Provenienzangaben Was Sammler beim Kauf von antiken Kunstwerken beachten sollten

Das Fragment aus dem späten 7. bis frühen 6. Jahrhundert vor Chr. hat Jean-David Cahn im Angebot.
Maastricht Zwischen Austern und Sushi-Bar tummeln sich Kunstliebhaber auf Europas wichtigster Messe für Antiquitäten und alte Kunst. Wenn auf Französisch, Englisch und Russisch die Preise verhandelt werden, nennen manche Händler die Summen nur auf Nachfrage. Ähnlich verhält es sich bei Provenienzangaben.
Denn während einige Händler in der Branche die Herkunft ihrer Werke bis ins 16. Jahrhundert angeben, erteilen andere nur halbherzig Auskunft. So beginnt die Geschichte mancher antiker Statue angeblich erst in Privatsammlungen um 1970.
Christos Tsirogiannis, Experte der Organisation ARCA, die sich gegen illegalen Kunsthandel einsetzt, sieht darin eine grobe Verletzung des Kulturgüterschutzes: „Ob Antiquitäten gestohlen oder geschmuggelt wurden, geht aus solch dünnen Angaben kaum hervor.“
Das kann Konsequenzen für die Käufer haben: Wer in den Besitz von Raubkunst kommt, muss das Werk gegebenenfalls an den ursprünglichen Eigentümer zurückgeben – und sieht den Kaufpreis meist nie wieder.
Die Wertschöpfungskette im Blick
Was können Kunden also tun, um auf der sicheren Seite zu sein?
„Hartnäckig bleiben bei der Provenienz, das ist die beste Versicherung“, sagt Händler Andrea Ciaroni. Händler Jean-David Cahn erklärt: „Bei Kleidung oder Nahrung interessiert uns die Wertschöpfungskette ja auch.“ Paul Fabel, der am Mercator Kolleg für Internationale Aufgaben den illegalen Kulturgüterhandel bearbeitet, rät, sich an internationale Standards zu halten:
Erstens: die Kaufsituation „Wo und unter welchen Umständen kaufe ich das Objekt?“ Diese Schlüsselfrage sollten Kunden laut Fabel klären. Gut sei es, wenn das Werk auf einer internationalen Messe angeboten werde. Ciaroni bestätigt das: „Ich habe Kunden, die sich für ein Werk interessieren, aber sie kaufen es bewusst erst auf der Tefaf. Dann ist es noch mehr Kontrollen ausgesetzt“. Wenn Werke auf Messen erst auf mehrfache Nachfrage gezeigt werden, lohnt es sich, skeptischer zu sein, rät Fabel.
Viele Veräußerer erfüllen die gesetzlichen Vorgaben und betreiben eigene Provenienzrecherche, etwa beim Abgleich mit internationalen Raubkunst-Datenbanken. Aber Fabel warnt: „Nur, weil ein Objekt da nicht auftaucht, ist es noch lange nicht legal.“
Zweitens: Professionalität Fabel empfiehlt, sich über den Händler kundig zu machen. „Ist die Person schon lange im Geschäft? Hat sie einen Ruf, der auf dem Spiel stünde?“ Kunden könnten zum Beispiel die Zugehörigkeit in Branchenvereinigungen erfragen. Fabel rät zudem, bei spezialisierten Anbietern zu kaufen. Und Händler, die auf Barzahlung bestehen, sollten laut Fabel misstrauisch machen.
Drittens: die richtigen Dokumente Wer sich zum Kauf entscheidet, sollte alle relevanten Dokumente zum Werk einsehen. Wer hat es von wem gekauft, wann, wo, für wie viel Geld? Da viele Besitzer anonym bleiben wollen, einigt sich Händlerin Antonia Eberwein oft auf die Weitergabe der Initialen. „Das ist ein Kompromiss, den die meisten eingehen“, erklärt sie.
Fabel sieht das kritisch: „Wenn sich der unmittelbar vorherige Besitzer gar nicht ermitteln lässt, würde ich persönlich das Objekt nicht kaufen“.
Viertens: externe Experten Wer zweifelt, kann externe Experten hinzuziehen. „Seriöse Händler sollten im Grundsatz nichts dagegen haben. Wenn doch, würde ich auch hier die Finger davon lassen“, meint Fabel. Für ihn ist Kunstbesitz Verantwortung: Bei neuen Erkenntnissen zum Werk müssten notfalls Konsequenzen gezogen werden — auch Jahre nach dem Kauf.
Das zeigt der Fall einer indischen Buddha-Statue: 2018 wurde sie auf der Messe zum Verkauf angeboten, obwohl sie 1961 aus einem indischen Museum gestohlen worden war. ARCA meldete den Fall an die Behörden, der damalige Besitzer gab die Statue freiwillig zurück. Dafür bleiben Händler und Käufer bis heute anonym.
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