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Lernen von den BestenSo üben Sie richtig Kritik im Team

Sven Elverfeld ist seit Jahren einer der besten Köche der Republik. Hier verrät er, wie ein Chef im Team die Kreativität über Jahre gleichmäßig hoch und die Stimmung oben halten kann. 08.03.2024 - 17:38 Uhr
Sternekoch Sven Elverfeld: Kreativität will organisiert sein.  Foto: picture alliance / Hauke-Christian Dittrich/dpa

Wolfsburg. Wenn abends bei vollem Restaurant ein Teller erstmal am Pass steht, wäre es zu spät, gravierende Fehler zu korrigieren. Denn am Pass sollen mein Sous-Chef oder ich das fertige Gericht nur noch kontrollieren – und an den Service übergeben. Kleine Korrekturen sind hier noch möglich, große Eingriffe nicht. Sonst gerät alles durcheinander.

Deswegen müssen wir die Qualität zu Beginn sichern. Und das geht am besten durch die individuelle Kompetenz jedes einzelnen Mitarbeiters, die ihren Baustein beisteuern.

Dann lernt man auch, mit dem Druck umzugehen, der durch die Bewertungen der Restaurantführer entsteht. 

Spitzenküche ist deswegen Teamarbeit und das Team ist größer als die acht Köche und zwei Dessert-Köche, die bei uns abends die Gerichte zubereiten. Dazu zählen etwa die Mitarbeiter im Service. Sie tragen die Verantwortung, dass Gäste sich wohl fühlen und die Ideen der Küche transportiert werden.

Mein Team umfasst zusätzlich die Dutzenden Lieferanten, die teils seit Jahren verlässlich das liefern, was die Basis von Spitzenküche ist: hervorragende Produkte. So beliefert uns ein Produzent mit Saibling und Saiblings-Kaviar, ein anderer mit Forellen und deren Rogen – beides Süßwasserfische, beide Produzenten die Besten in ihrem Fach.

Kreativität in der Kulinarik ist nicht, eine gute Idee unter der Dusche oder sonstwo zu haben, die man dann in die Küche bringt und dann die Zutaten besorgt. Kreativität will organisiert sein. Bei uns orientiert sie sich an den Saisons der Zutaten. Ein Kalender an der Wand, der die wichtigsten Produkte der Saison anzeigt, hilft dabei.

Deswegen haben wir auch aufgehört, das Menü nach einer Frist von einigen Wochen oder Monaten vollständig auszutauschen. Wir haben stattdessen fließende Übergänge einzelner Gerichte. Immer dann, wenn ein Basisprodukt so eines Gangs gerade Saison hat, wechseln wir einen solchen Gang ein.

So geht man mit Kritik um

Das ist der Moment, wo im Team jedes Mitglied Ideen ausprobieren können muss. Jeder darf etwas vorschlagen und bekommt auch Zeit, daran zu arbeiten. Zentral ist dabei – und das habe ich aus meiner Zeit vor dem Aqua in Dubai als Küchenchef mit einem sehr internationalen Team gelernt –, jeden Mitarbeiter individuell zu betrachten.

Der Umgang mit Kritik ist in verschiedenen Kulturen anders, dazu kommen persönliche Eigenschaften, die es zu respektieren gilt. Nur dann schaffen Sie ein Team, das wirklich harmoniert.

Kritik darf nie vernichtend sein, und sie erfolgt nie vor dem Team. Dass einer etwas robuster ist, der andere etwas weniger – dem müssen Führungskräfte bei unserer Arbeit Rechnung tragen. Denn die Mitarbeiter sind zentral für den Erfolg.

Deswegen war es mir wichtig, auch in der Pandemie, als wir schließen mussten, engen Kontakt zu den Mitarbeitern zu halten. Das hat uns eine extrem starke Team-Bindung beschert, sodass wir nach der Schließung von einigen Monaten wieder mit dem exakt gleichen Team gestartet sind.

In der Spitzengastronomie ist der Wechsel der Normalfall, nach einigen Jahren ziehen Mitarbeiter weiter, um neue Eindrücke zu bekommen. Ich pflege intensiv mein Netzwerk ehemaliger Mitarbeiter über WhatsApp. Da tauschen wir uns aus, halten Kontakt und helfen auch bei der Vermittlung von Mitarbeitern. Sie sind in aller Welt tätig und ihrerseits heute sehr erfolgreich, ob in Spanien, München oder Hongkong.

Was neue Teammitglieder lernen

Wer bei uns ist, lernt an allen Posten, die es in einer Küche gibt, zu bestehen. Nicht alle neuen Mitarbeiter kommen aus der Drei-Sterne-Gastronomie, nicht alle kennen dort alle üblichen Abläufe.

Durch die Abwechslung bei den Aufgaben und den damit verbundenen neuen Aufgaben bleiben die Mitarbeiter lange bei uns und bei Krankheit oder anderen auch längerfristigen Ausfällen kann jeder für den fehlenden Kollegen einspringen. Mitarbeiter fortbilden, und zum Ausbilden neuer Kompetenzen befähigen, ist wichtig.

Das Team braucht dafür keinen besonderen Mix an Charakteren – für mich ist wichtig, dass die Mitarbeiter brennen für unsere Arbeit. Auf diesem Niveau ist der Beruf eine Berufung.

Das erklärt auch, warum mein Sous-Chef Marvin Böhm mit dem Kollegen Martin Hensel die Zeit bekam zu trainieren, erfolgreich bei der Weltmeisterschaft der Köche, dem Bocuse d’Or, das deutsche Finale zu gewinnen und im März zur Weltmeisterschaft nach Trondheim fährt. Motivierte Mitarbeiter sind nicht fehlerfrei, ich bin es schließlich auch nicht. Aber ich muss eine Umgebung schaffen, in der jeder stets sein Bestes geben kann und will.

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Kochtipp von Sven Elverfeld:

Bei mir im Restaurant gibt es immer einen Gang mit Ei. Und es ist oft der Gang, der am meisten von den Gästen positiv kommentiert wird. Das Ei an sich wird leider immer wieder unterschätzt. Es ist eines der wenigen „Zwei-Komponenten-Lebensmittel“, das sowohl als Ganzes, aber auch in Teilen (Eiweiß/Eigelb) verwendet werden kann und aus dem so ganz unterschiedliche Dinge entstehen. Mein Favorit in Sachen Ei ist und bleibt „Ei mit Frankfurter Grüner Soße“. Das geht eigentlich immer. Und ich finde: Je einfacher, desto besser!

Protokoll: Thorsten Firlus

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