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Literatur Frank Schätzing verpackt die Klimakrise als Echtzeit-Thriller

Der Bestseller-Autor hat ein neues Buch geschrieben. Diesmal allerdings keinen Roman, sondern einen Thriller aus dem realen Leben: über die Klimakrise.
25.04.2021 - 09:57 Uhr Kommentieren
Das neue Werk des Erfolgsautors ist ein Klima-Grundkurs der etwas anderen Art. Quelle: dpa
Frank Schätzing

Das neue Werk des Erfolgsautors ist ein Klima-Grundkurs der etwas anderen Art.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Dass der Kölner Schriftsteller Frank Schätzing ein detailreiches Wissen über alle möglichen Themen hat, ist jedem klar, der schon mal eines seiner mehrhundertseitigen Werke in der Hand hatte. Normalerweise verpackt der 63-Jährige dieses Wissen allerdings in einen spannungsvollen und vor allem am Ende eben doch größtenteils fiktiven Plot. Das wollte Schätzing eigentlich auch mit seinem neuesten Buch zum Klimawandel machen, hat sich dann aber doch anders entschieden.

„Was, wenn wir einfach mal die Welt retten“, heißt die neueste Schöpfung des Autors und gehört streng genommen in das Genre der Sachliteratur. Genauer hingeschaut ist das fast 340-Seiten-starke Buch über den Klimawandel allerdings eine bunte Mischung aus Nachschlagewerk, persönlichem Essay, Krimi und Theaterstück. 

„Wir sind in einem Thriller. Sie und ich. Nicht als Leser und Autor. Als Akteure“, eröffnet Schätzing die Reise durch sein neuestes Werk. Die Klimakrise als Echtzeit-Thriller – und wir sind mittendrin. Wären wir in einem Schätzing-Thriller, könnte das eine ziemlich turbulente Reise werden, ähnlich wie in den zahlreichen dystopischen Weltuntergangsfeierlichkeiten des Filmemachers Roland Emmerich. Mit dem teilt Schätzing nämlich laut eigener Aussage „die Freude am Zerdeppern“.

Stattdessen bekommt der Leser erst mal einen Grundkurs in Sachen Klimawandel, Biodiversität und Umwelt. Schätzing nimmt den Leser mit in die Antarktis, nach Australien oder auf den Klimagipfel – und nimmt ihn dabei wirklich mit. In fiktiven Unterhaltungen mit Forschern, Wissenschaftlern und Politikern wie Trump, Putin und Co. lehrt er das Einmaleins der Klimawissenschaften. 

Sicher, vieles davon hat man gerade in den vergangenen zwei Jahren schon oft gehört. Aber anstatt die Fakten trocken und öde runterzuschreiben, gelingt es Schätzing in einem überraschend lockeren und vor allem sarkastischen Ton, Spannung in ein Thema zu bringen, das für viele Menschen außerhalb von Studien schlicht nicht greifbar ist. 

Frank Schätzing: Was, wenn wir einfach die Welt retten? Handeln in der Klimakrise.
Kiepenheuer & Witsch
Köln 2021
336 Seiten
20 Euro

Spannend wird der Klimawandel erst, wenn man die Auswirkungen in der Zukunft vor Augen geführt bekommt. Und genau das tut Schätzing. RCP8.5 beschreibt laut Weltklimarat das Szenario, auf das wir mit dem aktuellen Tempo an Erderwärmung zusteuern. Der Worst Case sozusagen.

In diesem Fall verpackt Schätzing es in mehrere Staffeln einer erdachten Netflix-Serie. Gletscher verschwinden, Flüsse versiegen, Brände sind nicht mehr beherrschbar, selbst in Europa herrschen mehrmonatige Dürren. Wasserknappheit und Missernten führen zu humanitären Katastrophen unvorstellbaren Ausmaßes. Ende der Zivilisation. Schätzing lässt die Welt vor die Hunde gehen, bevor er sie rettet. Ein bisschen zerdeppert wird also doch. 

Zum runterkommen folgt jetzt erst einmal eine Analyse nach dem Ursache-Wirkungs-Prinzip. Es geht vom Verschwinden des tropischen Regenwaldes über das Aussterben der Korallenriffe bis zum Auftauen der Permafrostböden. Und wenn der Leser sich genug in Rage gelesen hat, über das Übel der menschlichen Existenz auf Erden, folgt die Suche nach einem Schuldigen. 

Es tauchen die üblichen Verdächtigen auf: Ölindustrie, Autolobby, Regierungen und am Schluss der Liste zeigt Schätzing plötzlich mit dem Finger auf sich selbst und Sie, den Leser. Aber keine Sorge, bevor es allzu moralisierend wird, kriegt der Autor noch mal die Kurve: „Wer sich immerzu unter Anklage sieht, bei jeder Scheibe Wurst, jeder Autofahrt, der wird kein fröhlicher Klimaretter. Wir brauchen keine neue Inquisition, sondern ein stärkeres Empfinden von persönlicher Verantwortlichkeit und Gestaltungskraft.“ Mit Maß und Mitte ist das Motto.

Optimismus statt Panikmache

Dann endlich gibt Schätzing auch mal ein paar Lösungsvorschläge. Ein paar sehr viele. Die Detail-Liebe, die seine Bücher so erfolgreich gemacht haben, kommt hier leider etwas langatmig daher. Vor allem, wenn er die einzelnen Bio- und Fair-Trade-Siegel auflistet und erklärt, oder wenn Schätzing mit Tipps für jede Lebenslage erläutert, was der Einzelne nun tun kann. Vom Niederdruck-Brausekopf bis zum Öko-Hosting für den Server.

An der Stelle verliert sich der Autor etwas zu sehr im Appell und vor allem in seiner eigenen Lebensrealität. Hochpreisige Fair-Trade-Mode und teure Elektroautos sind für Millionen von Menschen schließlich genauso weit weg wie Timbuktu von Köln. 

Das ist allerdings auch dem rheinländischen Autor bewusst, der sich dann doch wieder mit seinen Worten an Regierungen und Konzerne wendet. Verschärfte Klimaziele, früherer Kohleausstieg, mehr Geld für grüne Technologien, ein höherer CO2-Preis, 100 Prozent Erneuerbare in neun Jahren. Das ist jedoch bei allem Optimismus nicht mehr zu schaffen. 

Am Ende lässt sich Schätzings neuestes Werk zwar in eine Reihe mit anderen prominenten Klimaappellen, wie den Büchern von Bill Gates oder Dirk Roßmann einreihen, aber für jemanden, der sich mit dem Thema bislang noch nicht besonders auseinandergesetzt hat, ist es ein guter Grundkurs der etwas anderen Art. Durch seinen humoristischen Schreibstil und den erfreulich optimistischen Ton, schafft es Schätzing außerdem, den Leser nach der letzten Seite nicht verzweifelt aus der Wäsche guckend dastehen zu lassen. 

Statt Panik zu machen, wie es die Fridays-for-Future-Gründerin Greta Thunberg fordert („I want you to panic“), weckt dieses Buch den Ehrgeiz, die Klimakrise vielleicht doch noch abwenden zu können. Ob Schätzings letzte Worte „Let‘s do it and have fun, Probleme zu lösen kann nämlich auch Spaß machen“, da unbedingt die richtigen sind, sei mal dahingestellt.

Aber wenn die Menschheit angesichts der ganzen Misere jetzt eines wirklich gebrauchen kann, dann ist es Motivation. Denn die Lösungswege sind ja jedem klar, nur umsetzen muss sie noch jemand.

Mehr: Pioniere, Vorreiter und Nachahmer: Warum die Klimawirtschaft endlich boomt

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