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Sigmar Polke Die Kartoffel im Kunstmarkt

Die Devise "Jeder soll Kunst kaufen können" rief in den 1960er-Jahren Editionen und Multiple-Verleger auf den Plan. Klaus Staeck verlegte vier Jahrzehnte die Auflagenwerke seines Künstler-Freundes Sigmar Polke. Eine amüsante Hommage in der Akademie der Künste gibt jetzt Einblicke in künstlerische Prozesse, Polkes Humor und Haltung zu Politik und Gesellschaft.
  • Johannes Wendland
24.01.2011 - 09:30 Uhr Kommentieren
Mit Kartoffeln in der Hand: der Künstler Sigmar Polke (l.) und sein Verleger Klaus Staeck (r). Foto: K.Klöckner, VG Bildkunst Quelle: Akademie der Künste, Berlin

Mit Kartoffeln in der Hand: der Künstler Sigmar Polke (l.) und sein Verleger Klaus Staeck (r). Foto: K.Klöckner, VG Bildkunst

BERLIN. Unter einem Hocker hängt an einem langen Draht eine Kartoffel. Oben ist ein Knopf. Wenn man ihn drückt, beginnt sich der Draht mit der Kartoffel schnarrend zu drehen - um eine weitere Kartoffel, die unter dem Hocker auf dem Boden liegt. Was das sein soll? Ganz einfach: ein "Apparat, mit dem eine Kartoffel eine andere umkreisen kann". 1969 hat der im vergangenen Juni verstorbene Künstler Sigmar Polke den sinnfreien Apparat mit dem langen Namen erdacht, ganz im Geiste des Fluxus und der absurden Happenings dieser Zeit. Jetzt ist er einer der Höhepunkte in der Hommage auf Sigmar Polke, die in der Berliner Akademie der Künste am Pariser Platz zu sehen ist.

Zunächst ein Ladenhüter

Polkes Erfindung hatte seinerzeit einen ganz realen, materiellen Hintergrund. Der Künstler hatte die "Kartoffelmaschine", wie sie später nur noch genannt wurde, für seinen Künstlerkollegen und Verleger Klaus Staeck entworfen. Als Hilfsmaßnahme, denn Staeck musste Schadenersatz für ein recht ruppig verlaufenes Happening-Festival leisten, bei dem unter anderem das Dach des Heidelberger Amerika-Hauses zu Bruch gegangen war. Staeck bat seine damaligen Kollegen und Mitstreiter um künstlerische Arbeiten, die er in seiner Edition zu Geld machen konnte. Die "Kartoffelmaschine" erschien also in einer Auflage von 30 Stück und sollte jeweils 290 Mark kosten. Zunächst erwies sie sich allerdings als Ladenhüter. Das hat sich geändert. Im Dezember 2009 wurde eines der begehrten Exemplare der Edition bei Lempertz zunächst auf 28.000 bis 32.000 Euro taxiert und schließlich von den Bietern auf 74.000 Euro hochgetrieben. Objekte von Sigmar Polke sind eben rar.

Der Künstler und sein Verleger

Die "Kartoffelmaschine" war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft - und davon erzählt die Berliner Ausstellung, die Klaus Staeck, heute Präsident der Akademie, für seinen verstorbenen Freund eingerichtet hat. Mit den Jahren wurde Sigmar Polke zu einem treuen Beiträger zur Edition Staeck. Er lieferte zumeist Serigrafien und Lithografien, bei deren Motiven Polke nach Aussage von Staeck stets sehr bewusst darauf achtete, dass sie zum politischen, zeit- und konsumkritischen Profil der Edition passten. Viele Zitate aus Massenmedien und Werbung sind da zu finden, die rasch collagiert und häufig in der für Polke charakteristischen Rasterung wiedergegeben sind. Etwa 90 Editionen sind in der Ausstellung zu sehen, erschienen in einem Zeitraum von fast 40 Jahren. Sie ermöglichen einen Einblick in die stilistische Entwicklung Polkes, auch wenn viele Arbeiten skizzenhaft und im Polke-Maßstab wenig komplex wirken.

Originell fabulierte Bitten

Die Ausstellung hat einen sehr persönlichen Charakter, was der Tatsache zu verdanken ist, dass Staeck ganz offensichtlich nie etwas wegwirft und hier sein gesamtes Archiv zu Sigmar Polke ausgebreitet hat. Kataloge, Ausstellungseinladungen und Arbeitsunterlagen für die Graphikherstellung sind ebenso zu sehen wie etwa 100 Faxvorlagen, in denen Staeck seinen notorisch unorganisierten Freund an Termine und Vereinbarungen erinnert - bittend, bettelnd und häufig sehr originell fabulierend. Auch die Rechnungen, die Polke seinem Verleger ausgestellt hat, liegen hier in Vitrinen unter Glas - betont (nach)lässig niedergeschrieben auf Papierresten und Postkarten.

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