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ETF-MischfondsViel Marketing, wenig Rendite
Mit ETF-Mischfonds können Anleger in mehrere Indexfonds gleichzeitig investieren. Doch die Rendite ist oft miserabel, wie eine Analyse von Morningstar ein. Ein Grund: Die Manager machen die Vorteile der Produkte zunichte.
Frankfurt Es ist ein vernichtendes Wort: „Versager“. Volker Schilling verwendet es trotzdem. Der Chef des Vermögensverwalters Greiff Capital Management reagiert auf die Leistungsbilanzen von Mischfonds, die ihrerseits in börsengehandelte Indexfonds investieren, den sogenannten ETFs. Diese Bilanzen fallen fast durchweg schlecht aus.
Die Ratingagentur Morningstar durchleuchtete für das Handelsblatt diese spezielle Gruppe von Mischfonds. Es sind knapp 130 Produkte mit einem Kapital von rund 14 Milliarden Euro. Klassische Mischfonds investieren in einzelne Wertpapiere, meist Anleihen oder Aktien. Die Verwalter in dieser speziellen Gruppe jedoch kaufen gleich ganze Märkte und damit breit gestreute Depots, indem sie etwa ETFs auf den Dax, auf Pfandbriefe oder internationale Bonds erwerben. Es werden also keine Einzelwertpapiere gemischt, sondern Fonds für bestimmte Märkte oder auch Anlagestile.
Morningstar-Analyst Michael Haker errechnete die Erträge dieser Produkte über verschiedene Zeiträume. Er stellte sie den Ergebnissen klassischer Mischfonds und auch den Resultaten passender Vergleichsindizes gegenüber. Das Verblüffende: Über alle vier Grundausrichtungen der Produkte von defensiv bis offensiv und über alle betrachteten Zeiträume liefern die ETF-Mischfonds die schlechteren Erträge ab. „Das sind enttäuschende Ergebnisse“, resümiert Andreas Beck, Gründer des Instituts für Vorsorgeaufbau.
Ein Paradebeispiel liefern die beweglich anlegenden Depots, die sich je nach Börsenlage mehr auf die Aktien- oder mehr auf die Anleiheseite schlagen können. Diese Produkte haben in den vergangenen drei Jahren rund zwei Prozent Ertrag jährlich geliefert, ein Vergleichsindex mit jeweils hälftigen Anteilen an Aktien und Anleihen dagegen etwa acht Prozent. Auf kürzere Sicht rutschten die ETF-Mischfonds während der turbulenten Börsenphasen der vergangenen zwölf Monate tiefer ab.
ETFs versus Investmentfonds
ETF: Sondervermögen. Es ist das Kapital, welches der Anleger seiner Investmentgesellschaft gegen die Ausgabe von Anteilsscheinen überlässt. Dadurch ist dieses Geld klar von den anderen Vermögenswerten der Gesellschaft getrennt und selbst vor dem Zugriff der Gläubiger im Insolvenzfall geschützt.
Investmentfonds: ebenfalls Sondervermögen
ETF: ETFs werden an der Börse gehandelt. Sie müssen, anders als normale Investmentfonds, nicht bei einer Investmentgesellschaft erworben werden. Weil sie an der Börse gehandelt werden, wird der Nettoinventarwert des Sondervermögens fortlaufend veröffentlicht.
Investmentfonds: Ein normaler Investmentfonds muss bei der Kapitalanlagegesellschaft physisch erworben werden. Diese gibt den Anlegern im Gegenzug ein Zertifikat und verwaltet das Kapital im eigenen Namen auf gemeinschaftliche Rechnung der Anleger.
ETF: ETFs sind deshalb beliebt, weil sie eine hohe Liquidität aufweisen und problemlos ganztägig an der Börse gehandelt werden können.
Investmentfonds: Anders als ETFs ist es nicht so leicht, einen normalen Investmentfonds zu verkaufen. Die Liquidität ist niedrig, verkauft wird einmal täglich zum Nettoinventarwert.
ETF: Das ETF-Sondervermögen muss täglich veröffentlicht werden.
Investmentfonds: Im Unterschied dazu ist die Transparenz der meisten Investmentfonds gering, veröffentlicht wird nur im Jahres- beziehungsweise Halbjahresbericht.
ETF: ETFs werden passiv verwaltet, die Kosten sind niedrig.
Investmentfonds: Bei Investmentfonds dagegen verwaltet ein Manager das Fondsvermögen und verfolgt eigene Strategien. Das kostet die Anleger unter Umständen mehr Gebühren.
ETF: Der Ausgabeaufschlag ist ein Aufgeld, das auf den Nennwert eines Wertpapieres erhoben wird. Bei ETFs entfällt er.
Investmentfonds: Bei Investmentfonds kann der Aufschlag dagegen bis zu fünf Prozent des Net Asset Value, des Anteilswertes, betragen.
ETF: Die ETF-Verwaltungsgebühr ist niedrig und beträgt zwischen 0,05 und 0,75 Prozent pro Jahr.
Investmentfonds: Für Investmentfonds müssen Anleger dagegen hohe Gebühren zahlen, bis zu zwei Prozent pro Jahr plus weitere Fondsgebühren.
ETF: Wertpapierprovision wird bei ETFs für deren Kauf und Verkauf erhoben.
Investmentfonds: Beim Investmentfonds entfällt sie
Der informierte Laie muss überrascht sein. Er weiß schließlich einiges über die Vorteile börsengehandelter Indexfonds. Die sind liquide, das heißt jederzeit an der Börse handelbar, transparent und verlangen außerdem sehr geringe Gebühren. Börsenprofis schwärmen von den Vorteilen sowohl für Geldverwalter als auch für Anleger. Es stellt sich deshalb die Frage, wie es trotzdem zu den schlechten Ergebnissen kommt.
Ein Stichwort liefert der Ansatz vieler Manager. Die agieren beim Zusammenstellen ihrer ETF-Depots mit sogenannten Trendfolgesystemen. Sie beobachten Kursverläufe an Märkten, steigen aus, wenn diese Börsen stärker zu fallen beginnen, und wieder ein, wenn sie einen klaren Aufwärtstrend erkennen. Das macht den Verwaltern anscheinend Schwierigkeiten. „Gerade bei Sägezahnmärkten mit häufigen Trendwechseln bereitet das Probleme“, meint Schilling.
Er wie auch Beck vermuten außerdem, dass viele ETF-Mischfondsmanager häufig ihr Depot verändern. Wer viel handelt, der türmt auch Handelskosten auf. Die werden dem Fonds belastet, was die Anlegerrendite zusätzlich drückt. Solche Kosten sind allerdings in den ohnehin recht üppigen Jahresgebühren der Produkte von 1,9 Prozent nicht einmal enthalten. „Und schon diese Gebühren sind teilweise dramatisch hoch“, meint Morningstar-Mann Haker.
Die Ergebnisse fallen noch ein wenig schlechter aus, als es die vorliegenden Zahlen vermuten lassen. Sie liegen nämlich noch unter den Durchschnittserträgen aller Mischfonds. Die Mischfonds insgesamt liefern bereits unterdurchschnittliche Ergebnisse. Das zeigen weitere Auswertungen von Morningstar. „Wenn die ETF-Depots noch einmal schlechter ausfallen, dann muss man die Frage nach ihrer Daseinsberechtigung stellen“, sagt Klartextredner Schilling.
Der Markt für ETF-Mischfonds ist noch jung. Pionier war die unabhängige Anlagefirma Veritas, die ihr Produkt in der Finanzkrise 2007 auflegte. In den Folgejahren boomten die Indexfonds. Das Kürzel ETF begann sich als Markennamen durchzusetzen, denn es war mit den positiven Eigenschaften liquide, transparent und preisgünstig belegt.
So wurden im Gefolge die ETF-Mischfonds geboren. Das Konzept folgt einer einfachen Idee: Aktiv Geld verwalten, aber dazu die komfortablen und billigen passiven Bausteine einsetzen. „Da wollen viele Anbieter wohl mitschwimmen, aber das allein reicht nicht, um auch erfolgreich zu sein“, erkennt Marco Kantner, Leiter des Online-Fondsvertriebs Infos.
Viele der Fonds sind sehr klein. Zwei Anbieter jedoch vereinen mit ihren Produkten etwa die Hälfte des Kapitals auf sich. Das sind die Deutsche Bank und ihre Anlagetöchter sowie die Hypo-Vereinsbank. Die Produkte der Hypo-Vereinsbank bekommen von Morningstar schlechte Noten. Es geht um das „HVB Vermögensdepot“ in drei verschiedenen Risiko-Ausrichtungen mit einem Volumen von deutlich mehr als drei Milliarden Euro. Die Produkte aus dem Deutsche-Bank-Umfeld mit ähnlichem Volumen erhalten unterschiedliche Noten.
Vertreter beider Institute sind sehr zurückhaltend, angesprochen auf die Anlageergebnisse. Von der Deutsche Asset Management kommt eine sehr allgemein gehaltene Antwort. Die Hypo-Vereinsbank betont in einer schriftlichen Antwort die konservative Ausrichtung ihrer Angebote: „Laufende Absicherungsgeschäfte reduzieren die Wahrscheinlichkeit von hohen Verlusten, gehen mitunter aber neben laufenden Kosten zulasten der Wertentwicklung.“
Manche Anbieter argumentieren ähnlich wie die Hypo-Vereinsbank, die Anleger müssten langfristig denken. Oft versuchten die Fonds Verlusten bei kräftigen Börseneinbrüchen vorzubeugen. Insoweit seien die unterdurchschnittlichen Erträge auch als Versicherungsprämie zu verstehen. Greiff-Chef Schilling urteilt jedoch mit einem Blick auf die Resultate: „Das sind teure Versicherungsprämien.“
Morningstar-Analyst Haker hat dazu seine eigenen Ideen. In der Auswertung löste er die Frage nach dem passenden Vergleichsindex zur Bewertung der Anlageleistungen der ETF-Mischfonds ganz simpel. Er stellte zwei Messlatten für Anleihen und Aktien zusammen. Je nach Risikoausrichtung hatte die eine einen höheren, die andere einen geringeren Anteil. Das bringt Haker auf den Vorschlag: „Wenn der Anleger sich die Mühe machen möchte, kann er sein eigenes Depot aus ETFs zusammenstellen.“
Das wäre auf jeden Fall billiger und wohl ertragreicher. Es setzt jedoch voraus, dass die Anleger nicht den Verlockungen der Indexfonds verfallen. Wissenschaftler Beck warnt: „Der Segen der geringen Gebühren wird zum Fluch, wenn man häufig handelt und damit Handelskosten produziert.“ Genau aus diesem Grund seien auch Privatanleger nicht wirklich erfolgreich, wenn sie die Indexfonds verwenden würden. Er ruft deshalb die Nutzer der Produkte auf, sich in einer Charaktereigenschaft zu üben: „Disziplin.“