Kreditfonds bei Versicherern beliebt Darlehen statt Steine und Beton

Einkaufspassagen sind beliebte Investitionsobjekte.
Düsseldorf Keine vier Jahre ist es her, dass die frühere Eurohypo die Immobilienbranche mit der Meldung verschreckte, keine neuen Immobilienkredite zu vergeben. Wie andere auch kämpfte die damalige Commerzbank-Tochter mit notleidenden Krediten infolge der Finanzkrise. Schnell wurde die Kreditklemme ausgerufen. Frank Pörschke, Ex-Eurohypo-, heutiger JLL-Deutschland-Chef, sagte damals: „In den nächsten beiden Jahren wird es immer schwieriger werden, Immobilienkredite zu bekommen.“ Was die Banken betraf, behielt er recht. Doch es sprangen andere ein: Versicherer und Kreditfonds.
So legte die frühere iii Investments, die heute BNP Paribas Real Estate Investment Management heißt, einen Kreditfonds auf, der dem deutschen Recht für Spezialfonds entsprach. „Wir nehmen nur Darlehen von Objekten, die wir auch selbst kaufen würden“, erläuterte Reinhard Mattern, damals wie heute Chef der Fondsgesellschaft. Eine jährliche Rendite nach Kosten und Steuern von etwa 4,5 Prozent hielt er für „realistisch“.
Doch inzwischen ist alles anders. Die Banken reißen sich darum, Gewerbeimmobilien zu finanzieren. Die Konsequenz für einen Kreditfonds, der wie der von BNP Paribas um Nachrangdarlehen und Eigenkapital ersetzende Mezzanine-Finanzierungen einen Bogen macht, ist klar: „Die Renditen, die wir in Aussicht gestellt haben und im Bestand auch erzielen, sind bei Neuanlagen am Markt nicht mehr zu generieren“, gibt Mattern unumwunden zu. „Die Banken konzentrieren sich auf erstrangige Finanzierungen bis zu einer Beleihungsgrenze von 60 Prozent. In diesem Segment können Kreditfonds mit den Konditionen der Banken nicht mithalten“, bestätigt Andrea Vanni, Geschäftsführer der Deutsche-Bank-Tochter Deutsche Alternative Asset Management in London.
Europaweit betrachtet sind es aber die steigenden Eigenkapitalanforderungen an Banken, die den Darlehensfonds aus der Nische helfen. Das wurde zuletzt beim Kongress „Finanzierung für die Real Estate Industry“ deutlich, den die Universität Regensburg mit dem Berater für Immobilienfinanzierungen BF.direkt veranstaltete. Wie groß der Kreditfondsmarkt ist, lässt sich nur schätzen. Denn Daten zum Volumen der von Immobilienkreditfonds gemanagten Schulden sind rar. Eine Untersuchung des Immobiliendienstleisters DTZ aus dem Jahr 2015 zeigt: Die Summe der von Banken in Europa vergebenen Immobilienkredite hat zwischen 2008 und 2014 um 200 Milliarden Euro abgenommen, die von Nicht-Banken, zu denen auch Fonds gehören, um 80 Milliarden Euro zugenommen. Die Ratingagentur Scope listete unter Auswertung verschiedener Quellen mit Stand Mitte des Vorjahres 53 aktive Kreditfonds in Europa mit einem Zielvolumen von 33,6 Milliarden Euro auf.
Beleihungspotenzial mit Grenzen
„Immobilienfinanzierungen bieten sich als Alternative zum Erwerb von Gebäuden an, weil sie stabile und planbare Zahlungsströme bei einem kalkulierbaren Risiko liefern“, lobt Vanni Kreditfonds. Das Risiko wird über eine Vielzahl von Einzelfinanzierungen gestreut. Von stabilen und planbaren Erträgen sprechen allerdings auch die Vorstände deutscher Wohnimmobiliengesellschaften. Vanni betont den Unterschied: Die Rendite einer Wohnungsgesellschaft sei unter anderem abhängig vom Vermietungsstand. Demgegenüber seien Zins und Tilgung eines Immobilienkredits vertraglich festgeschrieben. Zahlungsausfälle würden nur eintreten, wenn der Kredit notleidend würde. In Deutschland sind Kreditfonds weniger erfolgreich als in Europa: „Kreditfonds haben nahezu keinerlei Relevanz in Deutschland. Im Inland sind deren Aktivitäten kaum messbar“, stellt Dirk Richolt, Finanzierungsexperte des Immobiliendienstleisters CBRE in Deutschland fest.
Eine Feststellung, die BNP-Paribas-Kreditfondsmanager Mattern nicht unkommentiert stehen lässt. „Die Entscheidung der Aufsicht Bafin im vergangenen Jahr, dass Kreditfonds Darlehen direkt vergeben dürfen, hat aufgrund zunächst unklarer Ausführungsbestimmungen die Überlegungen zu neuen Produkten verzögert.“
Doch für die Fonds-Investoren ist die Höhe der Rendite wichtiger als die Frage, ob mit ihrem Geld Immobilienkredite bei Banken gekauft oder direkt an Immobilieninvestoren vergeben werden. „Die Konzentration der Banken auf das erstrangige Geschäft eröffnet den Fonds Chancen, sobald Kredite mit Beleihungsausläufen zwischen 60 und 75 Prozent gefragt sind“, erläutert Deutsche-Bank-Manager Vanni. Der Beleihungsauslauf ist eine Beleihungsgrenze. Erstrangig bedeutet, dass die Schuld im Grundbuch an erster Stelle eingetragen wird. Weitere Kredittranchen werden nachrangig eingetragen. Wird die Immobilie verkauft, werden zuerst die Ansprüche des erstrangigen Gläubigers befriedigt, die nachrangigen Gläubiger nur insoweit, wie der Verkaufserlös ausreicht.
Traditionell endet die erstrangige Beleihungsgrenze in Deutschland bei 60 Prozent. Darüber hinausgehende Fremdfinanzierungen lassen sich in weitere Tranchen zerlegen – bis hin zu Mezzanine-Kapital, das Eigenkapital ersetzt und bei der Verwertung der Immobilien erst dann bedient wird, wenn alle anderen Kreditgeber ausgezahlt wurden. Weil das Risiko, beim Verkauf oder im Extremfall einer Zwangsversteigerung der Immobilie leer auszugehen, mit der Beleihungsgrenze wächst, steigen die Renditen mit den Beleihungsgrenzen. Laut Deutscher Bank übersteigt die Verzinsung die Einstandskonditionen bei Tranchen mit Beleihungsausläufen jenseits 60 und bis zu 75 Prozent um drei bis sieben Prozent. Bei den noch riskanteren Tranchen von 75 bis 85 Prozent steigt die Marge auf sieben bis zehn Prozent. Weil die Renditen für erstklassige Immobilien in den vergangenen Jahren stark abgenommen haben, ist das Interesse an Fonds gestiegen, die in Kredite jenseits der Beleihungsgrenze von 60 Prozent investieren.