Die in Frankreich für die Sicherheit von Gesundheitsprodukten zuständige Behörde Afssaps erhält anonym einen Hinweis darauf, dass die Firma Poly Implant Prothèse (PIP) bei der Herstellung ihrer weltweit verkauften Brustimplantate aus Silikongel illegale Methoden verwenden könnte. Erste Nachforschungen bestätigen den Verdacht zunächst aber nicht.
Nach einer weiteren Kontrolle lässt die Afssaps die von PIP hergestellten Brustimplantate vom Markt nehmen. Als Grund nennt sie die vergleichsweise hohe Reißanfälligkeit der Produkte. Es sei zudem festgestellt worden, dass Implantate nicht mit dem Gel gefüllt waren, das die Firma in den Herstellungsunterlagen angegeben hatte. PIP muss Konkurs anmelden.
Die französische Justiz beginnt erste Ermittlungen wegen des Verdachts des schweren Betrugs und Gesundheitsgefährdung. Die ersten Zivilklagen gehen ein.
Ein Opferverband reicht eine Zivilklage gegen den TÜV Rheinland ein, der die PIP-Implantate zertifiziert hat.
Die französische Justiz leitet Vorermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung und Tötung ein. Hintergrund ist die Anzeige einer Mutter, deren Tochter PIP-Implantate trug und an Krebs starb. Zwei Wochen später, am 23. Dezember, empfehlen die französischen Behörden in einer beispiellosen Aktion 30.000 französischen Frauen eine vorsorgliche Entfernung ihrer PIP-Brustimplantate – andere Länder wie Venezuela folgen. Kurz vor Neujahr wird bekannt, dass mindestens 20 Frauen mit Billig-Silikonbusen an Krebs erkrankt sind. Die Afssaps betont allerdings, dass kein Zusammenhang zwischen Tumorentstehung und Implantaten bewiesen sei.
Der PIP-Gründer wird in Marseille wegen Betrugs und Verbrauchertäuschung zu vier Jahren Haft und einer Geldstrafe von 75.000 Euro verurteilt. Ein Berufungsgericht bestätigt im Mai 2016 die Haftstrafe.
Der Bundesgerichtshof legt dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg Fragen zur Auslegung europäischer Vorgaben bei der Kontrolle von Medizinprodukten vor, zu denen auch Silikonimplantate gehören. Hintergrund ist die Schmerzensgeldklage einer Frau aus der Vorderpfalz. Sie wirft dem TÜV Rheinland vor, das Unternehmen PIP nicht ausreichend überwacht zu haben und verlangt 40.000 Euro Schmerzensgeld.
Ein Berufungsgericht in Aix-en-Provence bescheinigt dem TÜV Rheinland, seine Verpflichtungen bei der Zertifizierung der PIP-Produkte erfüllt zu haben. Es hebt damit ein Urteil eines Gerichts in Toulon vom November 2013 auf, demzufolge die Prüforganisation seine Pflicht zur Kontrolle verletzt hatte und Importeure sowie Opfer entschädigen sollte.
Das Handelsgericht in Toulon verurteilt den TÜV Rheinland erneut zu Schadenersatz in Höhe von insgesamt etwa 60 Millionen Euro, die es rund 20.000 Klägerinnen zuspricht.
Der Europäische Gerichtshof urteilt, dass Stellen wie der TÜV nicht grundsätzlich verpflichtet sind, Medizinprodukte wie Implantate selbst zu prüfen oder unangekündigte Kontrollen bei den Herstellern durchzuführen. Damit können Frauen kaum noch auf Schmerzensgeld vom TÜV Rheinland hoffen.
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