Wilhelm Lehmbruck Ein Leben aus nackten Fakten

Cover der großen Lehmbruck-Biographie von Hans-Dieter Mück, erschienen in der Weimarer Verlagsgesellschaft in der Fourier Verlag GmbH
Bonn Wilhelm Lehmbruck (1881-1919), einem der ganz großen Bildhauer des 20. Jahrhunderts, wurde erst jüngst eine große Ehre zuteil. Es erschien die erste umfassende, von nackten Fakten abgeleitete Biographie. Das verwundert einigermaßen, ist der Künstler doch schon 96 Jahre tot und sein Nachlass seit 1925 in berufenen Händen: dem nach ihm benannten Lehmbruck Museum in Duisburg bzw. seinem Vorgänger.
Autor des 711 Seiten starken Bandes ist Hans-Dieter Mück, Kunsthistoriker, Literaturhistoriker und passionierter Quellenforscher. Gut drei Jahre intensiver Suche und Auswertung gingen der Veröffentlichung voraus, 570 Dokumente und über 1.000 Fotos wurden zusammengetragen. Das Ergebnis ist allerdings keine Unterhaltungslektüre, eher ein chronologisch aufgebautes Handbuch zum Studieren und Nachschlagen.

Seite 502 der Lehmbruck-Biographie, unten drei Ansichten des Hartgipskopfes "Elisabeth Bergner" aus dem Jahr 1917. Quelle: Weimarer Verlagsgesellschaft in der Fourier Verlag GmbH
Panorama der Ängste
Mück ging dabei rigoros vor, wohl wissend, dass dies auf Kosten des Leseflusses gehen würde. Sämtliche Quellen werden wörtlich zitiert, kommentiert und nachgewiesen anstatt sie in den Anhang zu verweisen oder in eine separate CD auszulagern wie es die Van Gogh-Biographen Steven Naitheh & Gregory White Smith taten. Auf diese Weise entsteht das einzigartige Panorama einer Epoche, „das die Erfolge, aber auch die Ängste und Niederlagen Lehmbrucks in sich trägt“, würdigt Herausgeber Gottlieb Leinz das einige Kilogramm schwere Werk des Quellenforschers.
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Systematisch werden in Wort und Bild alle Ausstellungen und ersten Ankäufe Lehmbrucks seit seiner Düsseldorfer Lehrzeit dokumentiert. Dabei versucht Mück, jedes ausgestellte Werk zu identifizieren und wertet auch die darauf Bezug nehmenden Kritiken aus. „Dies gelingt sogar für die legendäre Ausstellung in der Mannheimer Kunsthalle von 1916“, hebt Leinz hervor. In ihrem Mittelpunkt stand die Sammlung des Mannheimer Fabrikanten und Sammlers Sally Falk, der Lehmbruck nicht nur durch Ankäufe und regelmäßige Geldzuwendungen unterstützte, sondern auch dafür sorgte – wie Mück nachweisen kann – dass der Künstler vom Sanitäterdienst befreit wurde, so dass er in die Schweiz flüchten konnte.
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