Kinostarts der Woche Düsterhumoriges Drama mit Oscarchancen
„Witzig, klug und großzügig“ – So begeistert ein entstellter Junge die Zuschauer
Berlin Es war schon der große Gewinner bei den Golden Globes: Gleich vier Auszeichnungen gab es für die Tragikomödie „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“, darunter auch den Globe für den besten Film. Und in wenigen Wochen könnte bei der Oscarverleihung noch die eine oder andere Trophäe folgen. Tatsächlich ist das schwarzhumorige Werk einer der ungewöhnlichsten Filme der vergangenen Monate: Der irische Dramatiker und Regisseur Martin McDonagh („7 Psychos“) erzählt in seinem dritten Langfilm von einer Mutter (Frances McDormand), deren Tochter auf grausamste Weise umgekommen ist, und die sich auf einem Rachefeldzug der besonderen Art befindet. Zu den weiteren Darstellern zählen renommierte Kino-Namen wie Woody Harrelson, Sam Rockwell und Peter Dinklage.
Die Eröffnungssequenz ist eine Augen- und Ohrenweide: Die titelgebenden, hochbetagten „Billboards“, wie sie völlig verwaist, nebelumschlungen und kaum noch entzifferbar im Nichts des Bundesstaates Missouri ihr Dasein fristen. Unterlegt sind die Tableaus mit einer himmlischen, von der Sopranistin Renée Fleming eingesungenen Version von „The Last Rose of Summer“ nach einem Text des irischen Poeten Thomas Moore. Da kann man freilich noch kaum erahnen, welch feurige Rolle den morbiden Werbetafeln in den folgenden knapp zwei Stunden dieses Films zukommen wird.
Protagonistin Mildred Hayes nämlich, die ihre Tochter auf brutale Art verloren hat, mietet die drei Billboards, um so dem Polizeichef des Ortes sein Versagen tagtäglich in großen Lettern vor Augen zu führen: Wie kommt es, fragt sie Polizeichef Chief Willoughby, wie kommt es, dass es bei einem derart schrecklichen Verbrechen (Mildreds Tochter starb während einer Vergewaltigung) noch immer keine Festnahme gibt? Es wird ein Kampf gegen machohafte Männer und ignorante Polizisten werden. Bei allem Verständnis aber für Mildreds Verzweiflung – mit ihrer speziellen Art der Rache bringt sie einen Gutteil der ländlichen Gemeinde gegen sich auf.

Die US-Schauspielerin spielte in dem Drama stark auf.
Man sollte, um diesen Film wirklich goutieren zu können, über eine gewisse Affinität zu sehr düsterem und skurrilem Humor verfügen. Ansonsten dürften sich einige der, durchaus auch mal gewaltfreudigen Szenen als nur schwer verdaulich erweisen. Immer wieder muss man in diesem Film an den Humor der Coen-Brüder denken, vor allem aber an deren „Fargo“ – diesen ebenfalls sehr schwarzhumorigen Winterfilm aus dem Jahr 1996. Damals blieb Frances McDormand mit ihrem epochemachenden Auftritt in Erinnerung und erhielt einst für ihre Leistung in „Fargo“ einen Oscar. Und auch diesmal ist ihre, bei den Golden Globes bereits honorierte Leistung jede Auszeichnung wert.
Auch andere Schauspieler in „Three Billboards“ darf man erwähnen: Sam Rockwell etwa macht als rassistischer Polizist eine fast atemberaubende Entwicklung durch. Peter Dinklage („Game of Thrones“), der hier einen imposanten Schnauzer zur Schau trägt, ist toll, ebenso der junge Lucas Hedges, bekannt aus dem oft gepriesenen 2017er-Drama „Manchester by the Sea“.
„Three Billboards“ ist ein außerordentlich gelungenes Stück Kinounterhaltung, an dem sich viele der in 2018 noch folgenden Filme werden messen müssen: Regisseur Martin McDonagh schenkt uns exquisite, lange nachklingende Bilder; seine Figuren dürfen sich entwickeln; das Drehbuch spielt geschickt mit den Erwartungen der Zuschauer; es gibt hier einen der lakonischsten und traurigsten Selbstmorde der Filmgeschichte und die wunderbar suggestive und sehr melancholische Musik von Carter Burwell tut ein Übriges.
Vor allem wie virtuos nicht nur der Regisseur, sondern auch das Darsteller-Ensemble zwischen den Tonlagen (von tieftraurig bis bitterlustig) hin und her wechselt, kann man kaum genug loben. Es spricht also in der Tat einiges dafür, dass das so wild verrückte wie schwarzhumorige wie schwermütige „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ beim Rennen um die diesjährigen Oscars, die Anfang März vergeben werden, ein paar Wörtchen mitreden wird.
Weitere neue Filme
„Wunder“ - Warmherziges Jugenddrama mit Julia Roberts
August Pullmann hat einen Gendefekt und ist entstellt: Sein Gesicht wirkt wie eine Fratze, nach vielen Operationen haben ihn seine Eltern auch aus Angst vor Hänseleien nie auf eine Schule geschickt, sondern zuhause unterrichtet. Als er in die fünfte Klasse kommt, ändert sich das und der witzige und kluge Junge kommt auf die Beecher Prep School. Dort muss er es schaffen, dass die anderen Kinder den Menschen hinter der Fratze sehen. Die Verfilmung eines Bestseller-Jugendromans mit Julia Roberts, Owen Wilson und Jacob Tremblay („Raum“) in der Hauptrolle ist warmherzig und an der Grenze zum Kitsch, wurde aber in den USA dank guter Kritiken und Mundpropaganda zum Überraschungshit.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.