Oscar-Verleihung „Parasite“ schreibt Oscar-Geschichte: Vier Trophäen für südkoreanischen Film
Oscar für Parasite: „Hätten uns nicht vorstellen können, dass das jemals passiert“
Los Angeles Die südkoreanische Gesellschaftssatire „Parasite“ hat die 92. Oscar-Verleihung dominiert und dabei Filmgeschichte geschrieben. Für die Tragikomödie von Bong Joon Ho gab es am Sonntagabend (Ortszeit) in Los Angeles gleich vier Trophäen – für den besten Film, die beste Regie, das beste Originaldrehbuch und den besten internationalen Film.
„Parasite“ gelang damit die ganz große Überraschung: Erstmals hat eine nicht-englischsprachige Produktion in der Königskategorie der Academy Awards triumphiert. Bong und Co-Drehbuchautor Han Jin Won sind die ersten Autoren aus Asien, die die Trophäe für das beste Drehbuch errungen haben.
Bong zeigte sich in seiner Dankesrede überwältigt und würdigte Filmemachergrößen wie Martin Scorsese, Quentin Tarantino und Sam Mendes, die er in der Regie-Kategorie allesamt ausgestochen hatte. „Als ich in der Schule war, studierte ich Martin Scorseses Filme“, sagte der Südkoreaner. „Ich hätte nie gedacht, dass ich gewinnen würde.“ Bong gab sich zudem demütig. Er wünschte, er könne sich eine Texas-Kettensäge nehmen und den Oscar in fünf Teile schneiden, damit alle Nominierten sich ihn teilen könnten.

Der südkoreanische Regisseur ist der Gewinner der Preisverleihung.
Für die Oscars markiert der Trophäenregen für „Parasite“ einen Wendepunkt, zumal internationale Filme bisher in ihre eigene Kategorie verbannt wurden. Kritiker beklagen zudem schon lange, dass die Academy Awards kaum Vielfalt widerspiegeln – die Mehrheit der Akademie-Mitglieder ist weiß und männlich.
Den Oscar für die beste weibliche Hauptrolle bekam in diesem Jahr Renée Zellweger. Sie wurde für ihre Darstellung der Schauspielerin und Sängerin Judy Garland im Film „Judy“ geehrt. Für Zellweger ist es der zweite Oscar. 2004 gewann sie den Oscar für die beste weibliche Nebenrolle für ihre Leistung in „Unterwegs nach Cold Mountain“.

Zellweger wurde für ihre Rolle der Judy Garland in dem gleichnamigen Film „Judy“ als beste Schauspielerin ausgezeichnet.
Joaquin Phoenix ging für seine Rolle in der düsteren Comicverfilmung „Joker“ als bester Hauptdarsteller nach Hause. Für den Schauspieler ist es der erste Oscar.

Phoenix erhielt den Oscar als bester Schauspieler für seine Darstellung des „Jokers“.
Schon zum Auftakt der Oscar-Verleihung im Dolby Theatre gab es einige Premieren. Brad Pitt holte für seine Darbietung im Krimi-Drama „Once Upon a Time in Hollywood“ eine Trophäe für die beste männliche Nebenrolle. In dem Blockbuster von Quentin Tarantino mimt der 56-Jährige das Stuntman-Double eines in die Jahre gekommenen Western-Schauspielers, der von Leonardo DiCaprio verkörpert wird.
Für Pitt ist es der erste Oscar für eine schauspielerische Leistung überhaupt. 2014 teilte er den Triumph des Historiendramas „12 Years a Slave“ in der Königskategorie „Bester Film“, bei dem er unter anderem als Produzent mitwirkte, mit den anderen Beteiligten.
Dass es bei Pitt diesmal mit einer Trophäe in einer Darstellersparte klappen würde, war erwartet worden. Schließlich hatte er für seine Rolle in „Once Upon a Time in Hollywood“ schon bei den Golden Globes und der Preisverleihung der Schauspielergewerkschaft (SAG Awards) abgeräumt.

Pitt bekam den ersten Oscar in seiner Karriere in der Kategorie „Bester Nebendarsteller“. In seiner Dankesrede sprach er auch über das Impeachment-Verfahren.
Seine Dankesrede begann Pitt mit politischen Querverweisen. „Sie sagten mir, ich hätte 45 Sekunden Zeit zum Reden, was 45 Sekunden länger ist, als der Senat diese Woche John Bolton gegeben hat“, sagte er in Anspielung auf das Impeachment-Verfahren gegen Präsident Donald Trump, zu dem der von dessen Republikanern dominierte Senat keine Zeugen zugelassen hatte.
Bolton war Sicherheitsberater im Weißen Haus und belastete Trump in der Ukraine-Affäre jüngst massiv. „Ich denke, dass Quentin vielleicht einen Film darüber macht“, ergänzte Pitt mit Blick auf das gescheiterte Amtsenthebungsverfahren gegen Trump.
Seine Trophäe gebe ihm auch Anlass, über seinen märchenhaften Aufstieg in der Filmindustrie nachzudenken, sagte Pitt. Seine Karriere habe damals mit seinem Umzug von Missouri nach Los Angeles ihren Anfang genommen. „Es war einmal in Hollywood“, sagte Pitt mit Blick auf den Filmtitel. „Wenn das mal nicht wahr ist.“
Der Oscar für die beste weibliche Nebenrolle ging an Laura Dern. Die Trophäe bekam die 53-Jährige für die Darbietung einer beinharten Scheidungsanwältin in der Netflix-Produktion „Marriage Story“. Für Dern ist es der erste Oscar überhaupt. In den Galaabend war sie als Favoritin gegangen, zumal sie schon bei den Golden Globes und den SAG Awards abgeräumt hatte.

Laura Dern (links) wurde als beste Nebendarstellerin ausgezeichnet. Sie brachte ihre Mutter (rechts) mit zur Preisverleihung, die ebenfalls eine bekannte Schauspielerin ist.
Von ihrem ersten Oscar zeigte sich Dern dennoch überwältigt. „Einige sagen, lerne nie deine Helden kennen. Ich sage, wenn man wirklich gesegnet ist, bekommt man sie als Eltern“, sagte Dern in ihrer Dankesrede über ihren Vater und ihre Mutter – ebenfalls bekannte Schauspieler. Den Preis widme sie ihren „schauspielernden Legenden, meinen Helden, Diane Ladd und Bruce Dern“, fügte Dern hinzu. „Ihr habt es drauf. Ich liebe euch.“
„Marriage Story“ zeichnet das bittere Ehe-Aus eines Showbiz-Paares nach, das von Scarlett Johansson und Adam Driver gespielt wird. Die von Dern verkörperte Scheidungsanwältin hilft ihrer Mandantin, ihren Verflossenen im Streit um das Sorgerecht für das gemeinsame Kind vor Gericht geschickt auszumanövrieren.
Sänger Elton John und sein Liedtexter Bernie Taupin erhielten den Oscar für den besten Filmsong: „(I'm Gonna) Love Me Again“ aus dem Biopic „Rocketman“.
Der von Michelle und Barack Obama unterstützte Film „American Factory“ gewann einen Oscar in der Kategorie Dokumentation. Die Netflix-Produktion von Steven Bognar und Julia Reichert erzählt von den Menschen in einer Fabrik im US-Bundesstaat Ohio. Damit ging die einzige deutsche Hoffnung – die Dokumentation „The Cave“ über ein unterirdisches Krankenhaus in Syrien – leer aus.
Die US-Sängerin Billie Eilish sang während der Oscar-Verleihung den Beatles-Klassiker „Yesterday“ für die seit der letzten Gala gestorbenen Größen der Filmbranche. Sie trat gemeinsam mit ihrem Bruder Finneas O'Connell auf. Dazu liefen im Hintergrund unter anderem Erinnerungen an die Hollywood-Legenden Kirk Douglas und Doris Day sowie Basketball-Superstar und Oscar-Gewinner Kobe Bryant. Bei der Gala wird in jedem Jahr mit dem sogenannten „In Memoriam“-Segment der Verstorbenen gedacht.

Die 18-jährige sang bei der Preisverleihung den Song „Yesterday“ von den Beatles.
Vor der Verleihung hatte die 18-Jährige bei Instagram angekündigt, einen Song zu singen, den „ich schon immer geliebt habe“. Im Vorfeld war spekuliert worden, dass Eilish den Song zum neuen James-Bond-Film „Keine Zeit zu sterben“ erstmals der Öffentlichkeit präsentieren werde. Sie wird die jüngste Sängerin sein, die jemals den Titelsong für einen Film der Kult-Reihe singen darf.
Die US-Amerikanerin ist momentan eine der erfolgreichsten Sängerinnen. Bei den Grammy Awards räumte sie zuletzt fünf Auszeichnungen ab, unter anderem für den „Song des Jahres“ und die „Aufnahme des Jahres“.
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