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Vermögensverwaltung Anlageklasse der Rekorde: Investoren stecken Rekordsumme in Indexfonds

Europas Anleger kaufen immer mehr passive Fonds. Geringe Gebühren, niedrige Zinsen und die Digitalisierung verstärken den Trend.
09.02.2020 - 21:17 Uhr Kommentieren
Indexfonds auf populäre Messlatten wie das Stimmungsbarometer für deutsche Aktien sind beliebt. Quelle: dpa
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Indexfonds auf populäre Messlatten wie das Stimmungsbarometer für deutsche Aktien sind beliebt.

(Foto: dpa)

Frankfurt Anhaltende Erfolgsgeschichten sind rar in der Finanzbranche. Zu diesen Ausnahmen zählen Indexfonds. Im vergangenen Jahr investierten Anleger in Europa eine Rekordsumme in die Produkte. Nach einer Auswertung der Fonds-Ratingagentur Morningstar waren es insgesamt 170 Milliarden Euro. Davon entfallen 103 Milliarden Euro auf die börsennotierten Exchange Traded Funds, kurz ETF (siehe Grafik). „Sehr beeindruckend“ findet das Arnaud Llinas, ETF-Chef bei Lyxor Asset Management, dem drittgrößten Anbieter auf diesem Feld in Europa.

Experten sind sich einig: Der Boom ist trotz vieler Jahre hohen Wachstums noch nicht zu Ende. Das glauben sogar Vertreter von Fondshäusern, die vor allem aktiv verwaltete Produkte anbieten, deren Manager also ausdrücklich einen Mehrertrag im Vergleich zu einer Börsen-Messlatte erzielen wollen und so mit den Passiv-Anbietern konkurrieren. „Der Trend hält an“, sagt beispielsweise Christian Machts, Geschäftsführer bei Fidelity International in Deutschland.

Für den ETF-Marktführer Blackrock geht es eigentlich nur noch um das Tempo des weiteren Wachstums. „Bleiben die Finanzmärkte stabil, dürften wir im laufenden Jahr bei den ETF die Kapitalmarke von einer Billion Euro knacken“, sagt ETF-Deutschland-Chef Peter Scharl. Momentan liegt das Volumen in Europa bei 890 Milliarden Euro.

Indexfonds locken vor allem mit niedrigen Gebühren. Während beispielsweise aktiv verwaltete Aktienfonds für Privatanleger meist bis zu zwei Prozent Jahresgebühr verlangen, erreichen ETF etwa ein Zehntel dieser Belastung. Das meiste Geld steckt in Produkten auf populäre Indizes wie den S&P 500, den Euro Stoxx 50 oder den MSCI World. Diese Fonds kosten oft nur 0,1 Prozent Jahresgebühr oder sogar weniger. Außerdem gibt es bei ihnen keine Ausgabeaufschläge. Das ist die einmalige Verkaufsgebühr, die bei aktiv verwalteten Aktienfonds oft fünf Prozent beträgt.

In Europa kaufen bisher vor allem Großinvestoren ETF. Hier startete das Geschäft erst Anfang des Jahrtausends. In den USA gibt es die Indexfonds dagegen weit länger. Dort dominieren Privatanleger. „Bei uns ist das noch nicht so, weil für die klassischen Vertriebe die Verkaufsanreize fehlen“, sagt Elmar Schobel, Partner beim Wirtschaftsprüfer KPMG in Deutschland. Er meint damit: Bei den Produkten bekommen anbietende Banken weder einen Ausgabeaufschlag noch Vertriebsanteile an den Jahresgebühren der Fonds. Diese Gelder dienen den klassischen Absatzkanälen als Entlohnung für die Beratung.

In Zukunft dürften jedoch auch Privatanleger häufiger billige Indexfonds wählen. „Dafür sorgt etwa die zunehmende Gebührentransparenz“, sagt Machts. Seit zwei Jahren gilt eine EU-Finanzmarkt-Richtlinie. Sie schreibt vor, dass Anleger Produkt-Informationsblätter inklusive umfassender Gebührenangaben erhalten müssen. Das lenkt den Blick der Bankkunden auf die Preisvorteile gegenüber aktiven Fonds. Die ETF erweisen sich außerdem dank ihres Börsenhandels als passende Produkte beim Umbau der Finanzbranche. „Sie sind wie geschaffen für Online-Banken und digitale Vermögensverwalter“, meint Blackrock-Mann Scharl.

Grafik

Oft spielt den Indexprodukten auch das schlechte Abschneiden der aktiven Konkurrenten in die Hände. Ein Paradebeispiel sind die auf die Wall Street konzentrierten Aktienfonds. Das ist ein gut analysierter Markt, bei dem es Managern besonders schwerfällt, mit cleverer Titelauswahl höhere Erträge zu erzielen als ein Fonds, der den Leitindex S&P 500 abbildet.

„Langfristig schaffen das nur drei bis vier Prozent, deswegen haben Anleger in den USA ganz massiv auf Indexstrategien umgeschichtet“, sagt Ali Masarwah, Analyst bei Morningstar. Nach seinen Zahlen entfallen in Übersee bei den Aktienfonds für US-Standardwerte fast drei Viertel des Kapitals auf passive Strategien.

Laut Experten werden spezielle Themen die künftige Nachfrage nach Aktien-ETF treiben. Das gilt beispielsweise für den Trend zu nachhaltigen Investments. Hier offerieren Indexanbieter in jüngster Zeit entsprechende Indizes, auf denen viele neue Produkte basieren. „Das ist überdurchschnittlich gewachsen, und es wird so weitergehen“, glaubt Lyxor-Vertreter Llinas. Darüber hinaus finden noch weitere Fonds auf speziell gestaltete Indizes Absatz. Diese stellen Firmen nach Kriterien wie Dividendenstärke oder guten Fundamentaldaten zusammen, und sie werden regelmäßig neu sortiert.

Anleihen als kommendes Thema

Einen noch größeren Schub erwarten Experten von Anleihe-ETF. Die kamen erst recht spät an den Markt. Anbieter erhoffen sich größere Nachfrage, weil gerade Großinvestoren Bonds suchen. Im vergangenen Jahr kauften Anleger bereits in Rekordvolumen Anleihefonds, sowohl aktiv als auch passiv verwaltete. „Bei den Indexprodukten sind das breit anlegende Fonds inklusive Staatsanleihen, dazu kommen für gut bewertete Firmentitel, die immer häufiger Staatsbonds ersetzen, die ja teilweise Minuszinsen haben“, sagt Masarwah. Bei niedrigen Zinsen seien die Gebührenvorteile der passiven Anleihefonds noch stärker fühlbar.

Trotz des Booms der Indexprodukte ist ihr Anteil am gesamten Fondsvermögen noch moderat. In Europa ist er seit der Finanzkrise nur von 6,2 auf 18,9 Prozent gestiegen, wie Morningstar ausrechnet. In den USA liegt die Quote dagegen bei rund 40 Prozent. In der Vergangenheit gab es immer wieder Diskussionen, ob hohe Anteile passiver Investments nicht ab einem kritischen Niveau für die Finanzmärkte gefährlich werden und beispielsweise Börsen-Talfahrten beschleunigen könnten. Das Financial Stability Board, eine internationale Organisation zur Überwachung des Finanzsystems, äußerte sich bereits vor neun Jahren besorgt. Vor fünf Jahren warf der Milliardär Carl Icahn Blackrock-Chef Larry Fink vor, Anleihe-ETF seien ein Risiko.

Blackrock-Mann Scharl sieht zumindest kein systemisches Risiko. Dafür seien die Anteile noch zu gering. ETF würden zwar häufig gehandelt und könnten dann spürbare Teile der Börsenumsätze ausmachen. Doch der Blick darauf verzerre das Bild: „Da wechseln meist nur die ETF-Anteile den Besitzer, nur in einem Bruchteil der Fälle müssen die Fonds die eigenen Investments am Markt liquidieren.“ Wenig Sorgen macht sich auch Thomas Finke, Chef des Asset-Managers Barings: „Wir sind sehr weit weg von einer passiv dominierten Anlagewelt.“

Masarwah hält die Gefahrendiskussion ebenfalls für überzogen. Der Anteil der passiven Anlagen am Gesamtmarkt sei viel kleiner, als es auf den ersten Blick scheine, weil Einzelinvestments von Anlegern in die Rechnung nicht einbezogen seien. Außerdem müssten bei Ineffizienzen am Markt die aktiven Verwalter Vorteile haben und dadurch Mehrrenditen einstreichen. Masarwah sagt: „Das passiert aber nicht, deshalb sehe ich keinen Grund, Alarm zu schlagen.“

Liquidität zählt

Vincent Denoiseux, ETF-Experte bei Lyxor Asset Management, ergänzt: „Ich bin zwar nicht sehr besorgt, aber es gibt vielleicht Liquiditätsfragen.“ Tatsächlich bekamen vor allem im vergangenen Jahr einige Asset-Manager Schwierigkeiten. Das Problem: Anleger können Fondsanteile täglich handeln, doch teilweise sind manche Investments in den Fonds wenig liquide. Das kann dann zum Problem werden, wenn viele Anteilsinhaber aussteigen wollen und die Manager Positionen nicht verkaufen können, um die Fondsbesitzer auszuzahlen.

Solche Probleme hatte im vergangenen Jahr der Verwalter M&G mit einem Immobilienfonds in Großbritannien. Auch der bekannte britische Fondsmanager Neil Woodford scheiterte mit einem Aktienfonds an der Liquiditätsfrage. Negativ-Schlagzeilen machte ebenso der Londoner Verwalter H2O Asset Management mit seinem Flaggschiffprodukt. Betroffen waren in allen Fällen aber aktiv verwaltete Fonds, keine Indexprodukte.

Die Regulatoren haben jedoch reagiert. Die EU-Wertpapieraufsicht Esma meldete vergangene Woche, dass sie in diesem Jahr das Thema auf der Agenda habe. Sie will sich in einem ersten Schritt über das Liquiditätsmanagement der Verwalter sowie darüber informieren, wie bereits geltende Vorschriften eingehalten werden.

An wichtigen europäischen Fondsauflage-Standorten wie Luxemburg sehen die rechtlichen Vorgaben bereits Notmaßnahmen für solche Extremfälle vor. Dazu zählen beispielsweise flexible Rücknahmebeschränkungen von Fondsanteilen oder Preisabschläge, um zu schnelle Abflüsse in Krisenmomenten zu bremsen. Solche Möglichkeiten dürften bald auch Anbieter für ihre in Deutschland aufgelegten Produkte bekommen. Das verbucht der hiesige Fondsverbands BVI als Erfolg seiner eigenen Initiative; ein Sprecher sagt: „Die Änderung im Kapitalanlagegesetzbuch erwarten wir noch im ersten Halbjahr.“

Mehr: Fondsriese Vanguard senkt seine Gebühren in Europa

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