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Sotheby's, Phillips und Christie's Abendauktionen in London: Keine Lust auf ewige Werte

Ansturm auf die abstrakte Malerei in London: Spekulanten und junge Sammler befeuern den Hype um das Neue.
21.10.2021 - 15:51 Uhr Kommentieren
Um das
Jadé Fadojutimi

Um das "Myths of Pleasure" betitelte Ölgemälde wurde bei Phillips hart gerungen. Am Ende erzielte es 1,17 Millionen Pfund. Geschätzt war es auf 80.000 bis 120.000 Pfund (Ausschnitt aus einem viereckigen Bildformat).

(Foto: Phillips London)

London Es erscheint schizophren. Wenige Tage nachdem auf der Londoner Kunstmesse Frieze zeitgenössische Kunst zu entdecken war, aber etablierte gekauft wurde, sind in den internationalen Abendauktionen die Telefone heiß gelaufen, um Gebote für die ganz Jungen entgegenzunehmen. Sotheby’s, das gerade mit einer „The Now“ betitelten Abendauktion für New York ein neues Format angekündigt hatte, brachte die aktuelle Kunst auch in London ins Spiel und erzielte acht neue Weltrekorde.

Die 28-jährige Britin Jadé Fadojutimi wurde zum Star der Woche. Der Weltrekord für ihre Arbeiten wurde gleich dreimal aufgestellt – und zweimal gebrochen. In der Abendauktion verkaufte Sotheby’s eine Arbeit von 2017 für 826.000 Pfund bei einer Schätzung von 180.000 bis 250.000 Pfund. In der darauffolgenden Tagesauktion erzielte ein Gemälde eine Million Pfund und verzehnfachte die mittlere Taxe, die bei 80.000 bis 120.000 Pfund lag. Über 40 Gebote wurden in dieser Bietschlacht abgegeben.

In der Abendauktion bei Phillips wurde dieser Rekord wiederum gebrochen. Diesmal lag das Ergebnis bei 1,2 Millionen Pfund. Die 2017 am Royal College in London graduierte Fadojutimi war mit 27 die jüngste Künstlerin, die von der Tate angekauft wurde.

Fadojutimis abstrakte, großformatige Arbeiten zeigen eine Rückkehr zur gestischen Malerei, die Sammler auf der ganzen Welt attraktiv finden. Der Misere unserer Zeit will man wohltuende, aber auch ‚einfache‘ , vor allem abstrakte Formen entgegensetzen. Insgesamt spielte die Auktion 66 Millionen Pfund ein. 86 Prozent der 44 Lose wurden verkauft.

Die Vorreiterrolle, neue junge Künstler geschickt im Auktionsmarkt zu platzieren, kommt sicherlich Phillips zu. Olivia Thornton von Phillips betont, wie aktiv die Spezialisten in London und New York Ausstellungen verfolgen, um am Puls der Zeit zu sein und die richtigen Arbeiten zum richtigen Zeitpunkt in den Sekundärmarkt zu bringen.

Gerhard Richters Ölgemälde
Ein klassisches Top-Los aus der Sotheby's-Offerte

Gerhard Richters Ölgemälde "S.D." (1985) war eines der drei marktfrischen Werke aus der Sammlung Lauffs, das sich innerhalb der Taxe verkaufte. Die Show stahlen ihm Vertreter einer frechen, sehr jungen Malerei.

(Foto: Getty Images for Sotheby's)

In der Abendauktion setzte das Haus gleich sieben Weltrekorde für Arbeiten von Serge Attukwei Clottey, Jadé Fadojutimi, Tunji Adeniyi-Jones, Issy Wood, Sanya Kantarovsky, Shara Hughes und dem wiederentdeckten André Butzer.

Nicht nur, dass man bei einigen nachschauen muss, wer sie eigentlich sind. Wichtig ist, wie sich diese Trends global durchsetzen. Onlinegebote insbesondere aus Asien werden vor allem bei Phillips neben den Telefongeboten registriert. Bieter treiben dabei Schätzungen oftmals auf das Zehnfache hoch. Dieser Hype bringt Phillips 93 Prozent verkaufter Lose und 25,2 Millionen Pfund.

Wie Cheyenne Westphal von Phillips präzisiert: „38 Prozent der Käufer in der Abendauktion wohnen in Asien. Obwohl die Asiaten zum Großteil nicht reisen können, machen sie Gebrauch von Beratern vor Ort in London oder arbeiten eng mit den Vertretern in den lokalen asiatischen Büros zusammen.“

Neben dem Ansturm auf die neue Malerei kommt dem Beobachter das Interesse an der klassischen zeitgenössischen Kunst etwas dünn vor. Das spürte vor allem Christie’s in der Abendauktion, die im Vergleich zu Sotheby’s und Phillips auf sichere Werte setzte, aber etwas energielos wirkte. Das Haus setzte auf italienische Kunst. Ihr wurde bei keinem der Häuser eine eigene Auktion mehr gewidmet. Daneben sorgten Hurvin Anderson, Cecily Brown und Jean-Michel Basquiat für Millionenerträge.

Investor setzt auf NFTs

Wenig Interesse erregte die einzige als NFT registrierte Arbeit. Drei mutierte Affen wurden als NFTs in einem Los bei einer Schätzung von 800.000 bis 1,2 Millionen Pfund angeboten. Für knapp eine Million Pfund wurden die digitalen Codes an den einzigen Bieter im Saal verkauft.

Der Käufer entspricht dem Trend: Er wurde von der Journalistin Melanie Gerlis auf Twitter als Kosta Kantchev, Mitbegründer der Kryptobank Nexo Finance, identifiziert. Der in London lebende, aus Bulgarien stammende, 36 Jahre alte Investor entspricht dem neuen aktiven Sammlerprofil der unter 40-Jährigen.

Behaupten kann sich deutsche Kunst aber auch weiterhin. Bei Sotheby’s kamen drei abstrakte Gemälde von Gerhard Richter zum Aufruf, alle von 1985 und marktfrisch aus der Sammlung Lauffs aus Krefeld. Die Arbeiten verkauften sich im Rahmen der Schätzung von 23,5 Millionen Pfund.

Bastienne Leuthe von Sotheby‘s ist zufrieden. „Richters Arbeiten von 1980 bis 1985 werden im Markt noch weniger nachgefragt, weil ihre starke Farbigkeit sehr den Zeitgeist der 1980er-Jahre widerspiegelt. Aber dieses Œuvre ist recht klein, und die Preise werden hier sicherlich noch weiter anziehen. Die Sammlung Lauffs ist sehr bekannt, und daher sind wir mit dem Ergebnis nach den recht starken Schätzungen sehr zufrieden.“ Auf die Auktion insgesamt bezogen betont sie, dass nicht nur deutsche Kunst auf den Markt kommt, sondern Deutsche auch wieder Kauflaune haben.

Furore bei den Auktionen machte wieder einmal Banksy, dessen 2018 neu konzipierte Arbeit „Love is in the Bin“, nachdem sie live in der Auktion geschreddert worden war, wieder bei Sotheby’s auf den Markt kam. Die Arbeit, die vor Kurzem noch in der Staatsgalerie in Stuttgart als Leihgabe hing, wurde stark diskutiert.

Würde es Sotheby’s wieder einmal schaffen, einen neuen Weltrekord für einen Banksy zu erzielen? Dass dies noch immer als Frage gestellt wird, zeigt, dass Banksy zwar immer für Furore gut ist, aber die Qualität der Arbeiten weiter umstritten ist.

Dass die Qualitätsfrage im heutigen Markt keine Rolle spielt, zeigten dann allerdings die zehn Bieter, die von Banksy nicht genug bekommen und diese Ikone so heftig umkämpften, dass sie nach mehr als zehn Minuten 18,6 Millionen Pfund mit Aufgeld einspielte. Die vorsichtige Schätzung lag bei vier bis sechs Millionen Pfund. Der glückliche Gewinner war laut Aussage von Sotheby’s ein asiatischer Käufer.

Auch hier ging es also wieder um das Spektakel und den Namen. Der Hype um das Neue, sei es „Street Art“ oder ganz junge Kunst, wird von Spekulanten und jungen Sammlern vor allem aus Asien getragen. Für sie sind die Mechanismen der Kunstwelt, langfristige Werte zu schaffen, nicht von Interesse. Sie wollen das „Now“, aber das bitte auf Leinwand und mit lieblicher Motivik – oder gleich ganz digital.

Mehr: Kunstmessen Frieze und Frieze Masters: London meldet sich als Drehscheibe des Kunsthandels zurück

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