Neumeister Triumph für eine attraktive Artistin

Johann Georg Müller: "Der Morgen", 1967. (Ausschnitt)
München Zügig beboten wurden die beiden Toplose von Otto Dix, die am 23. Mai bei Neumeister aufgerufen wurden. Die Auktion enthielt ausgewählte Werke der Moderne. Taxgerecht für 200.000 Euro ohne Aufgeld wurde ein fein koloriertes Aquarell einer Zirkusszene von 1923 zugeschlagen. Das Blatt, das eine verführerische Artistin auf einem Schimmel in der Manege zeigt, wechselte schon einige Male den Besitzer, zu denen auch der Modedesigner Gianni Versace gehörte. Zuletzt wurde es im Mai vergangenen Jahres bei Sotheby’s New York für umgerechnet rund 98.890 Euro inklusive Aufgeld versteigert.
Dix, der oft als „Maler der Tatsachen“ tituliert wird, hielt bei dem Gemälde „Ursus im Steckkissen“ von 1927 eine Szene aus dem Leben fest, wie sie realer nicht sein kann. Ein Baby, hübsch im Steckkissen zurechtgemacht, schreit aus vollem Halse, die Gesichtszüge angespannt, die kleinen Fäustchen in typischer Säuglingshaltung nach oben gestreckt. Man munkelt, dass ein bekannter griechischer Sammler das erfolgreiche Gebot von 190.000 Euro am Telefon bewilligte. Der Schätzpreis betrug 150.000 bis 200.000 Euro.

Lesser Ury: "Allee im Tiergarten", 1920er Jahre, Pastell. (Ausschnitt)
Eine Dix’sche Landschaftsszene vom Bodensee von 1948/49 wurde unter Vorbehalt für Euro 50.000 Euro zugeschlagen. Das heitere Spiel von Licht und Schatten einer frühlingshaften Allee im Sonnenschein hielt Lesser Ury auf einem Pastell der zwanziger Jahre fest, das ein Sammler im Saal zur unteren Taxe von 60.000 Euro übernahm. Von Ernst Ludwig Kirchner wurden zwei Bleistiftzeichnungen mit dem typisch energischen Strich aus der Zeit um 1910 angeboten. Das Porträt des Dichters Alfred Döblin kam auf 7.500 Euro, ein Mädchen am Tisch auf 17.000 Euro. (Taxe: 10.000 bis 12.000).
Lüpertz’ gefleckte Kühe
Unter den Zeitgenossen ist unter anderem das Ergebnis für ein Selbstbildnis des Briten Tony Bevan bemerkenswert, das 35.000 Euro erzielte. Eine Hamburger Händlerin im Saal bot 55.000 Euro für ein Gemälde von Markus Lüpertz. Inspiriert von den klassischen Darstellungen eines Poussin und Corot zeigt Lüpertz eine Frauenfigur vor ornamentalem Hintergrund. Der Zuschlag erfolgte unter Vorbehalt, das Limit lag noch 5.000 Euro darüber. Nach Corots Vorbild malte Lüpertz auch Kühe. Ein Saalbieter übernahm die tonig gehaltene Leinwand mit den gefleckten Kühen zur unteren Taxe von 35.000 Euro.
Imi Knoebel abtrakt-reduziertes „Porträt“ wechselte bei 28.000 Euro den Besitzer, deutlich über der Taxe, die 18.000 bis 24.000 Euro betrug. Johann Georg Müllers farbintensiver „Morgen“ von 1967 kam sogar auf überraschende 82.000 Euro (30.000 bis 40.000). Reges Interesse weckte schließlich eine erotische Szene des Hamburgers Horst Janssen. Das Aquarell aus dem Jahr 1978 brachte es schließlich mit 10.000 Euro auf die doppelte Taxe.
Einige Werke wurden unter Vorbehalt zugeschlagen, darunter auch eine Bronze von Fritz Klimsch, die seine Tochter Nelly Herz mit der Enkelin darstellt. 80.000 bis 100.000 Euro waren für die Skulptur erwartet worden, die ganz unter dem Einfluss Auguste Rodins steht, dessen Werk Klimsch 1894 zum ersten Mal sah.
Gut informierte Kunden
„Dauerbrenner“, die schon in etlichen Auktionen angeboten wurden, wie Edward Cucuels Porträt eines Mädchens vor Seekulisse („Evechen Meyerweissflog“), ließ das Publikum unbeachtet; überzogene Erwartungen führten zum gleichen Ergebnis.
32 der 75 Werke werden in der Ergebnisliste vom 24.05.2012 als feste Zuschläge aufgeführt, nach unseren Berechnungen rund 890.000 Euro Zuschlagssumme. Ein Ergebnis, das die aktuelle Kunstmarktsituation widerspiegelt. Spitzenwerke werden problemlos abgesetzt, aber trotz des Hypes konzentrieren sich die Kunden, die heute meist sehr gut informiert sind, auf die bekannten Namen zu angemessenen Preisen.
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