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Zeitgenössische Kunst Auf der Suche nach Afrikas Sammlern

Immer mehr Spezialmessen und Auktionen bieten zeitgenössische afrikanische Kunst an – zu noch sehr überschaubaren Preisen. Die Fondation Louis Vuitton folgt dem Trend mit einer fulminanten Überblicksausstellung.
03.06.2017 - 15:22 Uhr Kommentieren
Solche Papierarbeiten erzielen auf Auktionen mittlere sechsstellige Beträge. Quelle: Piasa
William Kentridge „Blauer Frauenkopf“

Solche Papierarbeiten erzielen auf Auktionen mittlere sechsstellige Beträge.

(Foto: Piasa)

Paris Solange die reichen afrikanischen Geschäftsleute kaum zeitgenössische afrikanische Kunst kaufen, bleibt sie marginal.“ Davon ist Jean Pigozzi, Top-Sammler für zeitgenössische Kunst aus Schwarzafrika, überzeugt. Der unkonventionelle Erbe der Automarke Simca begeistert sich für afrikanische Künstler, seit er 1989 in Paris die Schau „Die Magier der Erde“ sah. Er beauftragte den Kurator André Magnin, die heute auf 10.000 Objekte angewachsene „Collection Jean Pigozzi“ aufzubauen. Parallel dazu bestückte der Sammler unter anderem die Pariser Fondation Cartier jahrelang mit Leihgaben für beeindruckende Ausstellungen.

Jetzt profiliert sich die Pariser Fondation Louis Vuitton mit einer Überblicksschau künstlerischer Arbeiten des afrikanischen Kontinents. Sie beginnt mit einer Präsentation von 15 Künstlern aus der Sammlung Pigozzi mit dem kolonialistisch klingenden Titel „Die Initiierten“. Eine gekonnte Szenografie verwandelt den Keller des spektakulären Museumsbaus in ein unterirdisches Kunstparadies. Noch ästhetischer, farblich abgestimmter, besser ausgeleuchtet, perfekter im Raum inszeniert ist kaum denkbar.

Die Hommage an Pigozzis Sammlung steht jedoch im krassen Widerspruch zu den Lebens- und Arbeitsbedingungen der meisten Künstler. Obwohl Pigozzi und sein Kurator Magnin vielen Begabten substanzielle finanzielle und materielle Hilfe garantierten, konzentrieren sie sich ausschließlich auf in Schwarzafrika lebende Künstler. Deren farbenfreudige, aber bissige bis karikierende Sozialkritik ist ein ironischer Kontrapunkt zum eleganten Umfeld der Stiftung.

Den Abfall zurückgeschickt

Für den Einstieg fährt die Direktorin der Stiftung, Suzanne Pagé, 30 „Kanister-Masken“ von Romuald Hazoumé auf. Ihre Form ähnelt afrikanischen Ritualmasken, Hazoumé fertigt sie aber aus Benzinkanistern und nicht entsorgbaren Materialien. Selbstbewusst kommentiert der in Benin Geborene: „Ich schicke dem Westen das zurück, was ihm gehört, das heißt, die Abfälle der Konsumgesellschaft, die uns jeden Tag überschwemmen.“

Chéri Sambas sozialkritische Bilderzählung „L'espoir fait vivre n° 2“ von 1997 ist Teil der Pigozzi Collection und zurzeit in der Fondation Louis Vuitton zu besichtigen. Quelle: Chéri Samba; Courtesy CAAC - The Pigozzi Collection
Mit Humor am Werk

Chéri Sambas sozialkritische Bilderzählung „L'espoir fait vivre n° 2“ von 1997 ist Teil der Pigozzi Collection und zurzeit in der Fondation Louis Vuitton zu besichtigen.

(Foto: Chéri Samba; Courtesy CAAC - The Pigozzi Collection)

Auf dem Auktionsmarkt erzielen Masken von Hazoumés niedrige fünfstellige Preise. Ein Exemplar wurde beim Pariser Auktionshaus Piasa am 17. November 2016 mit 19.000 Euro bewertet. Bei der Londoner October Gallery kosten die Wandskulpturen um 15.000 Euro. Die Pariser Galeristin Dominique Fiat weist darauf hin, dass die Auktionspreise auf dem Afrika-Sektor oft über den Galeriepreisen liegen.

Ein anderes Phänomen ist der humorvoll sozialkritische, die Korruption denunzierende Maler Chéri Samba. Er verkündet, dass „der Künstler die Welt verändert“. Wie einst Lucas Cranach malt Chéri Samba das gleiche Sujet mit geringen Änderungen in verschiedenen Formaten. Sein 2003 gemaltes Bild „J’aime la couleur“ (Ich liebe Farbe) existiert sowohl in der Collection Pigozzi als auch in der Sammlung der Fondation Louis Vuitton. Eine weitere Variante schlug das Auktionshaus Piasa in seiner ersten zeitgenössischen Afrika-Kunst-Auktion im Oktober 2014 für 77.420 Euro zu. Sotheby’s höchster Preis für Chéri Samba waren 52.500 Pfund, erzielt am 16.5.2017 in London in der Afrika-Kunst-Auktion.

Optisch verführerisch sind die Fotoarbeiten von Seydou Keïta (1921–2001), die für die Vuitton-Schau auf das Format 180 x 120 Zentimeter vergrößert wurden.

Abu Bakarr Mansaray erschafft eine Bildwelt voller Schrecken. Zu sehen ist sein 2004 entstandenes Gemälde „Allien Resurrection“ aus der Sammlung Pigozzi. Quelle: Abu Bakarr Mansaray;  Courtesy CAAC - The Pigozzi Collection
Todbringendes Monster

Abu Bakarr Mansaray erschafft eine Bildwelt voller Schrecken. Zu sehen ist sein 2004 entstandenes Gemälde „Allien Resurrection“ aus der Sammlung Pigozzi.

(Foto: Abu Bakarr Mansaray; Courtesy CAAC - The Pigozzi Collection)

Neben den bereits – dank Pigozzi und Magnin – anerkannten Kunstschaffenden aus Schwarzafrika gibt Stiftungs–Direktorin Suzanne Pagé Einblicke in die zeitgenössische Szene Südafrikas. Diese thematisiert Rassismus, Homophobie und Fremdenfeindlichkeit. Bemerkenswert sind eine Fotoserie zur Gender-Problematik von Zanele Muholi (Jahrgang 1972) und ein packendes Video von Sue Williamson. Darin sprechen eine Frau und ein Mann über die Ermordung ihrer Väter, und wie sie mit diesem Trauma leben.

Verunsichernd sind die 27 aufmarschierenden Menschen mit Hundeköpfen („Infantry With Beast“); eine Skulpturengruppe von Jane Alexander, die neben den extrem aggressiven Hundezeichnungen und Videos von David Koldane präsentiert ist. Diese Arbeiten charakterisieren symbolisch und klagen das nach wie vor herrschende, angstbesetzte soziale Klima in Südafrika an.

Fast harmlos wirken dagegen die Fotoarbeiten von David Goldblatt, die sich in der afrikanischen Stiftungs-Sammlung Louis Vuitton befinden. Erfreut entdeckt man die Handschrift von Omar Victor Diop, der für seine perfekt inszenierten Porträts bekannt ist. Piasa hatte im Oktober 2014 Exemplare für bis zu 7.660 Euro versteigert.

Die größte, bei Louis Vuitton gezeigte Arbeit ist der Film des Südafrikaners William Kentridge, der 2015 in Peking die „Model Opera“ drehte. Dort ließ er schwarze Spitzentänzerinnen rote Fahnen oder Gewehre zu chinesischer Musik schwingen. Kentrigdes Marktwert trumpfte am 20. April 2017 bei Piasa mit 405.800 Euro für die Papierarbeit „Blauer Frauenkopf“. Eine Stahlskulptur von Kentridge fuhr diese Woche bei Sotheby’s in London 125.000 Pfund ein.

Ausstellungen wie „Afriques Capitales“ in der Pariser Halle Villette und in Lille, Schauen wie „Africa Remix“ in Düsseldorf und Paris (2005), Messen wie „1:54“ (London, New York, Marrakesch), „AKAA“ (Paris) setzen Künstler des afrikanischen Kontinents am Kunstmarkt durch. Langsam, aber nicht sicher. Die Auktionen von Piasa in Paris oder Bonham’s und Sotheby’s in London zeigen, dass es keine Preisexplosion gibt. El Anatsui bleibt einsamer Spitzenreiter mit seinen Wandteppichen aus Flaschenkapseln: Auf der letzten „Art Paris Art Fair“ Ende März erwartete die October Gallery 1,2 Millionen Dollar. Sotheby’s erzielte diese Woche 728.750 Pfund für eine silbrige Wandtapisserie.

Der Sammler Jean Pigozzi konstatierte es bereits: Wie auch die 31 Prozent Rückgänge der – sehr unterschiedlich bestückten – Sotheby’s Auktion vom 16. Mai beweisen, fehlt der zeitgenössischen afrikanischen Kunst noch die finanzstarke lokale Einbindung.

Afrika in Ausstellungen und Handel

Art Afrique/Le nouvel atélier (Les initiés/Être là/Collection de la Fondation), Fondation Louis Vuitton, Paris, bis 28.8.2017
Afriques Capitales, La Villette, Paris, bis 21.5.2017 und Gare Saint-Sauveur, Lille, bis 3.9.2017
Galerie Dominique Fiat, Paris
October Gallery, London
AKAA (Also Known As Africa) Foire d’art contemporain et de design, Paris.
1:54 Contemporary African Art Fair London, New York, Marrakesch

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