Anlagestrategie Unigestion-CEO Fiona Frick: Liquidität ist in der Krise wertvoller denn je

Die Chefin der Unigestion Group ist als Vorsitzende des Aktienanlageausschusses weiterhin in die Aktienstrategie involviert.
Frankfurt Fiona Frick ist eine der wenigen Frauen, die in der europäischen Finanzbranche die Karriereleiter ganz nach oben geklettert ist: Sie ist CEO des Schweizer Vermögensverwalters Unigestion Group.
Die Managerin war 1990 bei Unigestion eingestiegen, zunächst als Fundamentalanalystin für traditionelle Anlageklassen, später als Investmentmanagerin für High-Yield- und Wandelanleihefonds. 2011 wurde Frick zum Group Chief Executive Officer ernannt. Als Vorsitzende des Aktienanlageausschusses ist sie weiterhin in die Aktienstrategie involviert.
In Fricks Philosophie spielt die Liquidität eine ganz zentrale Rolle in der Anlagepolitik. Gerade in Krisen wie der Corona-Pandemie sieht sie sich in ihren Ansichten bestätigt: „In dieser Phase der aktuellen Krise an den Finanzmärkten ist die Liquidität der einzelnen Anlageklassen entscheidend“, sagt Frick. „Hier haben Aktien den Vorteil, dass es relativ einfach ist, Wertpapiere zu verkaufen.“
Anleihen hingegen, vor allem solche mit relativ schlechten Ratings wie zum Beispiel „BBB“, seien anfällig für Liquiditätsengpässe. „Hier besteht die Gefahr, dass der Markt vorübergehend austrocknet“, erläutert Frick.
Außerdem bestehe bei hochverzinslichen Anleihen aus dem Unternehmenssektor die Gefahr, dass die Anleger in eine Liquiditätsfalle geraten, weil sie keinen Käufer für die Produkte finden. Frick sagt: „Das gleiche Risiko sehe ich bei ETF-Produkten, die auf Hochzinsanleihen basieren. Sie suggerieren eine Liquidität, die im schlimmsten Fall aufgrund der zugrunde liegenden Vermögenswerte nicht vorhanden ist“.
ETF steht für „Exchange Traded Fund“, also einen börsengehandelten Fonds. Für diese Finanzprodukte gab es in den vergangenen Jahren eine starke Nachfrage.
Augenmerk auf Risikomanagement
Die Schweizer Unigestion legt großen Wert auf die Risikosteuerung. Eine „intelligente Risikobereitschaft ist der Schlüssel zu langfristig reibungsloseren und konstanteren Renditen“, heißt es in der Eigenwerbung. In der aktuellen Krise ist Unigestion diesbezüglich vor rund drei Wochen aktiv geworden: „Ende Februar haben wir auf die Signale unseres Risikomanagements reagiert und die Sektoren Tourismus, Luxusgüter und chinesische Bankaktien untergewichtet. Das Risikomanagement ist unsere DNA, es beeinflusst alles, was wir tun“, so Frick.
Trotz der massiven Kursverluste an den Aktienbörsen rät sie noch nicht zum Einstieg. Eine zentrale Rolle im Anlageprozess spielt das „Nowcaster-Modell“. Es besteht darin, die aktuelle Wirtschaftslage sowie die Marktbewertung und die Stimmung zu beurteilen. Dazu gehört die Auswertung öffentlicher Informationen und Marktdaten ebenso wie die Erschließung von Signalen aus Medien und sozialen Netzwerken.
„Auf dieser Grundlage empfehlen wir noch nicht den Wiedereinstieg in den Aktienmarkt. Zu viele Anleger, wie etwa Hedgefonds mit Trendfolgeprogrammen, könnten den Preis noch weiter nach unten drücken.“ Dennoch seien die Aktienbewertungen jetzt an einem Punkt angelangt, an dem sie interessant würden, sobald sich der Staub gelegt habe.
Bei Axa Investment Managers macht man sich auch schon Gedanken über die Zeit nach der Krise, wenn auch äußerst vorsichtig. „Auch Aktien könnten eine starke Basis für eine Erholung bieten“, meint Chefanlagestratege Chris Iggo. Einen weiteren Bullenmarkt erwartet er nicht, vielmehr schätzt er, dass sich die Preise irgendwo zwischen den jüngsten Tiefstständen und den Hochs von Anfang Februar dieses Jahres einpendeln werden.
Im Rahmen der systematischen Modelle analysieren die Unigestion-Experten auch die Liquidität der einzelnen Wertpapiere, das sei ihr unbedingter Fokus. Man sei – um es salopp auszudrücken – vom Thema Liquidität besessen. Mit den Analysewerkzeugen berücksichtige man beispielsweise das durchschnittliche tägliche Handelsvolumen sowie das sogenannte Left-Tail-Risiko der Liquiditätsverteilung, also die Tage mit der schlechtesten Liquidität.
Aktien von Roche und Iberdrola im Blick
Konkret werden bei Unigestion aus einem Universum von 6.000 Aktien rund 2.000 herausgefiltert, für die Umsetzung einer globalen Strategie bleiben am Ende zwischen 500 und 1.000 zur Auswahl übrig. Empfehlungen geben die Unigestion-Manager nicht, aber es gibt größere Positionen in den Musterportfolios. Der Pharmakonzern Roche gehört dazu, wobei hier die Krebsmedikamente hervorgehoben werden, aber auch die Diversifizierung in weitere Gebiete wie etwa die Behandlung von Multipler Sklerose.
Auch der Energiekonzern Iberdrola gehört dazu, der schon stark auf erneuerbare Energien setzt. Und bei der Brauerei Carlsberg wird das Geschäftsmodell als widerstandsfähig gegenüber Abschwüngen bezeichnet, was eine höhere Bewertung rechtfertige. Wenn eine Aktie wie etwa Roche nach der Analyse nicht negativ auffällt, dann kauft Unigestion das Papier.
Das bedeute nicht, dass man unbedingt eine positive Meinung haben müsse. Es könne einfach bedeuten, dass der Wert gut in das Portfolio passe, weil er gut mit den anderen harmoniere, wie eine Fußballmannschaft, sagt Frick.
Von den Zinsschritten der Notenbanken verspricht sich die Geldmanagerin wenig. „Gegenwärtig kann die Geldpolitik wenig tun, jetzt braucht Europa eher Ausgabenprogramme. Was jetzt gebraucht wird, ist ein koordiniertes Vorgehen, zum Beispiel im Rahmen der G8“, sagt die Expertin, die mehrmals von „Financial News“ als eine der 100 einflussreichsten Frauen in Europas Finanzbranche ausgezeichnet wurde.
Die unvermindert hohe Volatilität an den Märkten sowie die Geschwindigkeit und Dimension der Marktkorrektur dürften nach Ansicht des deutschen Fondshauses DWS dazu führen, dass noch zahlreiche Portfolioumschichtungen vollzogen werden müssen, was das Marktgeschehen der nächsten Tage weiterhin erratisch aussehen lassen sollte.
Bei einer deutlichen Ausschöpfung der Risikobudgets aufgrund der gemessenen höheren Risiken würden viele Anleger weiter daran arbeiten müssen, sich von Aktien und Unternehmensanleihen zu trennen. Auch die Hilfspakete der Zentralbanken könnten daran nur wenig ändern.
Trotz aller Expertise kam die Wucht des Coronaschocks auch für die Schweizer Vermögensverwalter bei Unigestion überraschend. „Da sich das Risiko des Coronavirus innerhalb weniger Tage von einer chinesischen Epidemie zu einem weltweiten Phänomen entwickelt hat, das die globale Produktion und den globalen Konsum beeinflusst, wurde das Szenario der V-Form, das im Vergleich zur letzten Epidemiekrise das wahrscheinlichste war, schnell zu optimistisch“, erläutern die Strategen.
Die Informationen, die man aus den sozialen Medien erhalten konnte und die wertvoll gewesen seien, waren die Revisionen von Gewinnerwartungen, die von den Unternehmen veröffentlicht wurden. Dies seien Vorlaufindikatoren im Vergleich zu den öffentlichen Wirtschaftsdaten gewesen. In China gibt es erst jetzt, zwei Monate nach Beginn der Pandemie, offizielle Wirtschaftsdaten über die wirtschaftliche Verlangsamung – und mittlerweile auch über die einsetzende Erholung.
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