Matthias Schweighöfer im Interview „Filmemachen ist eine Sucht“

Der Schauspieler dreht derzeit die erste deutsche Amazon-Prime-Serie in Berlin.
Früher war der alte Backsteinbau im Berliner Stadtteil Moabit mal eine Frauen-Psychiatrie, jetzt ist er die ideale Kulisse für die Albträume von Deutschlands aktuell vielleicht beliebtestem Schauspieler: Hier dreht Matthias Schweighöfer gerade einen Sechsteiler für den US-Konzern Amazon, der damit im nächsten Jahr auch den deutschen TV-Markt angreifen will. In den nächsten Tagen werden die Dreharbeiten beendet. Schweighöfer ist dabei nicht nur der Star vor der Kamera. Er führt auch Regie, schrieb das Drehbuch mit und produziert das Projekt. Zeit, mit dem 35-Jährigen mal über Geld zu sprechen.
Herr Schweighöfer, Sie sind mittlerweile nicht nur Schauspieler, sondern auch Regisseur, Synchronsprecher, Gelegenheitssänger sowie Co-Gründer und -Geschäftsführer der Film-Produktionsfirma Pantaleon. Für welchen dieser Jobs würden Sie alle anderen aufgeben?
Für meine Rolle als Vater von zwei Kindern. Okay, Rock’n‘Roll-Star wäre auch noch eine Option, aber da hielten sich meine Erfolge bislang in Grenzen. Irgendwann vielleicht mal.
Vor der Kamera sind Sie gern der verpeilte Beziehungsneurotiker und knuffige Durchs-Leben-Stolperer. Sind Sie in der Realität ein guter Geschäftsmann?
Zum Glück habe ich bei Pantaleon meinen Partner Dan Maag. So bleibt mir ein Großteil der Buchführungs-, Orga- und Verwaltungsfragen erspart. Mir wird erfreulicherweise alles abgenommen, was besonders zahlenlastig ist. Als Geschäftsmann bin ich dann eher für die kreativen Tiefen zuständig und versuche, mit den mir zugeteilten Budgets fürs Filmemachen zurechtzukommen.
Ist Ihr Partner da so streng?
Er passt auf. Und das ist auch wichtig. Ohne Kostendisziplin geht es nicht.
Sie verweisen gern mal auf Ihre Verantwortung für all die Leute, die mittlerweile auch wirtschaftlich auf Sie angewiesen sind. Wie viele sind das denn?
Rund 40 Festangestellte in der Pantaleon-Gruppe. Projektbezogen kommt dann oft noch ein Vielfaches dazu.
Mit und unter Til Schweiger haben Sie als Schauspieler Hits wie „Keinohrhasen“, „Zweiohrküken“ und „Kokowääh“ gedreht. Was haben Sie von ihm gelernt?
Dass man auf bestimmte Sachen nicht warten, sondern immer sein eigenes Ding durchziehen sollte … also zum Beispiel die eigene Firma aufbauen. Meine war anfangs klein und wächst nun allmählich … Dank eines Führungstrios, in dem die Aufgaben doch klar verteilt sind: Marco Beckmann bringt seine unternehmerische Expertise ein. Dan Maag ist der kreative Produzent. Und ich bin ganz klar der Star, den man eben auch und vor allem von seiner Arbeit vor der Kamera kennt.
Das öffnet beim Finanzieren eines Films Türen?
Es schadet jedenfalls nicht.
Pantaleon ist börsennotiert. Insofern sind Sie als das wichtigste Aushängeschild der Firma zugleich deren „Klumpenrisiko“?
Wieso das denn?
Weil das Unternehmen ein Problem hätte, wenn Sie plötzlich keine Lust mehr hätten oder aus anderen Gründen ausfielen…
… was ich sicher nicht tun werde. Filmemachen ist ein viel zu großer Spaß für mich, geradezu eine Sucht. Es ist wie ein wunderbares Hotel, das sich jeden Tag wandelt. Manchmal hat es nur drei Sterne, manchmal Superluxus. Auf jeden Fall verspricht es immer Vollpension.
2010 gaben Sie bei der Komödie „What a man“ nach Schweiger-Vorbild Ihr Debüt als Regisseur und waren zugleich Co-Autor und -Produzent. Welchen Grund hat es, so viele Jobs zu übernehmen – außer dass man mehr Geld kriegt?
Mit Geld hat das am wenigsten zu tun. Es geht um Freiräume und zugleich die Möglichkeit, das Endprodukt weit stärker mitgestalten zu können, als wenn ich nur Schauspieler wäre. Und nur dann kann man sich vielleicht überhaupt die Chance auf das eine Projekt erarbeiten, auf das man sonst womöglich sein ganzes Leben lang vergebens warten muss.

Schweighöfer hat Filmemachen einfach ausprobiert.
Zum Beispiel?
Das Oscar-reife Drehbuch.
Was machte Sie so sicher, dass Sie nicht nur schauspielern, sondern auch Regie führen können?
Nichts. Ich wusste das gar nicht und habe es einfach probiert.
Und wie schafft es der Regisseur Schweighöfer, den Schauspieler Schweighöfer zu steuern?
Das ist Übung. Man lernt, schon während des Spiels ganz objektiv auf sich selbst draufzuschauen. Meistens funktioniert das sogar.
Sind Sie noch Schweigers Schützling oder schon sein Konkurrent?
Wir machen bei Pantaleon ein paar andere Dinge als er und seine Produktionsfirma Barefoot, insofern sehe ich mich wirklich nicht als Rivalen. Das deutsche Filmgeschäft hält uns beide aus.
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