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Verstorbener Wiener Künstler Franz West Dauerstreit um ein Lebenswerk

Seit dem Tod von Franz West tobt ein Streit um Werknutzungsrechte, Tantiemen und 270 Kunstwerke. Die Akteure: eine Stiftung, ein Verein und die Familie. Trotz zahlreicher Gerichtsurteile scheint kein Ende in Sicht.
15.07.2017 - 13:17 Uhr Kommentieren
Seine Erben wollen mehr, als ihnen der 2012 verstorbene Künstler zugebilligt hat. Quelle: Peter Rigaud/laif
Franz West

Seine Erben wollen mehr, als ihnen der 2012 verstorbene Künstler zugebilligt hat.

(Foto: Peter Rigaud/laif)

Wien Am 20. Juli 2012 setzte Franz West am Krankenbett eine Unterschrift unter jenes Dokument, das die „Franz West Privatstiftung“ begründete. Dem 1947 in Wien geborenen Künstler war die Zukunft seines Lebenswerks ein Anliegen, und er überantwortete diese Aufgabe an langjährige Mitarbeiter und Weggefährten, die er in den Stiftungsvorstand berief.

Fünf Tage später verstarb der erst 65-Jährige, und damit begannen die Streitereien um sein Erbe, die über den fünften Todestag am 25. Juli hinaus die Gerichte beschäftigen. Die Situation ist komplex, und unterschiedliche Interessen machen sie nicht einfacher. Es geht um etwa 270 Kunstwerke (gedacht für den Leihverkehr) mit einem kolportierten Wert von 50 Millionen Euro, um Werknutzungsrechte und die Produktion von Möbeln.

Die Geschichte zu diesem Disput begann lange vor seinem Tod, auf privater und auf beruflicher Ebene. Zu den Akteuren gehört etwa das seit 1999 als gemeinnütziger Verein geführte „Archiv Franz West“, dem derzeit Edelbert Koeb (2001—2010 Mumok-Direktor) als Präsident vorsteht. Wests Zusammenarbeit mit dem Archiv verlief nicht immer reibungslos. Wenn es um die Authentifizierung früher Arbeiten ging, soll es etwa immer wieder Unstimmigkeiten gegeben haben. Mit der Gründung der Stiftung wähnte West wohl auch dieses Problem als gelöst. Tatsächlich sollte es neue schaffen. Aber der Reihe nach. Denn auch in seinem Privatleben war nicht alles eitle Wonne.

Im Sommer 2011, nachdem er in Venedig mit dem Goldenen Löwen für sein Lebenswerk ausgezeichnet worden war, reichte er die Scheidung von seiner Ehefrau Tamuna Sirbiladze ein. Dazu sollte es jedoch nicht kommen. Aus der Ehe mit der um 24 Jahre jüngeren georgisch-österreichischen Künstlerin waren 2008 ein Sohn und 2009 eine Tochter hervorgegangen, die West als seine Kinder anerkannte. Tatsächlich stammen die Kinder aus Tamunas Verhältnis mit einem Freund von Franz West: Benedikt Ledebur, ein aus München gebürtiger Schriftsteller.

Die Möbelobjekte stehen bei Sammlern hoch im Kurs. Quelle: Archiv Franz West
Franz West „Onkelstühle“

Die Möbelobjekte stehen bei Sammlern hoch im Kurs.

(Foto: Archiv Franz West)

Im März 2016 erlag Sirbiladze einer Krebserkrankung. Zwischenzeitlich adoptierte Ledebur seine Kinder, fungiert als deren Nachlassverwalter und kämpft vor Gericht: sowohl gegen die Stiftung als auch gegen den Verein. Dass West da wie dort seine Familie als Begünstigte einsetzte, sei erwähnt. Äußern will sich Ledebur dazu nicht. Er verweist auf seinen Anwalt Christoph Kerres (Kanzlei Kerres & Partner). Auch Kerres winkt auf Anfrage ab. Mit der gegnerischen Partei, der Stiftung, sei jetzt Stillschweigen vereinbart worden. Hintergrund ist ein aktuelles Urteil des Landgerichts für Zivilrechtssachen in Wien (LG ZRS). Demnach müsse die Stiftung die ihr von West übertragenen 270 Kunstwerke an die Erben retournieren.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Stiftung kann Rechtsmittel einlegen. Das LG orientierte sich bei seiner Entscheidung an jener, die der Oberste Gerichtshof (OGH) bereits 2016 im Match um West’sche Verwertungsrechte zugunsten des Vereins traf: Demnach sei die Vermögensübertragung an die Stiftung unwirksam, da es einer schriftlichen Annahmebestätigung bedurft hätte.

Seitens der Erben gestreute Zweifel an Wests damaligem Geisteszustand spielen in der Angelegenheit nur eine Nebenrolle: ob „seine Geschäftsfähigkeit damals noch uneingeschränkt gegeben war“, stellt Kerres aktuell auf der Internetseite der Kanzlei infrage. Dies scheint aber nur für die Stiftungsgründung von Belang, nicht aber für die am gleichen Tag Tamuna Sirbiladze bzw. den Kindern überschriebenen Eigentumswohnungen.

Erträge aus posthumen Werken

Noch vor ihrem Tod hatte Wests Witwe den Antrag auf Abberufung des Vorstands der Privatstiftung gestellt, dem das Oberlandesgericht Wien im Juni 2016 folgte. Denn der Stiftungsvorstand hatte sich, ohne die dafür notwendige Bewilligung des Gerichts einzuholen, zu Geschäftsführern einer Tochtergesellschaft berufen. In diese flossen seit 2014 Erträge aus der posthumen Herstellung von acht Möbelobjekten. Diese in einer „offenen Edition“ und damit auf Nachfrage produzierten Möbel wurden etwa über die Galerie Gagosian (New York) und Eva Presenhuber (Zürich) verkauft. Begünstigte waren auch die Erben.

Den nunmehr geklärten Disput um die Werknutzung hatte West selbst heraufbeschworen, da er die Rechte zu Lebzeiten zweifach übertrug: zuerst dem Verein und erst wirksam mit seinem Tod und später an die Stiftung ohne solch aufschiebende Bedingung. Nach Wests Tod gab es theoretisch keine Rechte mehr, die auf den Verein hätten übergehen können. Der OGH sah das anders.

Zwischendurch kündigten die Erben, obwohl Nutznießer, den vom Künstler mit dem „Archiv Franz West“ einst geschlossenen Lizenzvertrag. Wegen „Untätigkeit“, begründet Kerres. Konkret geht es dabei um die Möbelproduktion. Stattdessen wollte man zuerst die Rechtesituation geklärt wissen, betont Peter Polak (Fiebinger Polak & Partner) als Rechtsanwalt des Vereins. Denn dass Möbel aus zwei Quellen in den Markt gelangen, sei nicht im Interesse Wests gewesen. Ferner gehe es laut Polak um Tantiemen für die Erben, die ihnen nun als nicht marktkonform erscheinen. Dass diese von West festgelegten Vertragskonditionen den Erben zu wenig sind, sei allerdings kein Kündigungsgrund. Dazu bestätigen zwei Gutachten die Marktkonformität.

Gleich am ersten Verhandlungstag schloss die LG-Richterin die Verhandlung ohne weitere Beweisaufnahme, das Urteil ergehe schriftlich. Es dürfte demnächst eintrudeln. Indes haben das „Archiv Franz West“ und die Stiftung (mit neuem Vorstand) zueinander gefunden und streben eine Kooperation an, die im Sinne der Erhaltung, Betreuung und Verbreitung des künstlerischen Lebenswerks steht. Ein Ziel, das jedenfalls dem Willen des Künstlers entspricht, der diese Verantwortung explizit Profis und nicht seiner Familie überlassen wollte.

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