NS-Raubkunstgesetz: Verein Kunstsammler sieht Privateigentümer durch Anspruch auf Auskunft an den Pranger gestellt

Düsseldorf. Die Bundesregierung steht selbst verschuldet unter Druck. Sie braucht einen funktionierenden Ersatz für die vorschnell verkündete Auflösung der Beratenden Kommission. Der ist aber vorerst nicht in Sicht. Immerhin gibt es nun einen am 24. Juli verabschiedeten Kabinettsbeschluss über den Entwurf für ein Raubkunstgesetz. Vorgelegt haben ihn Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Die Grünen).
Die Beratende Kommission (ehemals Limbach-Kommission) war 2003 gegründet worden, um in schwierigen Fällen von NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kunstwerken zu vermitteln. Der Entwurf sieht nun stattdessen eine erstinstanzliche gerichtliche Zuständigkeit vor, die bei den Landgerichten angesiedelt werden soll. Ein besonderer Gerichtsstand soll im auch aus dem Ausland gut erreichbaren Frankfurt eingerichtet werden.
Im Kern geht es darum, es den Nachfahren früherer Eigentümer leichter zu machen, ihre Ansprüche auf die Herausgabe von NS-Raubgut vorzutragen und durchzusetzen. Dazu gehört, dass sich Besitzer von Raubkunst künftig nur noch dann auf Verjährung berufen können, wenn sie nachweislich in gutem Glauben erworben haben. Außerdem werden dem Kunsthandel Pflichten aufgebürdet, die weit über die bestehenden Sorgfaltspflichten hinausreichen.
Bringt der Handel mögliches Raubgut in Verkehr, soll er nun über Namen und Anschriften von Einlieferern, Verkäufern, Erwerbern und Auftraggebern Auskunft geben, außerdem seine Provenienzrecherchen offenlegen.
„Natürlich teilen wir unsere Erkenntnisse zur Provenienz der betreffenden Kulturgüter“, stellt Rupert Keim, Chef des Auktionshauses Karl & Faber und Präsident des Bundesverbands Deutscher Kunstversteigerer, auf Nachfrage des Handelsblatts klar. Doch müssten auch Vertreter der Opferseite verpflichtet werden, ihre Erkenntnisse offenzulegen. Im Übrigen seien sie Kommissionäre. Die Namen und Anschriften seiner Kunden seien nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) geschützt.
„Die Diskretion ist eine der wichtigsten Grundlagen des Kunsthandels weltweit“, gibt der Verein Kunstsammler e. V. in seiner Stellungnahme zu bedenken. Der Auskunftsanspruch sei „so zu weit gefasst“. Mit Sicherheit könne man davon ausgehen, dass kein Kunstliebhaber oder gar Kunstsammler dann noch sein Eigentum auf dem deutschen Markt verkaufen werde. Durch diesen uferlosen Auskunftsanspruch werde er gleichsam ohne Not als Privateigentümer an den Pranger gestellt.
Die Interessengemeinschaft Deutscher Kunsthandel beschreibt in ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf außerdem die Gefahr, dass die Verkäufer eingelieferte Werke bei Raubkunstverdacht zurückziehen, noch bevor die Erben kontaktiert werden: „Damit wird Restitution nicht gefördert, sondern verhindert.“

Zu kurz greift laut Auktionator Rupert Keim die Pflicht zur Rückzahlung zuvor geleisteter Schadenersatzzahlungen. „Die Opfer sollen Rückzahlungen an den Staat leisten.“ Der Staat drücke sich jedoch umgekehrt vor einer Entschädigung, sollte es zur Enteignung eines Privatbesitzers von NS-Raubkunst kommen. „Das ist nicht stimmig. Ich vermisse den großen Wurf.“






