.800 Euro. Käufer ist ein portugiesischer Sammler. Ebenfalls online wurden zwei Gemüse-Stillleben des Erfurter Malers Jakob Samuel Beck für 35.280 erworben.

Ein Trompe-l’œil des Hamburgers Georg Hinz mit raffiniert gemalten Briefen und Utensilien in einer Fensternische wurde für 28.980 Euro zugeschlagen. Auch die Genremalerei hatte es schwer. Der einzig durchschlagende Erfolg war dem gefälligen Sujet zweier Flötenspieler vorbehalten, einem 1637 datierten Gemälde des Antwerpeners Theodor Rombouts, das caravaggistische Einflüsse mit flämischem Gusto verbindet. Für 80.640 Euro ersteigerte es ein russischer Käufer, der im Westen lebt.

Ausreißerpreis für Wierusz-Kowalskis abendliche Schlittenfahrt

Unter den wenigen italienischen Gemälden der Auktion war die biblische Szene „Hagar und der Engel“ des Florentiner Barockmalers Alessandro Rosi. Sie traf mit brutto 63.000 Euro exakt die untere Schätzung und wurde von einem zypriotischen Sammler gekauft.

Die wenig spektakuläre Malerei des 19. Jahrhunderts hatte am Ende der Versteigerung noch einen Ausreißer in von Wierusz-Kowalskis „Schlittenfahrt“. Das Abendbild des in München tätigen Polen wurde von einem polnischen Sammler von 15.000 auf 60.480 Euro gehoben. Auch in der Auktion von Gemälden der zweiten Kategorie gab es einen Überraschungspreis. Zwei südliche Landschaften eines anonymen französischen Meisters waren mit 5000 Euro redlich unterschätzt. Für 47.880 Euro wandern sie jetzt in den Pariser Handel. Diese als Pendants komponierten Gemälde haben Hubert-Robert-Qualität.

Der große Salatkopf als Terrine sieht aus wie echt, wurde aber um 1760 aus Ton geformt. Foto: Lempertz

Nachdem der Schmuck mit einer Zuschlagsquote von 130 Prozent und einem Spitzenpreis von 308.000 Euro für eine Art-déco-Brosche mit gelbem, 7,98-karätigem Diamanten für gute Stimmung gesorgt hatte, gab es auch beim Kunstgewerbe gute Ergebnisse. Das Silber war mit 262 Losen wie immer herausragend vertreten. Gleich zu Beginn spielten Renaissance-Gefäße 24.000 bis 30.240 ein. Ein silbermontierter Schweizer Deckelpokal aus Maserholz wurde für 50.400 Euro vom Schaffhausener Museum zu Allerheiligen ersteigert.

Die aus New York eingelieferten 22 Lose mit Objekten des in Paris geschulten Berliner Silberschmieds Emil Lettré gingen mit einer Ausnahme komplett für insgesamt 300.000 Euro an einen Berliner Privatsammler.

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Beim Porzellan, das mit der Sammlung Heinrich massiv vertreten war, gab es keine Preiskometen, von 184 Losen gingen 90 zurück. Dafür liefen die Fayencen fast lückenlos mit Bruttozuschlägen bis 37.800 für ein 1602 datiertes Apothekengefäß mit Allianzwappen, das auf 3000 Euro angesetzt war. Eine als großer, realistischer Salatkopf geformte Terrine in Schrezheimer Fayence ging für 35.280 Euro in New Yorker Privatbesitz. Ein täuschend echt wirkender Hingucker, nach dem garantiert jeder Gast fragen wird.

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