Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Ölfonds Milliardenverlust und Personalärger – Norwegischer Staatsfonds in Turbulenzen

Norwegens Staatsfonds erzielt im zweiten Quartal das beste Ergebnis seiner Geschichte. Trotzdem verliert der Ölfonds im ersten Halbjahr fast 18 Milliarden Euro.
18.08.2020 - 15:22 Uhr 1 Kommentar
Norwegens Staatsfonds investiert in Aktien, Anleihen, Immobilien und seit diesem Monat auch in grüne Infrastruktur. Quelle: dpa
Ölplattform vor Norwegens Küste

Norwegens Staatsfonds investiert in Aktien, Anleihen, Immobilien und seit diesem Monat auch in grüne Infrastruktur.

(Foto: dpa)

Stockholm Der norwegische Ölfonds musste im ersten Halbjahr einen hohen Verlust einstecken. Außerdem belastet eine Personalie den ansonsten erfolgsverwöhnten Staatsfonds. Unter anderem wegen der Coronakrise verzeichnete er in den ersten sechs Monaten dieses Jahres einen Verlust von 17,9 Milliarden Euro. Das entspricht einem Minus von 3,4 Prozent.

„Es hat große Schwankungen auf dem Aktienmarkt in dieser Zeit gegeben“, erklärte der stellvertretende Fondschef Trond Grande in Oslo. „Das Jahr begann optimistisch, aber die Stimmung änderte sich, als sich das Coronavirus über die Welt verbreitete.“ Obwohl sich die Märkte im zweiten Quartal des Jahres wieder erholt hätten, „sehen wir weiterhin eine deutliche Unsicherheit“, so Grande.

Tatsächlich erzielte der Ölfonds im zweiten Quartal das beste Ergebnis seiner Geschichte, konnte aber insgesamt die Verluste des ersten Quartals nicht ausgleichen. Der Fonds hatte Ende des zweiten Quartals 69,6 Prozent seines Kapitals in Aktien investiert. 27,6 Prozent entfielen auf Anleihen und 2,8 Prozent auf Immobilien.

Am meisten hat der Fonds derzeit in Aktien des US-Softwareriesen Microsoft investiert. Die beste Rendite erzielten die Fondsmanager dagegen mit ihren Anteilen an Amazon. Aber auch Apple trug zu dem Plus im zweiten Quartal bei. Insgesamt betrug die Rendite bei den großen US-Technologiekonzernen im zweiten Quartal 14,2 Prozent. Am schlechtesten lief es dagegen mit der Beteiligung an Royal Dutch Shell und den Großbanken HSBC Holdings und JP Morgan Chase.

Neben der Coronakrise überschattet auch eine Personalie das ansonsten nahezu fleckenfreie Ansehen des Fonds. Der bisherige Fondschef Yngve Slyngstad will die Führung des Fonds am 1. September abgeben, und die Präsentation des Quartalsergebnisses sollte eigentlich seine letzte sein, bevor der Nachfolger die Führung des größten Staatsfonds der Welt übernimmt.

Doch nun ist nicht mehr sicher, dass Slyngstad tatsächlich Ende des Monats die Führung des norwegischen Ölfonds an Nicolai Tangen übergeben kann. Denn plötzlich ist der Stolz des ganzen Landes zum Gegenstand eines brisanten politischen Streits geworden.

Es geht um die Besetzung von Tangen als neuer Chef des Fonds, der insgesamt rund 990 Milliarden Euro verwaltet. Tangen war Ende März zum Nachfolger von Slyngstad ernannt worden, der den Staatsfonds seit 2008 leitete. Das Problem: Der 54-jährige Tangen hatte in den vergangenen Jahren mit sehr großem Erfolg seine eigene Fondsgesellschaft AKO Capital aufgebaut.

Der norwegischen Zentralbank, unter deren Aufsicht der Ölfonds steht und die für die Ernennung des Slyngstad-Nachfolgers verantwortlich ist, wird nun von einem Mitglied des Aufsichtsrats vorgeworfen, dass bei der Berufung von Tangen geltende Regeln missachtet worden sind.

Es geht hauptsächlich um die Gefahr eines Interessenkonflikts, da Tangen seinen Anteil an der AKO Capital nur von bisher 78 Prozent auf 43 Prozent reduzieren will. Damit sei ein Interessenkonflikt programmiert, der das Ansehen des Fonds belasten könnte, lautet die Kritik. Dass Tangen zudem vorgeworfen wird, seine Investmentfirmen habe ihren Sitz teilweise in Steuerparadiesen, macht die Situation für ihn und den Ölfonds nicht einfacher.

Kritik von Umweltschutzorganisationen

Ob der mehrfache Kronen-Milliardär sein Amt wie geplant am 1. September tatsächlich antreten wird, scheint derzeit unsicher. Denn die größte Oppositionspartei, die norwegischen Sozialdemokraten, haben sich der Kritik am Berufungsprozess angeschlossen. Insofern könnte es zu einer Verschiebung des Amtsantritts kommen. Auch ein freiwilliger Rückzug Tangens vom „aufregendsten Job, den es in der Finanzwelt gibt“, ist denkbar.

Der Ölfonds wurde 1996 gegründet, um den Wohlfahrtsstaat auch nach dem Versiegen der Öl- und Gasquellen noch finanzieren zu können. In den Fonds fließen die staatlichen Einnahmen aus dem Ölgeschäft des Landes. Der Ölfonds dient aber nicht nur der sozialen Vorsorge, sondern soll auch den Staatshaushalt in der Balance halten.

Die Anlagestrategie beruht auf Vorgaben der norwegischen Regierung. Vor zwei Jahren erhielt der Fonds die Erlaubnis, seine Investments in Aktien um zehn Prozentpunkte auf nunmehr 70 Prozent zu erhöhen. 25 Prozent dürfen in Staatsanleihen angelegt werden, fünf Prozent in Immobilien. Fondschef Slyngstad hatte das vorgeschlagen, um die wegen der Niedrigzinsen geringen Renditen bei Staatsanleihen ausgleichen zu können. Auch entschied die Regierung, dass sich der Fonds schrittweise aus der Kohlebranche zurückziehe.

Damit haben die Fondsmanager bereits begonnen, allerdings in den Augen von Umweltschutzorganisationen nicht umfassend genug. Insgesamt gehören dem Ölfonds 1,4 Prozent sämtlicher auf der Welt ausgegebenen Aktien und 2,5 Prozent der europäischen. In Deutschland hält der Fonds über vier Prozent an den Dax-Unternehmen. 

Mehr: Diese Fonds werden nach dem Corona-Fiasko die Gewinner sein.

Startseite
Mehr zu: Ölfonds - Milliardenverlust und Personalärger – Norwegischer Staatsfonds in Turbulenzen
1 Kommentar zu "Ölfonds: Milliardenverlust und Personalärger – Norwegischer Staatsfonds in Turbulenzen"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • DAS ist der Unterschied! Norwegen investiert seine Überschüsse in die Zukunft.

    Das Land mit der höchsten Steuer- und Abgabenquote (Deutschland) erzielt in guten Jahren "gerade so" eine schwarze Null.

    In schlechten Jahren rufen die Politiker im Land mit der höchsten Steuer- und Abgabenquote nach noch höheren Steuern und Vermögensabgaben!

    Kann es sein, dass im Land mit der höchsten Steuer- und Abgabenquote die Ausgaben das Problem sind und nicht die Einnahmen?

    Gilt es nicht, Solidarität mit dem am meisten mit Steuern und Abgaben belasteten Volk zu zeigen? Ach ja, Solidarität gilt nur, wenn Deutschland bezahlt!

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%