Dax-Umfrage Anlegern stehen wohl noch nervenzehrende Wochen bevor

Privatanleger sichern sich weniger gegen Kursverluste ab.
Düsseldorf Da erreicht der deutsche Leitindex am vergangenen Mittwoch mit 14.197 Punkten ein Rekordhoch und steigt am heutigen Montag im Handelsverlauf mit 14.402 Punkten sogar auf eine neue Bestmarke – doch anstatt in Partylaune zu sein, waren die Anleger am Wochenende pessimistisch. Die Stimmung laut der aktuellen Handelsblatt-Umfrage Dax-Sentiment unter mehr als 4500 Anlegern ist gegenüber der Vorwoche zwar leicht angestiegen, liegt aber immer noch im negativen Bereich. Negative Werte beim Sentiment signalisieren Pessimismus.
„Irgendetwas scheint die Anleger zu stören“, meint Stephan Heibel nach Auswertung der Handelsblatt-Erhebung. Er hat eine wesentlich bessere Stimmung angesichts des neuen Rekordhochs erwartet. Seiner Meinung nach stehen den Anlegern tatsächlich noch einige nervenzehrende Wochen bevor.
Um das zu verstehen, muss man auf die Dax-Kurve der vergangenen Monate schauen. Anfang November des vergangenen Jahres begann die Impfstoffrally, die bislang nur einen ernsthaften Rücksetzer hatte.
Ende Januar rutschte der Dax von 14.000 auf 13.311 Punkte, um direkt im Anschluss wieder auf 14.000 Zähler zu steigen. Seither pendelt der Dax seitwärts, erreichte nur mit großer Mühe ein neues Rekordhoch, verpasste jedoch mehrere Gelegenheiten, die Impfstoffrally fortzusetzen.
Nun steigen die Zinsen wieder, die Rendite für US-Staatsanleihen liegt mittlerweile auf einem Wert von rund 1,6 Prozent. Dadurch werden Anleihen attraktiver. Und derzeit läuft immer noch die intensive Rotation raus aus den Corona-Gewinnern und rein in die zyklischen Industrieaktien.
Bleibt es bei der kurzen, aber heftigen Korrektur vom Januar? Oder müssen die Anleger noch die Stimmungsschwankungen einer größeren Abwärtsbewegung erleben? Die wären in der richtigen Reihenfolge: Euphorie, Ignoranz, Angst, Kapitulation und schließlich Akzeptanz des neuen, dann jedoch tieferen Kursniveaus. „Das ist der Kreislauf, den die Stimmung der Anleger durchläuft, wenn eine ausgewachsene Korrektur an den Märkten wütet“, erläutert der Inhaber des Analysehauses Animusx.
Solche Stimmungsschwankungen, die den Weg für eine Fortsetzung der Rally frei machen, können schnell über die Bühne gehen. Ein Beispiel ist der Kursverlauf Ende Januar dieses Jahres: Innerhalb von nur vier Tagen war diese Korrektur beendet. Nach dem Kursrutsch auf 13.311 Zähler herrschte Panik unter den Anlegern, das ließ den Dax innerhalb von vier Tagen wieder auf fast 14.000 Punkte steigen.
Die andere Möglichkeit: Diese verschiedenen Stimmungen können auch im Rahmen einer Seitwärtsbewegung durchlaufen werden. Doch das nimmt einen wesentlich längeren Zeitraum in Anspruch, bis die Anleger ihre Hoffnungen auf eine Rally aufgeben und letztendlich wieder den Weg für höhere Kurse freimachen.
Für die länger dauernde Variante sprechen zwei Fakten: Zum einen ist die Stimmung derzeit noch nicht pessimistisch genug. Mehrere Anläufe auf das Rekordhoch und nun auch die neue Bestmarke am vergangenen Mittwoch wurden sofort für Gewinnmitnahmen genutzt. „Es wird immer fraglicher, ob ein nachhaltiges Überwinden des Allzeithochs mit einer anschließenden neuen Dynamik für die Fortsetzung der Rally ohne Anlauf gelingen kann“, meint der Sentimentexperte.
Anlauf an der Börse heißt zunächst tiefere Kurse, getreu dem Motto: Wer hoch springen möchte, muss zuvor tief in die Knie gehen. Einen beeindruckenden Anlauf gab es zuletzt Ende Oktober des vergangenen Jahres, als der Dax auf 11.450 Punkte abrutschte und damit den Weg für die Impfstoffrally ebnete.
Doch zum anderen wird solch ein Anlauf stets verhindert. Jeder Rücksetzer wurde bislang stets frühzeitig aufgefangen. Die Aussicht auf ein Ende der Corona-Pandemie beflügelt natürlich die Hoffnungen der Anleger auf eine Rally-Fortsetzung.
„Seitwärtsbewegungen können nervenzehrend sein, wie wir in diesen Wochen erleben“, meint Heibel. „Derzeit spricht einiges dafür, dass unsere Nerven noch ein wenig strapaziert werden müssen, bevor die Rally fortgesetzt werden kann.“
Die aktuellen Umfragewerte
Das Aktiensentiment ist von minus 2,4 in der Vorwoche leicht auf minus 1,4 angestiegen. Damit zeigt das kurzfristige Sentiment weiterhin eine relative Niedergeschlagenheit an. In einer Woche, in der ein neues Rekordhoch erklommen wurde, ist eine so depressive Stimmung bemerkenswert.
Auch die Verunsicherung, die in der Vorwoche mit einem Wert von minus 5,2 sehr groß war, ist in dieser Woche lediglich auf minus 3,3 angestiegen. Von Selbstzufriedenheit sind Anleger weit entfernt.
Die Erwartung für die weitere Dax-Entwicklung in drei Monaten ist leicht auf 3,2 zurückgekommen: Optimisten dominieren weiterhin klar die Erwartungshaltung der Anleger, der Optimismus ist weiterhin groß. Das könnte den Impfkampagnen zuzuschreiben sein, die der Corona-Pandemie in absehbarer Zeit ein Ende setzen werden.
Und auch die Investitionsbereitschaft ist mit einem Wert von 1,6 nach 2,3 in der Vorwoche weiterhin groß. Es ist also davon auszugehen, dass bei Kursrückschlägen frühzeitig gekauft wird und diese somit abgefangen werden.
Das Euwax-Sentiment der Privatanleger zeigt mit einem Wert von minus zwei eine leichte Absicherungsneigung der Anleger an. Es wird also wieder weniger auf steigende Kurse gewettet, vielmehr versucht man, die erzielten Buchgewinne mit Put-Scheinen abzusichern. In den vergangenen zwölf Monaten war die Absicherungsneigung der Privatanleger jedoch meistens wesentlich größer, Werte von minus fünf waren die Norm, teils wurden sogar Extremwerte von minus 13 erreicht.
Das Put-Call-Verhältnis an der Chicagoer Terminbörse zeigt weiterhin eine extrem bullische Positionierung an. Insbesondere für Aktien gehen US-Anleger von steigenden Kursen, also von einer Fortsetzung der Rally aus. US-Fondsmanager hingegen sind vorsichtiger, die Investitionsquote wurde diese Woche auf 65 Prozent stark zurückgefahren. In der Vorwoche stand sie noch bei 85 Prozent, vor zwei Wochen sogar bei 108 Prozent.
Bei den US-Privatanlegern hingegen haben die Bullen weiterhin das Sagen: Das Bulle-Bär-Verhältnis steht bei 15 Prozent und damit zugunsten der Bullen.
Der technische „Angst-und-Gier-Indikator“ der US-Märkte zeigt mit einem Wert von 48 Prozent eine neutrale Marktverfassung an. Auch kurzfristige technische Signale notieren derzeit im neutralen Bereich.
Hinter Erhebungen wie dem Dax-Sentiment mit mehr als 4000 Teilnehmern stehen zwei Annahmen: Wenn viele Anleger optimistisch sind, haben sie bereits investiert. Dann bleiben nur wenige übrig, die noch kaufen und damit die Kurse in die Höhe treiben könnten. Umgekehrt gilt: Wenn die Anleger pessimistisch sind, haben sie mehrheitlich nicht investiert. Dann können nur noch wenige verkaufen und damit die Kurse drücken.
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