Milliardenabflüsse bei Tochter DAM Deutsche-Bank-Krise verschreckt Fonds-Anleger

Große Fondsanbieter kommen unterschiedlich bei Kunden an.
mauritius images
Frankfurt Es zeichnet sich ein schwaches Jahr für für die Fondsbranche ab: Mit bisher 7,5 Milliarden Euro steckten Anleger per saldo so wenig neues Kapital in die vor allem für private Investoren aufgelegten Publikumsfonds wie zuletzt vor fünf Jahren. Das zeigen neue Zahlen des Fondsverbands BVI bis Ende August. Sie schrecken auf.
Anfang des Jahres belasteten Wachstumssorgen in China, ein absackender Ölpreis setzte den Unternehmen der Energiebranche zu. Die Börsen schmierten ab. Das konnte im Jahresverlauf nicht mehr aufgeholt werden. Bislang haben Anleger mit dem Leitindex Dax über zwei Prozent verloren. Sie machen deshalb einen Bogen um Aktienfonds und zogen bis Ende August Kapital ab. Auch Geldmarktfonds verloren im Zinstief Kapital. Zumindest Misch- und Immobilienfonds sammeln deutlich Geld ein – dort hoffen Anleger auf ein wenig Rendite in Zeiten von Negativzinsen.
Nicht nur bei den Fondskategorien, auch bei den vier großen Anbietern am deutschen Markt zeigen sich Gewinner und Verlierer. Auf die Großen entfallen knapp drei Viertel des Vermögens in Publikumsfonds von 900 Milliarden Euro. Topspieler ist das genossenschaftliche Fondshaus Union Investment, das mit seinen Produkten für Privatanleger knapp neun Milliarden Euro an neuem Kapital eingesammelt hat. Dagegen verliert die Deutsche Asset Management (DAM) knapp fünf Milliarden Euro an Anlegerkapital und leidet unter den Turbulenzen der Mutter Deutsche Bank.
Dazwischen platzieren sich die Sparkassenfondstochter Deka und die Allianz-Tochter AllianzGI mit Zuflüssen von 4,6 und zwei Milliarden Euro. Der Erfolg ist eine Frage des Vertrauens. Rüdiger Sälzle, Chef des Fondsberaters Fonds Consult, betont: „Die Performance ist die Grundlage für einen erfolgreichen Absatz, die Unterstützung des Vertriebs bringt aber Stabilität.“
Offenbar passt das besser bei Union als bei DAM zusammen. Beispiel Fondsperformance: Nach einer Untersuchung des Ratinghauses Feri Eurorating von jeweils mehr als 100 Fonds bei den vier Großen besitzt Union mit 51 Prozent die meisten Produkte mit überdurchschnittlichem Rating und damit einer relativ guten längerfristigen risikogewichteten Rendite. Die Sparkassentochter Deka kommt auf 46 Prozent überdurchschnittliche Fonds, die Allianz GI auf 44 Prozent und die DAM nur auf rund ein Drittel.
Damit gehören die ersten drei laut Feri Eurorating zu den besseren großen Anbietern am Markt, die Tochter der Deutschen Bank, DAM, nur zum Durchschnitt. Die Union punkte mit Mischfonds mit Risikomanagement bei den vielfach risikoscheuen Kunden der Volksbank, betont Andreas Köchling, Analyst beim Fondsratinghaus Feri Eurorating. Auch die Deka treffe mit solchen Produkten den Nerv der Sparkassenkunden und habe in der Performance aufgeholt. Allianz Global Investors besitzt ebenfalls gute gemischte und Anleihe-Produkte. DAM ragt mit europäischen Aktienfonds und Immobilienfonds heraus.
Neben der Ertragsentwicklung zählt auch der Vertrieb. Hier macht der genossenschaftlichen Union keiner etwas vor. Die Union unternehme enorme Anstrengungen, eng mit dem Vertrieb der Volksbanken zusammenzuarbeiten, sagt Berater Sälze. Auch vertreibt die Union ihre Fonds nur über die Volksbanken. Das bestätigt Björn Jesch, Leiter Portfoliomanagement Union Investment: 50 Leute aus dem Portfoliomanagement verbrächten 1900 Tage im Vertriebsapparat der Mitglieder des genossenschaftlichen Verbunds. Ein erfolgreicher Vertrieb könne auch einmal in Zeiten ohne Top-Performance helfen, meint Jesch. Im vergangenen Jahr seien 80 Prozent der Union-Fonds überdurchschnittlich gewesen, in diesem Jahr bisher 60 Prozent. Im Rekordjahr 2015 sammelte Union über elf Milliarden Euro neues Anlegerkapital ein, dieses Jahr sind es bisher knapp neun Milliarden.
„Gesamtwetterlage“ schadet DAM
Andere große Anbieter können da nicht mithalten. Die Deka, mit einem ähnlich breiten Vertrieb über die Sparkassenfilialen, habe nicht die enge Anbindung an den Vertrieb wie das Fondshaus der Genossen, sagt Berater Sälzle. Viele Sparkassen schauten sich selbst aktiv im Markt um. Die Allianz-Tochter AllianzGI gehe dagegen über andere Vertriebskanäle wie die Commerzbank, Makler und freie Berater, Vermögensverwalter, Dachfonds.
Das große Problem im Geschäft der DAM sind Diskussionen über das Überleben des Mutterhauses Deutsche Bank und der mögliche Verkauf der Fondstocher – trotz gegensätzlicher Beteuerungen von Konzernchef John Cryan. „Der Punkt ist die Gesamtwetterlage im Konzern“, sagt Berater Sälzle. Immer wieder werde umstrukturiert, die Gesamtstruktur infrage gestellt. „Die DAM ist mal wieder im Umbruch“, meint auch Christian Michel, Leiter Fonds bei Feri Eurorating. Zudem dreht sich auch bei DAM das Personalkarussell. Gerade tritt mit Nicolas Moreau der dritte Chef binnen eines Jahres an. Michele Faissola war vor einem Jahr gegangen, nachdem Cryan gekommen war. Sein Nachfolger Quintin Price schied nach wenigen Monaten wegen Krankheit aus. In den vergangenen Wochen kündigten diverse teils hochrangige Manager ihren Abgang bei DAM an, darunter der globale Aktienchef Henning Gebhardt, der Privatkundenchef Deutschland Steffen Leipold, die Europa-Vertriebschefin Barbara Rupf Bee und zuletzt der bekannte Wandelanleihenfondsmanager Marc-Alexander Knieß.
Viele Mitarbeiter hätten das Gefühl, ihre Leistung werde nicht mehr gewürdigt, meint Sälzle. In solch einem Umfeld sei es schwierig, enthusiastisch Produkte an Kunden zu verkaufen. 2015 noch vertrauten Anleger der DAM knapp 19 Milliarden Euro neues Geld in Publikumsfonds an. Doch in diesem Jahr führt die schwerste Krise in der Geschichte des größten deutschen Bankkonzerns zu Milliardenabflüssen. Bei der DAM sieht man den Kapitalabfluss als „marktbedingte Entwicklung aufgrund der hauseigenen Portfoliostruktur“: Anleger hätten sich stark aus Geldmarktfonds und Aktien- ETFs zurückgezogen. Die BVI-Statistik zeigt allerdings über das Jahr hinweg nicht nur hier Abflüsse, sondern aus verschiedensten Fonds der DAM.
Unternehmensberater haben für die Fondsanbieter eine Lösung parat, unabhängig von hausgemachten Schwierigkeiten. Sie fordern, sowohl den traditionellen Vertrieb als auch digitale Kanäle im Vertrieb stärker zu unterstützen. Künftig dürfte der Fondsabsatz insgesamt nicht mehr so dynamisch sein wie etwa im Rekordjahr 2015, erwartet Philipp Koch, Berater bei McKinsey. Privatanleger würden künftig stärker auf die Kosten achten, da es durch neue EU-Regeln hier mehr Transparenz geben wird. Gleichzeitig setzen sich Indexfonds- ETFs immer stärker als eine preiswertere Alternative zu aktiv gemanagten Fonds durch. Um das herkömmliche Fondsgeschäft mit attraktiven Margen halten zu können, müssten Fondsanbieter verstehen, worüber der Kunde spricht und nicht umgekehrt, mahnt Koch. Beinahe die Hälfte der Privatanleger sind mit der Anlageberatung nicht zufrieden. Da gibt es noch viel zu tun. Privatanleger müssen sich ihren kritischen Blick für Fondsprodukte erhalten.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.