Deutscher Wirtschaftsbuchpreis 2023: Sara Weber: „Wir sind alle so viel mehr als unsere Arbeit“

Sara Weber hat in einem Schlüsselmoment den Sinn ihres damaligen Jobs hinterfragt.
Frankfurt. Die Leserinnen und Leser des Handelsblatts haben in den vergangenen vier Wochen abgestimmt – und entschieden: Sara Weber hat mit ihrem Buch „Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?“ den Leserpreis des Deutschen Wirtschaftsbuchpreises 2023 gewonnen. Die Journalistin und ehemalige Redaktionsleiterin beim Karriereportal LinkedIn schreibt über die Zustände in der Arbeitswelt – ein Thema, das alle betrifft.
Lesen Sie hier das ganze Interview:
Frau Weber, Sie beschreiben in dem Buch einen Schlüsselmoment: Am Morgen des 24. Februar 2022, als Russland die Ukraine angriff, haben Sie sich an Ihren Schreibtisch gesetzt, versucht, normal zu arbeiten – und sich dann gefragt: Was mache ich hier eigentlich? Kann ich so weitermachen?
Unsere Arbeitswelt ist sehr ungerecht geworden. Wir haben eine Spaltung in der Gesellschaft, und das spiegelt sich auch in der Arbeitswelt wider. Manche arbeiten sehr hart wie die Systemrelevanten in der Pandemie, die schlecht verdienen und schlechte Arbeitsbedingungen haben. Andere sitzen im Homeoffice und verdienen sehr gut. Da müssen wir eine Angleichung hinkriegen, mehr Gerechtigkeit und auch mehr Menschlichkeit schaffen. Wir müssen schauen, wie wir es wirklich schaffen können, dass es den Menschen, die arbeiten, damit gut geht.
Wie kann man das Ungleichgewicht auflösen?
Wir brauchen bessere Arbeitsbedingungen für die Jobs, die wirklich systemrelevant sind, wir brauchen mehr Flexibilität, vielleicht nicht über Homeoffice, aber über mehr Zeit. Wir müssen es schaffen, auch in der Arbeitswelt nachhaltiger zu werden. Und wir müssen die Geschlechtergerechtigkeit hinbekommen.

Sie beobachten eine Überforderung der Menschen über alle Berufsgruppen hinweg. Woran liegt das?
Es ist zum einen die Arbeitsverdichtung, also dass immer mehr Tätigkeiten in einem Job aufgehen. Zum anderen ist da diese Entgrenzung, das Gefühl, wir müssten immer erreichbar sein, und die Arbeit ist immer dabei. Und insgesamt definieren wir uns sehr stark über unsere Arbeit. Dabei sind wir alle so viel mehr als unserer Beruf.
Sie selbst haben die Reißleine gezogen und haben Ihren Job gekündigt. Wie arbeiten Sie heute?
Ich arbeite weniger. Und ich habe konkret geschaut, was mir nicht gut tut. So mache ich zum Beispiel keine Meetingtage mehr, an denen man komplett durchgetaktet ist und noch nicht mal weiß, wann man auf die Toilette gehen und etwas essen soll.



Frau Weber, vielen Dank für das Gespräch.






