Der Anlagestratege Aktienkultur fördern – Telekom privatisieren

Christoph Bruns ist Fondsmanager, Inhaber der Fondsgesellschaft LOYS AG und Kolumnist für Handelsblatt Online.
Wie allgemein bekannt ist, hat der Börsengang, der rasche Aufstieg und der nachfolgende lange Niedergang der Aktie der Deutschen Telekom der deutschen Aktienkultur einen bleibenden Schaden zugefügt. Heute, nachdem sich die T-Aktie stabilisiert und zuletzt geradezu haussiert hat, sollte die große Koalition jene Privatisierungsratschläge beherzigen, die man zurecht Griechenland und anderen darbenden Euro-Ländern gegeben hat und die Vollprivatisierung der Telekom einleiten.
Ein solcher Schritt könnte am Anfang einer längst überfälligen Kampagne zur Entwicklung einer dringend notwendigen Kapitalmarktkultur in Deutschland sein. Es dürfte mittlerweile auch dem Dümmsten klar geworden sein, dass ein „Weiter so“ in die zinsgebundenen Anlagen nicht länger sinnvoll ist, nachdem die Europäische Zentralbank die Sparzinsen weitgehend abgeschafft hat.
Leider bestätigt sich mir stets von Neuen der Eindruck, dass dieser Befund unsere Hauptstadt noch gar nicht erreicht hat und wahrscheinlich auch im Rest des Landes weitgehend unbekannt ist. In einem Radiointerview am vergangenen Sonntag lamentierte etwa unser Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, dass es in den Vereinigten Staaten viel bessere Möglichkeiten der Eigenkapitalfinanzierung für junge Unternehmen gäbe. Es blieb aber bei der üblichen Radotage. Den Zusammenhang zwischen einer hochentwickelten Finanzmarktkultur, die Venture Capital, Private Equity, Hedgefonds, Wertpapierfonds etc. einschließt, und nicht nur auf staatliche Förderprogramme und Bankkredite setzt, wird in Berlin gar nicht gesehen.
Wenn man bedenkt, wie hoch die Wertschöpfung, wie viele sehr gute Arbeitsplätze und wieviel Wohlstand durch die Neugründungen heute börsennotierter Unternehmen in den vergangenen zehn bis 15 Jahren entstanden sind, dann ahnt man, welchen Schaden im Sinne entgangenen Wohlstandes unser Gesellschaft durch den verkrüppelten deutschen Kapitalmarkt allein in der genannten Zeitspanne entstanden ist.
Sigmar Gabriel sprach in dem genannten Interview sogar die Vorteile Amerikas in der Wagnis- und Eigenkapitalfinanzierung direkt an. Er meinte etwa, es sei eine Schande, dass sich deutsche Jungunternehmen oftmals in Amerika Wagniskapital verschaffen müssten, weil der deutsche Finanzmarkt es nicht hergebe. Dies bedenkend, meine ich, dass die Bundesregierung auf diesem Gebiet nicht länger derartig untätig bleiben darf, wie es ihre Vorgängerregierungen – egal welcher Couleur - ebenfalls waren.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.
"Den Zusammenhang zwischen einer hochentwickelten Finanzmarktkultur, die Venture Capital, Private Equity, Hedgefonds, Wertpapierfonds ..."
LOL
Die Segnungen von Private Equity und Hedgefonds (auch "Heuschrecken" genannt) erfährt man regelmäßig. Es ist meist nicht zum Vorteil der betroffenen Firmen....