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Kolumne: Wein und Wahrheit Pimp my Wine – die Tricks im Winzer-Business

Die Chef-Sommelière Stefanie Hehn aus dem Hamburger Fünf-Sterne-Hotel The Fontenay erklärt, wo Zusätze noch legal sind und warum wir uns vor Panscherei kaum fürchten müssen.
29.08.2020 - 11:20 Uhr 1 Kommentar
Im Bereich der Qualitätsweine kann man davon ausgehen, dass es keine unnatürlichen Zusätze gibt. Quelle: dpa
Im Weinkeller

Im Bereich der Qualitätsweine kann man davon ausgehen, dass es keine unnatürlichen Zusätze gibt.

(Foto: dpa)

Wein wird heute alles Mögliche zugesetzt: von Salzen bis zu Holzchips oder Sauerstoff-Schläuchen. Aber was ist noch sinnvoll und wann beginnt die Panscherei? Und in welchen Regionen ist vielleicht am ehesten mit Tricks zu rechnen?

Zunächst muss man sagen: Jeder Winzer, der sich um echte Qualität bemüht, versucht, seinen Weinen so wenig wie möglich hinzuzufügen, aber auch wegzunehmen. Beides ist ja technisch durchaus möglich. Sobald wir uns im Bereich der Qualitätsweine bewegen, können und müssen wir eigentlich davon ausgehen, dass wir es nicht mit unnatürlichen Zusätzen zu tun haben.

Der gute Winzer will seine Weine nicht aromatisieren, sondern er arbeitet daran, dass die Lage seiner Reben selbst für sich spricht. Insofern braucht es da auch keine Holzchips, um dem Wein eine geschmackliche Ahnung von einem Holzfass zu geben, das der Wein nie gesehen hat.

Übrigens gibt es auch für die Holzchips genaue Regeln – etwa was ihre Größe angeht. Und das mit dem Holz-Aroma ist auch gar nicht mehr so gefragt. Einziger Kult sind mittlerweile die allerdings sehr großen Fässer des niederösterreichischen Küfers Stockinger.

Manche Weine brauchen zwar tatsächlich Holz. Ansonsten heißt es eher: Back to the Basics. Die Weine reifen heute vielfach in Tanks oder auch Betoneiern. Ich habe hier im Hotel auch einen Winzer aus dem Priorat im Programm, der seine Weine mal in Holzfässern, mal in Beton lagert. Und wissen Sie was? Mir gefallen seine Weine aus dem Beton besser, weil sie purer sind.

Stefanie Hehn ist Chef-Sommelière im Hamburger Luxushotel The Fontenay. Quelle: The Fontenay
Die Kolumnistin

Stefanie Hehn ist Chef-Sommelière im Hamburger Luxushotel The Fontenay.

(Foto: The Fontenay)

Alle anderen Aromastoffe sind ohnehin nicht erlaubt, auch wenn ich nicht für jeden 200 Jahre alten Wein meine Hand ins Feuer legen würde. Es kann ja durchaus sein, dass irgendeine Oma da in all der Zeit mal dachte: Ach, tun wir doch noch ein paar Nelken rein!

Die meisten Zusätze sind deklarierungspflichtig, da sie auch als Allergene gelten. Was in der Regel vor der Gärung durchaus hinzugefügt werden kann, sind Enzyme oder Hefe. Ebenso wird geschwefelt, um Mikroorganismen fernzuhalten. Aber auch das lehnen etliche Weingüter mittlerweile ab, die voll und ganz auf die natürliche Hefe vertrauen oder den Einsatz von Schwefel stark reduzieren.

Zum Beispiel kann man auch mal die Stängel und Schalen der Trauben in der Maische stehen lassen, um natürliche Antioxidantien freizusetzen. Um den Wein dann zu filtern, braucht es eventuell noch weiterer Stoffe, etwa Eiweiß, oder Hilfen wie eine sogenannte Hausenblase.

Auch da lassen viele Winzer heute den Most sich einfach absetzen. Mir ist die Optik eines Weins eh nicht so wichtig: Je mehr er im Glas später funkelt, umso mehr wurde ihm vorher weggenommen.

Wo nun am meisten getrickst wird, ob da manche Regionen besonders anfällig sind für Panschereien, lässt sich übrigens so pauschal nicht beantworten. Die einzige Regel ist vielleicht: Überall dort, wo es um Masse geht und irgendwer das große Geld machen will, wächst die Wahrscheinlichkeit. Wirklich Gepanschtes kann heute eigentlich kaum noch nach Deutschland kommen, weil das alles sehr genau kontrolliert wird. Das beginnt schon beim Zoll.

Aber das gilt eben nicht nur für den Wein, sondern für Lebensmittel aller Art – vom Gemüse übers Fleisch bis zum Getreide: Alles, was Richtung Industrialisierung geht, kann auch chemisch beeinflusst werden.

Viel gefährlicher als die Zusatzstoffe ist für den Wein da dann wieder ein ganz anderes Phänomen: die Spritzmittel-Industrie. Und da geht es nicht mehr um den Geschmack, sondern um weit mehr: die Gesundheit. Die Gesundheit der Menschen rund um diese Weinberge wie auch derer, die diese Produkte später genießen wollen.

Ohne Industrialisierung geht’s heute natürlich nicht mehr. Und obwohl große Teile der Landwirtschaft echte Hightech-Unternehmen sind, haben wir ja immer noch so romantische Klischeebilder im Kopf von glücklichen Kühen auf saftigen Weiden, während der Bauer mit Grashalm zwischen den Zähnen an der Koppel steht. Und ich verrate Ihnen ein Geheimnis: In der Weinbranche sind viele dieser Romantik-Klischees tatsächlich noch immer Realität. Ich habe etliche wunderschöne Weingüter erlebt. Wahrlich heile Welten … trotz aller Veränderungen um sie herum.

Die Schattenseite ist da dann eine ganz andere: Die Winzer haben einen der anstrengendsten und nervenaufreibendsten Jobs, den man sich vorstellen kann. Das ganze Jahr über müssen sie mit Wind und Wetter klarkommen, von denen man letztlich existenziell abhängig ist. Aber da entschädigt dann in dunklen Momenten wenigstens das Ambiente – und das Produkt.

Mehr: Wein und Wahrheit, Folge 6: Dekantieren – Glaubensfrage oder echte Hilfe?

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1 Kommentar zu "Kolumne: Wein und Wahrheit: Pimp my Wine – die Tricks im Winzer-Business"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Warum diese Überschrift? Warum einen ganzen Berufsstand erst mal dem Verdacht aussetzen als ob viele Winzer nicht ordentlich arbeiten würden? Das wär ja so als wenn einer fragen würde, ob vielleicht viele Sternerestaurants extrem auf Convenience setzen und kaum noch was selbst kochen? Warum den Begriff "Panscherei" verwenden? Ich frage mich wer hat es nötig so reißerisch zu schreiben?
    Ich habe viele kleine und mittelgroße Weingüter kennen gelernt, die noch sehr traditionell arbeiten und mit Ihrem Namen für Spitzenqualität stehen.

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