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Anlagestrategie Wie sich Profis an der Börse positionieren

Die Unsicherheit der Anleger ist derzeit groß. Ist die aktuelle Börsen-Rally nachhaltig? Die Mehrheit der Investoren hat dazu eine klare Ansicht.
24.04.2020 - 20:06 Uhr 1 Kommentar
Viele Anleger rätseln, wohin die Märkte sich bewegen werden. Quelle: dpa
Börse in Frankfurt

Viele Anleger rätseln, wohin die Märkte sich bewegen werden.

(Foto: dpa)

Frankfurt Die Unsicherheit ist groß. Der Ölpreis und viele Aktienkurse sind im Keller. Die Stimmung unter vielen Managern ist schlecht. Die Coronakrise hält die Finanzmärkte jeden Tag aufs Neue in Atem. Viele Anleger denken nun stärker als je zuvor darüber nach, wo sie ihr Geld in diesen unsteten Zeiten noch anlegen sollen.

Denn das heftige Auf und Ab an den Märkten zeigt, dass noch längst keine Ruhe an den Börsen eingekehrt ist. Das lässt viele Anleger an ihrer bisherigen Geldanlage zweifeln. Behalten oder lieber verkaufen? Gerade bei Aktien ist das für viele Anleger derzeit eine wichtige Frage.

Das macht es für die Aktionäre schwierig. Umso interessanter ist die Einschätzung von Profi-Investoren, wie es in nächster Zeit weitergeht. Laut einer aktuellen Befragung der Deutschen Bank, die am 17. April abgeschlossen wurde, sind die Erwartungen für die Börse sehr unterschiedlich – je nachdem, welcher Zeitraum betrachtet wird. Wenn es um die längerfristige Sicht geht, ist die Zuversicht der Investoren groß, dass es am Aktienmarkt weiter aufwärts geht, trotz einer bereits beachtlichen Erholung.

Mit Blick auf den maßgeblichen US-Index Standard & Poor’s 500 erwarten 64 Prozent der Befragten, dass das Barometer in einem Jahr höher als heute steht. 26 Prozent rechnen sogar mit „deutlich höheren Kursen“. Für Europa herrscht nicht ganz so viel Zuversicht, gemessen am Index Stoxx 600. Hier erwarten 58 Prozent der Befragten einen Anstieg des Indexes – 22 Prozent deutlich höhere Kurse.

Kurzfristig sieht das Bild aber ganz anders aus. Der Blick auf die kommenden drei Monate fällt sowohl in den USA als auch in Europa getrübt aus. Mehrheitlich rechnen die Befragten auf beiden Seiten des Atlantiks mit niedrigeren Kursen: 51 Prozent sagen dies für die USA vorher, sogar 53 Prozent für Europa.

Normalisierung im September

Die Zerrissenheit der Investoren zeigt sich ebenfalls bei der Frage, wann sich die Situation in der westlichen Welt wieder größtenteils normalisieren wird. Während bei einer Umfrage im März noch mit einer Normalisierung des Lebens im Sommer gerechnet worden ist, sind in der Zwischenzeit 60 Prozent der Befragten davon überzeugt, dass es frühestens im September so weit sein könnte. Den Optimismus für die Aktienmärkte hat das bisher aber nicht bremsen können.

Auch die Signale der Ökonomen sind verwirrend. Die im ZEW-Index gebündelten, mittelfristigen Konjunkturerwartungen von rund 400 befragten Analysten und Großanlegern sprangen im April auf den höchsten Stand seit Juli 2015 und sendeten die Botschaft eines nur kurzzeitigen Einbruchs der Wirtschaft aus.

Beim Ifo-Geschäftsklimaindex sieht das Ergebnis allerdings wieder ganz anders aus. Der vom Münchener Ifo Institut errechnete Index fiel massiv und liegt nun unter dem Stand nach der Pleite der Investmentbank Lehman vor rund zehn Jahren. Der Bankrott hatte damals eine Finanzkrise ausgelöst.

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Für die Märkte gilt es nun, die Dinge neu zu sortieren. Dass die Eindämmungsmaßnahmen gelockert werden und auch erste Autohersteller die Produktion wieder hochfahren, sind gute Nachrichten. Doch es stellt sich die Frage: Wie lange bremst das Virus die Wirtschaft noch und wie stark sind die langfristigen konjunkturellen Schäden? Für Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, „kann es darauf derzeit keine klare Antwort geben“. Für den Experten heißt es, auf Sicht zu fahren und in Szenarien zu denken.

Etwas mehr Aufklärung über die tatsächliche Lage dürfte die anstehende Quartalssaison geben. Nach Marktkapitalisierung gerechnet, legen 40 Prozent der im S&P 500 und 20 Prozent der im Stoxx 600 gelisteten Unternehmen in den nächsten Tagen ihre Quartalszahlen vor. Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank, befürchtet tiefrote Zahlen.

Er begründet das mit den bisher veröffentlichten Berichten in den USA, die noch schlechter als schon erwartet ausgefallen seien. „Die Gewinne lagen 24 Prozent unter dem Vorjahresniveau, neun Prozent niedriger als von den Analysten erwartet. Auch der Anteil der Unternehmen, die die Analystenerwartungen übertrafen, ist historisch gering“, betont er. In Europa sieht es nach den Worten Stephans angesichts des bisherigen Gewinnrückgangs um elf Prozent zwar auf den ersten Blick etwas besser aus, doch die Zahlen sollten sich noch verschlechtern.

Im Fokus der Märkte dürften vor allem die Berichte von Unternehmen stehen, die Anleger zuletzt wegen ihrer stabilen Geschäftsmodelle und Bilanzen gekauft haben. Komme es hier zu bösen Überraschungen bei den Geschäftsausblicken oder den Dividenden, werde es am Markt erhöhte Schwankungen geben, sagt Stephan voraus.

Unterstützung für Aktien kann jedoch von der Anleiheseite kommen, auch wenn das auf den ersten Blick nicht so aussieht. Denn angesichts der Corona-Pandemie rechnen Experten wie Alexander Buhrow von der DZ Bank mit einem dramatischen Einbruch beim privaten Konsum. Er rechnet mit sinkenden verfügbaren Einkommen angesichts steigender Arbeitslosenzahlen und einer Lohnzurückhaltung. Gleichzeitig „steigt die Sparquote tendenziell an“, urteilt Buhrow.

Auf die Anleihemärkte übersetzt bedeutet das nach der Umfrage der Deutschen Bank: In den nächsten drei Monaten rechnen die Befragten mit weiter fallenden Renditen bei US-Staatsanleihen, obwohl diese sich ihrem historischen Tief wieder nähern. In Europa sind es bei Bundesanleihen immerhin 31 Prozent der Befragten, die mit fallenden Renditen rechnen. Und das macht Aktien als Alternative attraktiver. Auf der Sicht von zwölf Monaten dreht sich die Erwartung allerdings. Dann wird mit steigenden Zinsen gerechnet.

Michael Grady, Chefstratege der Fondsgesellschaft des britischen Versicherers Aviva, räumt ein, dass die Unsicherheiten groß sind. Das genaue Ausmaß der Rezession lasse sich nicht vorhersagen, die Entwicklung der Virusausbreitung ebenfalls nicht, urteilt Aviva. Davon aber hingen die wirtschaftlichen Auswirkungen ab und die geldpolitische sowie fiskalische Reaktion.

Während die kurzfristigen Risiken stark nach unten gerichtet seien, dürfte sich nach Ansicht der Experten die Konjunktur Ende 2020 und Anfang 2021 aber rasch erholen. Angesichts dieses Szenarios hat Aviva nach den Worten von Grady die Übergewichtung von Staatsanleihen zunächst einmal verstärkt. „Die Zentralbanken werden unserer Meinung weiterhin darauf hinwirken, einfache monetäre Bedingungen aufrechtzuerhalten und gleichzeitig einen fiskalpolitischen Spielraum ohne höhere Zinsen zu schaffen.“

Vorsicht bei Unternehmensanleihen

Beim Blick auf einzelne Anlageklassen findet Marcel Müller, Leiter des Portfoliomanagements von HQ Trust, dem Family Office der Familie Harald Quandt, momentan wenig Gefallen an Unternehmensanleihen, die eine gute Investmentqualität besitzen. Zwar hätten sich die Renditeaufschläge auf rund drei Prozentpunkte verdreifacht und seien damit von der Bewertung her im Vergleich zu Aktien durchaus attraktiv.

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Trotzdem rät der Experte davon ab, Unternehmensbonds „massiv zu präferieren“. Er begründet das mit der Ausfallrate. „Sie liegt bei globalen Unternehmensanleihen mit hoher Kreditqualität aktuell bei 3,5 Prozent“, sagt Müller. Im langfristigen Durchschnitt sieht er sie dagegen unter einem Prozent.

Aktien hält der Kapitalmarkt-Profi dagegen grundsätzlich für interessant. Weltweit lägen die Dividendenrenditen mit Ausnahme der USA derzeit noch über dem historischen Durchschnitt. Aber gleichzeitig warnt Müller: „Angesichts von niedrigeren Gewinnerwartungen dürften die Ausschüttungen reduziert werden.“

Vorsicht sei deshalb auch bei gerne verwendeten Maßstäben wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis, also der Höhe des Aktienkurses im Vergleich zum erwarteten Ergebnis, geboten. Dennoch: „Im Vergleich zu Anleihen sind Aktien deutlich unterbewertet“, legt sich der Experte fest.

Als besonders attraktiv für Anleger hält Heinz-Werner Rapp, Leiter des Feri Cognitive Finance Institute, vor allem Firmen aus dem Bereich Digital- und Telekommunikationstechnologien. Diese dürften weiter dynamisch wachsen. Wer in die Gewinner von Morgen investieren will, dem rät Rapp in Firmen in den Bereichen 5G, Videokommunikation und Künstliche Intelligenz sowie Sektoren wie Telemedizin, Robotik und Datensicherheit ihr Geld anzulegen.

Auch Technologien, die den sozialen Trend „Cocooning“ unterstützten, würden sich künftig stärker durchsetzen. „Profiteure wären Unternehmen mit dem Schwerpunkt Smart Homes, Digital Entertainment und Digital Services“, sagt der Experte. Vor diesem Hintergrund sieht er die Coronakrise vor allem als Chance für Anleger.

Mehr: Extreme an den Aktienmärkten: Analysten fürchten neue Einbrüche.

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1 Kommentar zu "Anlagestrategie: Wie sich Profis an der Börse positionieren "

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  • Ob du wirklich richtig stehst, siehst du wenn das Licht angeht!!

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