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Neuerscheinungen Wohin entwickeln sich die Museen der Zukunft?

Zwei neue Bücher schildern, wie die Museen morgen aussehen könnten: digitaler, grüner und gleichberechtigt interdisziplinär.
27.02.2021 - 09:12 Uhr Kommentieren
Die Besucher in der KI-Ausstellung „Grenzenlos“ von 2019 werden zu Mitspielern in der Kunst. Quelle: REUTERS/Matthew Childs
Digital Art Museum in Tokio

Die Besucher in der KI-Ausstellung „Grenzenlos“ von 2019 werden zu Mitspielern in der Kunst.

(Foto: REUTERS/Matthew Childs)

Berlin Nicht erst die Corona-Pandemie stellt Museen vor ganz neue Herausforderungen. Doch die drängenden Fragen von Dekolonialisierung, ökologischem Fußabdruck oder ‚Gender‘, ‚Race‘ und sozialer Gerechtigkeit erhalten durch die globale Krise neue Brisanz.

Gleich zwei kürzlich erschienene Bücher beschäftigen sich mit dem Museum der Zukunft. Der Titel beider Bände lautet auch genauso – einmal auf Deutsch, einmal auf Englisch. Für „The Future of the Museum“ hat András Szántó, der Museen Stiftungen und Unternehmen bei ihren kulturellen Strategien berät, mit 28 Museumsdirektoren gesprochen.

Der Autor versteht seinen nur auf Englisch herausgegebenen Band als Momentaufnahme dessen, was Museumsleiter weltweit aktuell bewegt. Die kulturelle Herkunft des Museums als Projekt der westeuropäischen Aufklärung in Europa stellt er einer globalisierten Gegenwart gegenüber.

Die spannendsten Ansätze für die Zukunft der Institution Museum sieht er denn auch in Afrika, Lateinamerika, Ozeanien und in Teilen Asiens. Der in New York lebende gebürtige Ungar hat mit seiner Wahlheimat USA auch noch den wirtschaftlichen Faktor im Auge, der gerade dort die Institution Museum nicht nur inhaltlich, sondern auch wirtschaftlich in Frage stellt.

Noch komplexer wird die Situation dort durch die Diskussion um Race, einen Begriff, der mit Rasse nur sehr ungenügend übersetzt ist. Durch den Mord an George Floyd entwickelte er eine Dynamik, die nahezu sämtliche gesellschaftlichen Bereiche erfasst hat – insbesondere die Kulturinstitutionen.

Thomas P. Campbell, Direktor und Vorstandsvorsitzender der Fine Arts Museums of San Francisco, leitete zuvor das Metropolitan Museum in New York und rief dort das Global Museum Leaders Colloquium ins Leben. Das Gespräch mit ihm führt vor Augen, wie sehr die Institution Museum ins Zentrum von politischen Auseinandersetzungen gerückt ist. Statt Nabelschau eines Relikts in der Sinnkrise zu sein, weitet das Buch den Blick über den gesamten Globus und eröffnet Perspektiven, die über Kontinente und Gesellschaftssysteme hinausreichen.

Das Museum schmiegt sich in die Meereslandschaft wie Kunst an den Wellensaum. Quelle: Yang Shiyao/Photoshot/Prisma
UCCA Dune Art in China

Das Museum schmiegt sich in die Meereslandschaft wie Kunst an den Wellensaum.

(Foto: Yang Shiyao/Photoshot/Prisma)

Während etwa Museen in Asien ihre Rolle in postdemokratischen, neoliberalen Gesellschaften neu definieren müssen, wie aus den Gesprächen mit Philip Tinari (UCCA, Peking) und Eugene Tan (National Gallery Singapore und Singapore Art Museum) zu entnehmen ist, wächst den entstehenden Modellen in Afrika eine völlig neue Rolle zu.

In den afrikanischen Kulturen seien die Sparten Bildende Kunst, Musik, Tanz und Literatur nicht einer Trennung unterworfen, wie dies im Westen traditionell gehandhabt wird, so Koyo Kouoh, Chefkuratorin im Zeitz Museum of Contemporary Art in Kapstadt. Das Museum müsse sich gemäß den dortigen Organisationsformen der Zivilgesellschaft entwickeln.

Der Band ist eine Fundgrube an Analysen, Denkanstößen und Zukunftsmodellen. Darüber hinaus bieten schon die jeweiligen Einführungen der Gesprächspartner und deren Erzählungen aus ihrer eigenen Erfahrungswelt und Biografie eine spannende Lektüre.

Einen anderen Ansatz verfolgt der Band „Das Museum der Zukunft“ aus dem transcript Verlag. Er versammelt 43 von einzelnen Autoren oder gemeinschaftlich auf Deutsch oder Englisch verfasste Beiträge und versteht sich als Antwort und Fortführung eines 1970 erschienenen gleichnamigen Bandes. Herausgegeben wird es von dem Wiener Kollektiv „schnittpunkt. Ausstellungstheorie und Praxis“ und dem freien Kurator Joachim Bauer.

Zu den Höhepunkten des Bandes gehört mit Sicherheit der Aufsatz „Free your mind. A speculative Review of #NewMoMA*“ von Claire Bishop und Nicki Columbus, die detailliert die Neuausrichtung der New Yorker Institution beschreiben, einordnen und bewerten.

András Szántó: The Future of the Museum. 28 Dialogues.
Hatje Cantz Verlag
320 Seiten, 30 Abbildungen
22 Euro

Das Museum der Zukunft. 43 neue Beiträge zur Diskussion über die Zukunft des Museums. Hrsg.: schnittpunkt und Joachim Baur
transcript Verlag, Bielefeld
320 Seiten
29 Euro

Als zentraler Punkt vieler Beiträge erweist sich die Idee des Museums als Gemeingut. Von hier aus entwickeln die Autoren unterschiedliche Forderungen und Modelle, die eines gemeinsam haben: die Rolle des Museums verändert sich vom Haus für das Sammeln, Bewahren, Forschen und Ausstellen hin zu einer Art Soziallabor. Herausgekommen ist ein facettenreiches Panorama unterschiedlichster Zugänge, sowohl inhaltlich wie geografisch, das aber unter Redundanzen leidet.

Konzept für fliegende Museen

Das Werk hat einen längeren Vorlauf und will „den Stand, die Trends und Themen des aktuellen kritischen Museumsdiskurses“ abbilden. In der historischen Aufarbeitung wird deutlich, dass die Vorstellungen davon, was das Museum der Zukunft ausmachen soll von den 1960er- und 1970er-Jahren bis heute einem ständigen Wandel unterworfen sind. So war und ist die Institution Museum auch immer Projektionsfläche für jeweilige Gesellschaftsutopien.

Wie die Herausgeber im Vorwort richtig anmerken, ist die Aufsatzsammlung nicht zuletzt Spiegel ihres eigenen Netzwerks, das stark in der Theorie verankert ist. Die Heterogenität der Beiträge macht die Lektüre so abwechslungsreich wie herausfordernd.
Das Spektrum reicht von utopischen Entwürfen fliegender Museen mit Collagen und Zeichnungen bis zu halbseitigen Gedankenskizzen, die von anderthalb Seiten Fußnoten begleitet werden.

Mehr: Privatsammlung KiCo im Lenbachhaus: Wo bleiben die Künstlerinnen?

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