Claus-Dietrich Lahrs im Interview Bottega-Veneta-Chef optimistisch für Luxusbranche

„Die zurzeit erfolgreichen Marken werden sich weiterhin überdurchschnittlich gut entwickeln.“
Wer wüsste besser als Claus-Dietrich Lahrs, wie sich das Luxusgeschäft entwickelt: Der 53-Jährige arbeitete schon für Cartier, Louis Vuitton, Dior und zuletzt Hugo Boss. Seit vergangenem Herbst ist er Chef des Labels Bottega Veneta.
Herr Lahrs, wie geht’s dem globalen Luxusmarkt?
Trotz der aktuellen Turbulenzen behauptet sich der globale Luxusgütermarkt gut. Nach einem Wachstumsjahr 2016 kann man derzeit davon ausgehen, dass der Gesamtmarkt wieder im einstelligen Prozentbereich wächst. Dabei werden sich die zurzeit erfolgreichen Marken weiterhin überdurchschnittlich gut entwickeln.
Welche Herausforderungen werden das Jahr 2017 dominieren?
Ich erwarte, dass die größten Herausfor‧derungen aus dem politischen Umfeld kommen werden. Die aktuelle Entscheidung der chinesischen Regierung, Reisen aus dem Inland nach Südkorea zu beschränken, ist dafür ein Beispiel. Die Unsicherheit zur Ausrichtung der künftigen US-Wirtschaftspolitik ist ein anderes. Die Verfassung des globalen Luxusgütermarktes ist und bleibt in gewisser Weise abhängig von der Stimmung seiner Konsumenten. Größere und länger andauernde Unsicherheiten können darauf sicher Einfluss nehmen.

Eva Herzigova präsentiert Mode der Italiener.
Worin unterscheiden sich zum Beispiel Uhren- und Modegeschäft?
In den vergangenen beiden Jahren hat der globale Markt für Luxusuhren eine schwächere Entwicklung gesehen als der für hochpreisige Mode und Accessoires. Insbesondere die Exporte nach Hongkong und China waren für die Luxusuhrenmarken schwierige Felder, während sich das Geschäft etwa mit Taschen für eine bedeutende Gruppe von Marken sehr erfreulich gezeigt hat. Es ist zu erwarten, dass sich das Geschäft für hochpreisige Uhren 2017 und 2018 mit ersten Wachstumszeichen stabilisiert.
Welche Marken haben generell Zukunft?
Das vergangene Jahrzehnt war im Luxusgütermarkt sehr stark dadurch gekennzeichnet, dass die führenden Marken zunehmend die Kontrolle über die Distribution ihrer Produkte in den wichtigsten Märkten übernommen haben, um damit die eigene Preispolitik und Produktpräsentation zu gestalten. Ich bin der Auffassung, dass das nach wie vor entscheidend dafür ist, um als Marke im Luxusgütermarkt langfristig bestehen zu können. Neu hinzugetreten ist die Kontrolle über die Fertigung der Produkte, die heute unter dem Begriff „Sustainability“ zusammengefasst ist. Konsumenten sind in der Beziehung deutlich kritischer als zuvor …
… was wohl vor allem für Luxusmarken gilt …
... aber zunehmend auch für Produkte in den darunterliegenden Preissegmenten. Das dritte relativ neue Element ist, wie die Marken mit ihren Kunden auf digitaler Ebene kommunizieren. Wir wissen bereits heute, dass wir eine bedeutende und wachsende Kundengruppe in der Altersgruppe unter 40 mit klassischer Kommunikation überhaupt nicht mehr erreichen. Die Marken, denen es gelingt, mit innovativen Produktkonzepten, kontrollierten Distributionskanälen und Fertigungsketten sowie emotional wirkungsvoller digitaler Kommunikation zu überzeugen, werden zu den langfristigen Gewinnern in unserem Markt zählen.
Dieser Text ist entnommen aus dem Handelsblatt Magazin N° 3 – Mai 2017. Weitere Themen im neuen Heft sind u.a.:
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