Fünf Bücher geben Antworten: Wie Unternehmen die Implementierung von Künstlicher Intelligenz gelingt

Düsseldorf, Frankfurt. Es war das Jahr der Künstlichen Intelligenz (KI) – jedes Unternehmen hat 2023 KI-Anwendungen ausprobiert und über ihren Einsatz diskutiert. 2024 jedoch muss das Jahr werden, in dem jedes Unternehmen KI implementiert.
Doch dabei stellt sich für Unternehmer und Arbeitnehmer oft eine Fülle von Fragen: Welche Voraussetzungen muss ich schaffen, um das Potenzial von KI voll zu entfalten? Welche Anwendungen sind sinnvoll und wo entlastet uns KI wirklich? Aber auch: Wie müssen Unternehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schulen? Diese fünf Bücher geben Antworten.
1. Die richtige Regulierung
Um den Aufstieg und die Zukunft der Künstlichen Intelligenz zu verstehen, erweist sich „The Coming Wave“ von Mustafa Suleyman (mit Michael Bhaskar) als unverzichtbare Lektüre. Suleyman prägte mit seinem Unternehmen Deepmind maßgeblich die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz.
Nun plädiert er in seinem Buch dafür, sie zu regulieren: „Die unvermeidbare Herausforderung der Technologie ist, dass ihre Erfinder schnell die Kontrolle über den Kurs verlieren, den ihre Erfindungen nehmen.“ Ganzheitlich beschreiben Suleyman und Bhaskar, wie die Evolution von Mensch und Technologie eng miteinander verwoben sind.
Technologische Fortschritte vollziehen sich demnach in Wellen: Frühere Innovationen, wie die Elektrizität und das Internet, verbesserten die menschliche Lebensqualität und ebneten den Weg für neue Errungenschaften. Im Zentrum der nächsten großen Welle steht laut Suleyman die Künstliche Intelligenz.
Suleyman entwirrt das komplexe Geflecht von KI-Innovationen und skizziert anschaulich die aktuellen und zukünftigen Entwicklungsstufen von KI-Modellen. Sein Buch bietet dabei eine Mischung aus hoffnungsvollen Perspektiven und dystopischen Visionen.
Mustafa Suleyman mit Michael Bhaskar: The Coming Wave.
Bodley Head,
London 2023,
352 Seiten,
21,99 Euro.
Das Buch erscheint am 15. Februar in der deutschen Übersetzung von Andreas Wirthensohn bei C.H. Beck.
Das „größte Dilemma des 21. Jahrhunderts“ sei die Regulierung der KI, während die Menschheit gleichzeitig ihre Vorteile genießen will. „The Coming Wave“ bietet sowohl einen verständlichen Einstieg und Überblick in die Debatte um KI und ihre Regulierung als auch eine neue Perspektive auf ihre weitere Entwicklung.
Zugleich ist das Buch ein Appell, die Demokratie zu stärken und internationale Zusammenarbeit zu fördern, um einen „Tsunami“ zu verhindern.
2. Das richtige Maß an Ethik
Sie kann uns inspirieren, aber auch zum Albtraum werden. Fei-Fei Li weiß um die Licht- und Schattenseiten der KI. Die gebürtige Chinesin zählt in Amerika auf diesem Gebiet zu den wissenschaftlichen Ikonen, zu den wenigen Frauen ohnehin.
Sie lehrt Informatik an der Universität Stanford, brachte die KI-Forschung maßgeblich voran und drängt gleichzeitig auf ethische Standards für den Umgang mit der Technologie. Ihrem Buch „The Worlds I See“ gibt die Autorin eine sehr persönliche Note, verwebt sie die wissenschaftliche Entwicklung doch mit der eigenen Biografie.
Fei-Fei Li: The Worlds I See.
Macmillan US,
New York 2023,
336 Seiten,
27,64 Euro
Das dürfte auch technische Laien anziehen. Als 15-Jährige, kaum Englisch sprechend, folgte sie mit ihrer Mutter dem Vater nach New York. Ihr erster Berufswunsch war Physikerin. Aber dann zog es Li zu den Neurowissenschaften, weil sie lernen wollte, wie das Gehirn arbeitet.
Mit diesem Verständnis konnte sie Algorithmen beibringen, Bilder besser zu erkennen – für Maschinen eine große Herausforderung. Li treiben ethische Fragen um. Zu den Kernproblemen zählt ein schiefes Kräfteverhältnis.
Die privaten Tech-Konzerne haben weit größere Kraft bei ihren Investitionen und ehrgeizigere Pläne als Universitäten oder Regierungen. Und das bei einer Weltveränderungsinnovation. Li versucht mit verschiedenen Initiativen gegenzusteuern.
Denn die Technologie in den Händen weniger privater Konzerne gefährde am Ende auch die Demokratie. Dank unterschiedlicher Geschwindigkeit öffnet sich eine Kluft, wie die Autorin erkennt: Technologie entwickelt sich rasend schnell, während Gesellschaft und Politik langsam ticken. Die Diskussion über ethische Regeln und deren Anerkennung hinkt daher der Lebenswirklichkeit hinterher.
3. Die richtige Einbindung
Nimmt man allein den Hype um die generative KI als Maßstab, so erscheint die mittlerweile gängige Bezeichnung für das Phänomen „Industrie 5.0“ fast schon als Untertreibung. Denn die Zahl der denkbaren KI-Anwendungen in Unternehmen ist schier unendlich.
Mails im Minutentakt schreiben oder eine Powerpoint-Präsentation erstellen – das ist erst der Anfang. Angesichts der daraus resultierenden Informationsflut fällt der Einstieg für KI-Neulinge oft schwer. Wer Abhilfe sucht, sollte „Business 5.0“ von Thomas R. Köhler und Julia Finkeissen zur Hand nehmen.
Thomas R. Köhler, Julia Finkeissen: Business 5.0.
Campus Verlag,
Frankfurt 2024,
361 Seiten,
42 Euro
Auch wenn das Buch für KI-Experten wohl eher an der Oberfläche kratzt, mangelt es den beiden Autoren keineswegs an Expertise: Köhler gilt als profilierter Vordenker zum Thema Cybersicherheit und ist sowohl in der Forschung als auch in der Unternehmensberatung tätig, Finkeissen forscht bereits seit einigen Jahren zu digitalen Lösungen im Kunstmarkt und ist Professorin am Center for International Innovation der Hankou University.
Trotz des wissenschaftlichen Hintergrunds der beiden Autoren sind die Inhalte sehr praxisorientiert und bieten den versprochenen „How to“-Charakter. Nach einem Schnelldurchlauf durch die Geschichte der Künstlichen Intelligenz skizzieren die Autoren in übersichtlichen Kapiteln die Einsatzmöglichkeiten von generativer KI in verschiedenen Branchen.

Die wichtigsten Tech-Trends 2024: Das Gespräch zum Jahresende mit Miriam Meckel
Dabei blicken sie nicht nur auf klassische Anwendungsfelder wie Softwareentwicklung und Logistik, sondern geben auch Einblicke in Nischen wie Seelsorge oder Viehzucht. Eine Ode an die generative KI oder eine Verklärung der Möglichkeiten der Technologie ist das Buch aber keineswegs.
Köhler und Finkeissen machen sich immer wieder auf die Suche nach dem tatsächlichen Mehrwert für die jeweilige Branche, gehen auf die Risiken ein und münden nicht selten in der Frage, wann der Einsatz von KI sinnvoll ist – und wann vielleicht auch nicht. Damit eignet sich das Buch hervorragend für jeden Unternehmer, der am Anfang der Integration von KI steht.
4. Die richtige Entscheidungsfindung
Wenn von Künstlicher Intelligenz die Rede ist, denken die meisten Menschen an Sprachmodelle und Chatbots wie ChatGPT. Doch das ist nicht die einzige Form von KI, die unseren Lebens- und vor allem unseren Arbeitsalltag in den kommenden Jahren verändern wird.
In ihrem Buch „Decision Intelligence“ widmen sich Thorsten Heilig, Gründer des KI-Start-ups Paretos, und der Unternehmensberater und Gründer von Fableplus, Ilhan Scheer, der KI-gestützten Entscheidungsfindung. Die sogenannte Decision Intelligence (DI) wird die Art und Weise, wie Entscheidungen in Unternehmen getroffen werden, in den kommenden Jahren vollkommen verändern – davon sind zumindest die beiden Autoren überzeugt.
Thorsten Heilig, Ilhan Scheer: Decision Intelligence.
Übersetzung: Luitgard Köster.
Wiley-VCH,
Hoboken,
New Jersey 2023,
240 Seiten,
29,99 Euro
Heute müssen Unternehmer Entscheidungen im Sekundentakt treffen, ohne über ganzheitliche Informationen zu verfügen. In „Decision Intelligence“ erläutern die beiden Autoren, welche Auswirkungen das auf die Entscheidungsqualität hat und wie KI diese signifikant steigern kann.
DI könne sich als ein strategischer Wettbewerbsvorteil gegenüber der direkten Konkurrenz erweisen. Doch wie können Manager Decision Intelligence in ihrem Unternehmen implementieren? Und was gilt es dabei zu beachten?
Das erklären die beiden Gründer Thorsten Heilig und Ilhan Scheer in ihrem Buch Schritt für Schritt. Ein trockenes Sachbuch ist „Decision Intelligence“ jedoch nicht. Angereichert mit Anekdoten, praktischen Beispielen und persönlichen Erfahrungen liest sich das (Hand-)Buch der beiden KI-Experten eher wie ein lebendiger Podcast.
Dabei spannen Thorsten Heilig und Ilhan Scheer spielerisch den Bogen zwischen historischer Entscheidungsfindung, technischen Details und moderner Führungskultur, die für erfolgreiche Entscheidungsfindung der Zukunft unerlässlich ist.
5. Die richtige Art von Kreativität
Viele Unternehmen nutzen Künstliche Intelligenz bereits, um ihre Arbeit zu optimieren. Vor allem in der Kreativwirtschaft ist das ein großes Thema. Denn mithilfe von KI können Musiker heute ganze Musikstücke kreieren, Filmemacher ihre Szenen automatisch schneiden und Grafikdesigner plötzlich nicht mehr zwei, sondern zehn Ideenvorschläge innerhalb kürzester Zeit entwickeln.
Bei aller Begeisterung über diese Entwicklung schwingt jedoch die Angst mit, die Automatisierung zahlreicher Prozesse könne dazu führen, dass der Mensch als kreativer Kopf immer weniger gebraucht wird und womöglich zum „Prompter“ verkommt. Wie berechtigt diese Befürchtungen tatsächlich sind, beantwortet „Kreative Intelligenz“ von Mario Herger.
Mario Heger: Kreative Intelligenz.
Plassen Verlag,
Kulmbach 2023,
300 Seiten,
24,90 Euro
Der ehemalige SAP-Entwicklungsleiter und Zukunftsforscher nimmt die Leserinnen und Leser auf rund 300 Seiten mit auf eine Reise in eine Welt, in der Künstliche Intelligenz unser aller Alltag verändern wird. Angereichert mit zahlreichen Alltagsbeispielen erklärt Herger in spielerischer und bildhafter Sprache die Technologie hinter generativen KIs.


Er zeigt, wie Bilder, Videos und sogar Musik entstehen können und wie mit den richtigen Textanweisungen Ergebnisse erzielt werden, die auf die individuellen Bedürfnisse verschiedener Branchen und Menschen zugeschnitten sind. Neben den technischen Details geht das Buch auch philosophischen Fragen nach.
Was bedeutet Kreativität für den Menschen? Können generative KIs überhaupt originelle Inhalte produzieren? Gibt es bald Superintelligenz? Immer wieder lädt Herger seine Leserinnen und Leser auch dazu ein, das Buch aus der Hand zu legen, eine der KIs selbst auszuprobieren und Ideen zu schmieden, wie das neue Wissen privat oder beruflich genutzt werden kann. Für alle ChatGPT-Fans oder diejenigen, die es noch werden wollen, ist das Buch eine Pflichtlektüre.





