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Bondmärkte Verstärkten ETFs den Ausverkauf an den Anleihemärkten?

Viele Produkte sind deutlich stärker gefallen als die Indizes, die sie nachbilden sollen. Die Preisdifferenzen weisen auf Störungen am Anleihemarkt hin.
26.03.2020 - 04:02 Uhr Kommentieren
Börsengehandelte Indexfonds sorgen für Transparenz in den undurchsichtigen Anleihemärkten. Quelle: AFP
Handelssaal in New York

Börsengehandelte Indexfonds sorgen für Transparenz in den undurchsichtigen Anleihemärkten.

(Foto: AFP)

Frankfurt Viele Finanzprofis haben schon länger gewarnt: Börsengehandelte Indexfonds, kurz ETFs, könnten einen krisenverstärkenden Einfluss im Falle eines Ausverkaufs an den Märkten haben. In der Coronakrise erhält dieser Verdacht neue Nahrung: Viele börsengehandelte Anleihe-ETFs haben an Tagen, an denen Anleger im großen Stil Unternehmensanleihen verkauft haben, noch stärker gelitten als die Indizes, die sie eigentlich eins zu eins nachbilden sollten.

So notierte der „iShares Core US Aggregate Bond ETF“, der den wichtigsten Index für US-Unternehmensanleihen nachbildet, mit einem Abschlag von knapp fünf Prozent gegenüber dem Indexwert. Eine solche Diskrepanz zwischen ETF und Index hatten Anleger bislang noch nie gesehen.

Üblicherweise weichen die Marktwerte von ETF und Index um Prozentbruchteile voneinander ab. Ähnlich hohe Abschläge auf den Indexwert zeigten auch ETFs auf die wichtigsten Marktbarometer für Schwellenland-, Unternehmens- und Hochzinsanleihen.

Haben Anleger in börsengehandelten Indexfonds also mehr Geld verloren als Anleger von Fonds, die nur außerhalb der regulierten Börsenplätze gehandelt werden? Haben die ETFs den Ausverkauf an den Anleihemärkten gar verstärkt?

Fest steht, dass die Anleihemärkte den größten Mittelabfluss ihrer Geschichte hinter sich haben. Den Analysten der Bank of America zufolge zogen die Investoren in der Woche bis zum 20 März rund 7,7 Milliarden Dollar aus Hochzinsanleihefonds ab. Fonds, die in Unternehmensanleihen mit guter Bonität investieren, genannt Investmentgrade-Firmenbonds, büßten im gleichen Zeitraum 3,5 Milliarden Dollar Anlegergeld ein. Schwellenlandanleihefonds verloren knapp sechs Milliarden US-Dollar.

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Wenn Anleger aus Fonds Geld abziehen, sind die Fondsmanager gezwungen, einen Teil ihrer gehaltenen Papiere zu verkaufen, um die Fondsanteile zurückzuzahlen. Das gilt sowohl für aktiv gemanagte Fonds als auch für passive Indexfonds und ETFs. Der einzige Unterschied zwischen einem Indexfonds und einem ETF ist, dass Letzterer börsengehandelt ist.

Das bedeutet: Während der Wert eines Indexfonds, also der gewichtete Gesamtwert aller darin enthaltenen Wertpapiere, nur einmal pro Tag festgesetzt wird, schwankt der Wert des ETF sekündlich.

Dieser Unterschied in der Berechnung von Index- und ETF-Wert ist es, der die hohen Abschläge bei Anleihe-ETFs erklärt, heißt es bei Blackrock. Der US-Vermögensverwalter ist mit seinen „iShares“-Produkten Marktführer bei börsengehandelten Indexfonds. „Störungen der Anleihemärkte sind der Auslöser für die Unterschiede zwischen den Preisen von Anleihe-ETFs und den zugrunde liegenden Anleihen.“ Jason Xavier, ETF-Experte bei Franklin Templeton, bestätigt: „ETFs sind abgewichen, weil die Indexwerte auf unrealisierbaren Preisen basieren.“

Tatsächlich haben Anleihehändler in den vergangenen Wochen von massiven Liquiditätsproblemen an den Bondmärkten berichtet. Einzelne Papiere, etwa von der Lufthansa, galten praktisch als unverkäuflich.

Erschwert wird die Preisfindung dadurch, dass Käufe und Verkäufe am Anleihemarkt vielfach noch „Over the Counter“ (OTC) stattfinden, also außerhalb von regulierten Börsenplätzen. Auf die Preise, die Händlern auf den Bildschirmen angezeigt wurden, war kein Verlass.

Hohes Handelsvolumen

Die Blackrock-Experten ergänzen: Die Abschläge bei den Marktwerten von Anleihe-ETFs kämen zustande, weil ETFs schlicht häufiger gehandelt würden – „insbesondere in Zeiten von Stress an den Märkten“. Blackrock selbst hat in den ersten Märzwochen einen drastischen Anstieg des Handels bei den ETF-Produkten beobachtet. So hat sich das Handelsvolumen des „iShares EUR Investment Grade Corp ETF“, der den wichtigsten Index für Unternehmensanleihen nachbildet, versechsfacht.

„Ähnlich wie in früheren Stressphasen haben Investoren ETFs dazu genutzt, Risiko abzubauen und Preise zu finden, weil die Anleihemärkte nur eingeschränkt funktioniert haben.“ Die Blackrock-Experten betonen: „Die Wertabschläge von Bond-ETFs spiegeln kein Problem mit der ETF-Struktur an sich wider.“ Die börsengehandelten Indexfonds seien ein Frühindikator für Anleihemärkte, die Echtzeit-Informationen über Preise und Liquidität bereitstellen.

Selbst Skeptiker von passiven Investments gestehen ETFs zu, dass sie den jüngsten Ausverkauf zumindest nicht befeuert haben. Die Differenz zwischen ETF-Werten und Indexwerten sei „symptomatisch für einen derart angeschlagenen Markt für Unternehmensanleihen“, sagt Andrew Jackson, Chefstratege für Anleihen bei Federated Hermes. „ETFs haben ihren Zweck so weit erfüllt und Preistransparenz gegenüber dem Konsumenten hergestellt.

Rich Powers, Produktchef für ETFs beim US-Investmentriesen Vanguard, widerspricht zudem der Sorge, dass börsengehandelte Indexfonds die Liquiditätsprobleme am Anleihemarkt verschärfen. ETFs seien vielmehr ein „Schock-Absorber“ für die Märkte. Rund 80 Prozent der Anteile würden von ETF-Investoren untereinander gehandelt. „Sie lösen keinen Verkauf der zugrunde liegenden Wertpapiere aus“, so Powers. Damit seien ETFs eine zusätzliche Quelle für Liquidität, die in Stressphasen für Entspannung an den Märkten sorgen kann.

Zudem könne auch nicht die Rede davon sein, dass Anleger mit Anleihe-ETFs höhere Verluste einfahren als Investoren, die herkömmliche Indexfonds halten. Die hohen Wertabschläge treten Powers zufolge nur an wenigen Tagen auf – und schnell nähern sich Indexwert und ETF-Wert wieder einander an.

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Anleihe-ETFs trotz aller Vorbehalte am Markt etabliert sind, dann hat das die US-Notenbank Federal Reserve gezeigt. Sie kündigte Anfang der Woche erstmals an, neben Unternehmensanleihen auch Bond-ETFs zu kaufen. Aus Sicht von Xavier ein weiterer Vertrauensbeweis für die Technologie: „Die Entscheidung zeigt, dass auch Regierungen und Zentralbanken davon überzeugt sind, dass ETFs genau das tun, wofür sie entwickelt wurden: Preistransparenz in Echtzeit herzustellen.“

Mehr: Die Liquiditätsprobleme an den Anleihemärkten schüren die Angst vor einer Pleitewelle bei Unternehmen.

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