Action und Science-Fiction sind Emmerichs Themen, seit er 1984 zum Abschluss seines Studiums an der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) München „Das Arche Noah Prinzip“ vorlegte - mit einer Million Mark Produktionskosten der teuerste Film in der Geschichte der HFF. Den Durchbruch in Hollywood schaffte der gebürtige Stuttgarter 1992 mit „Universal Soldier“, gefolgt von Blockbustern wie „Stargate“, „Independence Day“ und „Godzilla“. Später kamen weitere Welthits: „The Day after Tomorrow“, „10000 B.C.“ sowie „2012“.
Hollywood-Regisseur Roland Emmerich „Wow, da geht ja echt noch mehr“

„Ich wurde immer wieder nach einer Neuauflage von Independence Day gefragt.“
Berlin, Soho-Haus - für Roland Emmerich nur eine Station zwischen Kanada und Asien. Der 60-Jährige trommelt gerade für die Fortsetzung seines vor 20 Jahren erfolgreichen Action-Spektakels „Independence Day“, mit dem er zu einer Art „Master of Disaster“ Hollywoods wurde. Eigentlich ist der Druck enorm. Eigentlich. Emmerich sitzt völlig entspannt am Fenster und genießt die Berliner Sonne. Das deutsche Wetter wird aber noch eine Rolle spielen bei diesem Gespräch, in dem es vor allem um die Erfolgsrezepte moderner Kino-Blockbuster gehen soll.
Herr Emmerich, Sie wollten nie Fortsetzungen von einem Ihrer Hits drehen. Warum wurden Sie sich ausgerechnet bei „Independence Day“ untreu?
Der Film hatte ein längeres Leben als andere. Er lief auch im Fernsehen noch lange sehr erfolgreich. Deshalb wurde ich immer wieder nach einer Neuauflage gefragt. Dann habe ich "2012" gedreht ...
... noch so einen bombastischen Weltuntergangsfilm ...
... und hatte da erstmals eine digitale Kamera zur Verfügung. Das bedeutete, dass man alle Effekte am Computer generieren lassen konnte. Das war für mich wie eine Befreiung, denn ich merkte plötzlich: Wow, da geht ja echt noch mehr!
Gefallen Ihnen die alten Tricks nicht mehr?
Ich war damals superfrustriert. Einerseits hatte ich bei „Independence Day“ vor 20 Jahren zum ersten Mal ein richtig großes Budget, kam aber nie an jenen Film ran, den ich mir im Kopf vorgestellt hatte.
Was war so schlimm?
Puh, schauen Sie sich mal die Szenen an, wo die riesigen Raumschiffe sich über die Städte schieben. Das sieht grauslich aus. Das kann man heute viel besser machen.
Bislang galten Sie in Hollywood als schwäbischer Pfennigfuchser unter den Regisseuren. Das Budget von „Independence Day 2“ liegt nun angeblich bei 200 Millionen Dollar. Haben Sie Ihre Sparsamkeit abgelegt?
Die Summe stimmt schon deshalb nicht, weil man die in unserem Fall zwar finanzieren musste, am Ende aber 40 Millionen Dollar zurückerhält.
Von wem?
In diesem Fall von Kanada, wo wir viel gedreht haben.
Trotz solcher Subventionen bleibt's ein teurer Spaß. Oder wär's mit einem anderen Regisseur einfach immer 50 Millionen kostspieliger?
Genauso wäre es. Das ist eigentlich bei mir immer so: Meine Filme sind relativ preisgünstig. Und darauf lege ich absoluten Wert. Schon deshalb, um an anderer Stelle dann künstlerisch etwas freiere Hand zu haben.
Was ist bei heutigen Blockbustern der größte Kostenblock?
Die Spezialeffekte.
Man denkt ja eher: Ein paar Computer und Nerds können ja nicht so teuer sein.
Das täuscht, zumal da wirklich viele Hunderte von Fachleuten dran arbeiten. Bei "Independence Day 2" haben wir rund 65 Millionen Dollar nur für die Visual Effects ausgegeben.
Haben Sie Will Smith nicht wieder als Hauptrolle besetzt, weil er im Ensemble mit Abstand sicher der teuerste Schauspieler gewesen wäre?
Nein, ich habe ihm das Drehbuch vor rund vier Jahren geschickt - und den denkbar ungünstigsten Zeitpunkt dafür erwischt. Er drehte gerade mit seinem Sohn "After Earth" und wollte einfach nicht schon wieder einen Science-Fiction-Film machen. Dann mochte ich erst mal die ganze Fortsetzungsidee nicht mehr, bis die Leute um mich herum mich doch überzeugten.
Das Wievielfache seiner Kosten muss ein Film heute einspielen, um erfolgreich zu sein?
Dazu gibt es unterschiedliche Meinungen. Ich würde sagen: Ein Film, der 200 Millionen Dollar kostet, muss das Zweieinhalbfache einspielen, also etwa 500 Millionen.
Mehr nicht?
Darf er natürlich. Denn ab dann geht er ja erst ins Plus. Der erste Teil von "Independence Day" hat ja deshalb so gut funktioniert: Er kostete 70 Millionen und hat dann weit über 800 Millionen eingespielt.
Warum sind solche Gewinnspannen heute kaum noch möglich?
Vor allem, weil angesichts des riesigen Medienangebots die Kino-Zuschauerzahlen immer weiter runtergehen.
In der Kategorie der Popcorn-Movies muss man heute global erfolgreich ein. Wie wichtig ist es bei der Suche nach einem globalen Massengeschmack, heute auch Chinesen zu begeistern?
Sehr wichtig. Chinesen mögen übrigens 3D sehr gern sowie Filme mit viel Zerstörung und Science-Fiction ...
... also Ihre Spezialität.
Generell dürfte das Geschäft mit China bald so stark sein wie das mit unserem Heimatmarkt USA, also etwa ein Drittel der Gesamtumsätze ausmachen. In China hörte ich bei Besuchen auch immer: Wann kommt eine Fortsetzung von „Independence Day“? Am Anfang rätselte ich, ob der dort überhaupt gelaufen ist. Bis ich erfuhr, dass er der am häufigsten raubkopierte Film in der chinesischen Kino-Geschichte war.
Jeder kennt ihn, keiner hat gezahlt.
Und das werden wir mit dem zweiten Teil sicher ändern.

„Ich wollte mir schon eine Wohnung kaufen hier, aber das Wetter ist einfach furchtbar.“
Wie groß ist der Druck auf Sie angesichts der riesigen Summen, um die es bei so einem Film geht? Wer mischt sich alles in die Produktion ein?
Erfreulicherweise habe ich heute vertraglich den "Final Cut"...
... es kann Ihnen also niemand in die künstlerische Arbeit reinpfuschen.
Trotzdem bekommt man unheimlich viele Mails und Anmerkungen und Feedback. Die Marktforschung testet schon während der Dreharbeiten, was funktioniert und was nicht. Das sind ja alles noch Rohschnitte, oft ohne die Visual Effects. Und dennoch haben die Testzuschauer oft schon einen genauen Eindruck davon, wie es aussehen und ob es funktionieren wird.
Bei solchen Riesenprojekten wie "Independence Day 2" weiß man also schon vor dem Start, wie der Film einschlagen wird?
So ist das.
Und ... wie sieht's bei Ihnen aus?
Sehr gut, auch wenn ich Ihnen den erwarteten Umsatz jetzt nicht vorrechnen werde.
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