Dax-Umfrage Dax könnte kurz vor Jahresendrally stehen – Rücksetzer wäre letzte Einstiegschance

Der Dax könnte bald aus einer aktuellen Seitwärtsbewegung ausbrechen.
Düsseldorf Der deutsche Leitindex Dax könnte vor dem Start einer Jahresendrally stehen. Das ist das Ergebnis der Handelsblatt-Umfrage Dax-Sentiment unter mehr als 6000 Privatanlegern. Sollte es noch einmal zu einem Rückschlag kommen, wäre das womöglich die vorerst letzte Kaufgelegenheit.
Die Stimmung der Anleger ist demnach gut und bewegt sich mit 2,8 auf dem Niveau der Vorwoche (2,9). „Die mehrmonatige Seitwärtsbewegung könnte sich schon bald in eine Fortsetzung der Impfstoffrally auflösen“, sagt Sentiment-Experte Stephan Heibel, der die wöchentliche Umfrage für das Handelsblatt auswertet.
Für steigende Kurse spricht zudem der Fünf-Wochen-Durchschnitt des Sentiments: Dieser liegt aktuell bei relativ niedrigen minus 1,7. „Dieser Wert hat sich in der Vergangenheit häufig als guter Indikator für steigende Kurse bewährt“, sagt Heibel. „Das muss nicht morgen losgehen, tendenziell ist diesen Sentimentdaten zufolge jedoch eher mit steigenden Kursen in den kommenden Wochen zu rechnen.“
Der Geschäftsführer des Analysehauses AnimusX will zwar einen weiteren zwischenzeitlichen Rücksetzer nicht ausschließen, erklärt aber gleichzeitig: „Das wäre dann in meinen Augen eine letzte Kaufgelegenheit vor der Weihnachtsrally.“
Entscheidend ist, dass der Fünf-Wochen-Durchschnitt offensichtlich vor zwei Wochen bei minus 9,3 einen Boden erreichte und nun steigt. In der Vergangenheit war diese Konstellation häufig ein Indiz für anziehende Kurse: Während des Coronacrashs beispielsweise erreichte der Wert in der letzten Märzwoche seinen tiefsten Stand (minus 31,1) – eine Woche nachdem auch der Dax seinen Tiefstand erreicht hatte. Anschließend arbeiteten sich sowohl Dax als auch Fünf-Wochen-Durchschnitt wieder nach oben.
Grundsätzlich gilt dabei: Je tiefer der Wert ins Minus fällt, desto länger kann die Rally dabei anhalten. Ähnlich war es Anfang November des vergangenen Jahres, als der Fünf-Wochen-Durchschnitt ins Minus rutschte und kurz vor dem Start der Impfstoffrally bei minus 11,9 seinen Boden erreichte.
Der nun steigende Fünf-Wochen-Durchschnitt könnte also ein Zeichen sein, dass die Herbstkorrektur mit einem Rücksetzer auf 14.819 Punkte Anfang Oktober beendet worden ist. Seit dem temporären Abrutschen des Dax unter die 15.000er-Marke ging es aufwärts auf aktuell rund 15.600 Punkte. Dieser Aufwärtstrend blieb trotz des kleinen Wochenminus in der vergangenen Woche intakt, da der Leitindex sowohl höhere Wochenhochs als in der Vorwoche erzielte (15.615 gegenüber 15.599 Punkte) als auch höhere Wochentiefs (15.407 gegen 15.012 Punkte) – die klassische Definition einer Aufwärtsbewegung.
Bei den Anlegern sorgt das für gute Stimmung. Denn bei 76 Prozent der Befragten haben sich die Erwartungen in der vergangenen Woche voll oder zum größten Teil erfüllt. Die Selbstzufriedenheit ist dadurch auf 2,2 gestiegen. Damit ist dieser Wert so hoch wie zuletzt Mitte April. Anschließend gab der Dax zwar zunächst leicht nach, stieg anschließend aber erstmalig über die Marke von 15.600 Punkten.
Gleichzeitig ist aktuell die Zukunftserwartung hoch: In der Vorwoche war diese auf den Extremwert von 5,2 gesprungen und ist nun auf ein verträgliches Niveau von 3,8 zurückgekehrt.
Ähnlich hat sich die Investitionsbereitschaft bewegt, die auf Wochensicht von 3,8 auf 2,7 gesunken ist. Nahezu zwei Drittel der Befragten wussten bei Abstimmung noch nicht, ob sie in dieser Woche handeln wollen.
Grundsätzlich sprechen solch positive Werte nicht für steigende Kurse, erklärt Heibel: „Normalerweise steigen Aktienmärkte ,an der Mauer der Angst‘. Probleme sind also häufig die Voraussetzung für steigende Kurse. Die Lösung der Probleme markiert häufig das Top am Aktienmarkt.“ Die nach wie vor hohe Zuversicht der Anleger passt nicht ganz zu dieser Theorie.
Aufgelöst wird dieser Widerspruch durch die vorläufigen Ergebnisse der AnimusX-Umfrage, die auch die Investitionsquote einbezieht. Diese ist um 14 Prozentpunkte auf 37 Prozent gefallen. Anleger haben also in der vergangenen Woche ihre Positionen verkleinert. Im Gegenzug ist ihre Cashquote leicht angestiegen.
Gleichzeitig ist auch deren Shortquote ein wenig hochgegangen. Ablesbar ist das am Euwax-Sentiment der Börse Stuttgart, an der Privatanleger handeln. Dieses ist leicht ins Minus gerutscht. Anleger sind also erste Absicherungen eingegangen, um die Kursgewinne zu sichern. Inflationssorgen, Lieferkettenprobleme, ansteigende Coronazahlen und Spannungen mit China gelten dabei als belastende Faktoren.
„Das heißt, es gibt eine ganze Reihe von Anlegern, die in den aktuellen Kursen ein vorläufiges Hoch sehen, ihre Gewinne eingesackt haben und mit einem kleinen Teil auf fallende Kurse spekulieren“, erklärt Heibel. Sollten sich die Erwartungen dieser Anleger nicht erfüllen, könnten sie den steigenden Kursen hinterherlaufen und die Rally weiter antreiben.
Lage in den USA
Das Put-Call-Verhältnis der Chicagoer Terminbörse Cboe zeigt Long-Spekulationen an den US-Börsen an – also Wetten auf steigende Kurse. Das passt zu den US-Fondsmanagern, die ihre Investitionsquote von 64 Prozent auf 98 Prozent hochgeschraubt haben.
Auch die US-Privatanleger sind optimistisch: Das Bulle-Bär-Verhältnis beträgt 19 Prozent – die Zahl der Befragten, die mit steigenden Kursen rechnen, ist also um 19 Prozentpunkte größer als die Gruppe, die mit fallenden Kursen rechnet, und zeigt einen klaren Bullen-Überhang an. Mit 46,9 Prozent sind zudem deutlich mehr Bullen unterwegs als im vergangenen halben Jahr.
Der technische Angst-und-Gier-Indikator des S&P 500 zeigt mit einem Wert von 69 Prozent leichte Gier an. „Das ist ein deutlicher Anstieg gegenüber den vergangenen Wochen, in denen die Angst dominierte“, sagt Heibel.
Auch der Short-Range-Oscillator des S&P 500 – ein Indikator, der eine Reihe verwandter Variablen von Handelsdaten berücksichtigt – ist deutlich angestiegen: Der aktuelle Wert von 4,5 zeigt eine überkaufte Marktverfassung und warnt kurzfristig vor einer Konsolidierung
Weitere Anlageklassen
Bitcoin: Die Kryptowährung hat in der vergangenen Wochen mit 66.930 Dollar ein neues Rekordhoch erreicht, aktuell liegt die Cyberdevise bei rund 63.000 Dollar. Laut dem Ergebnis der Handelsblatt-Umfrage ist jetzt Vorsicht angesagt. „Das letzte Mal, als die Stimmung so hoch stand, folgte eine mehrmonatige Korrektur“, warnt Heibel.
Öl: Am Ölmarkt erreichen die Preise für die Nordseesorte Brent und die US-Sorte WTI derzeit mehrmonatige Höchststände: Der Preis für Brent ist auf Monatssicht um rund zehn Prozent gestiegen, der für WTI um rund zwölf Prozent. Am Markt ist die Euphorie größer denn je – ein Warnsignal, weshalb Heibel rät: „Vorsicht hinsichtlich der Ölpreisentwicklung ist angeraten.“
Hinter Erhebungen wie dem Dax-Sentiment mit mehr als 6000 Teilnehmern stehen zwei Annahmen: Wenn viele Anleger optimistisch sind, haben sie bereits investiert. Dann bleiben nur wenige übrig, die noch kaufen und damit die Kurse in die Höhe treiben könnten. Umgekehrt gilt: Wenn die Anleger pessimistisch sind, haben sie mehrheitlich nicht investiert. Dann können nur noch wenige verkaufen und damit die Kurse drücken.
Sie wollen an der Umfrage teilnehmen? Dann lassen Sie sich automatisch über den Start der Sentiment-Umfrage informieren und melden Sie sich für den Dax-Sentiment-Newsletter an. Die Umfrage startet jeden Freitagmorgen und endet Sonntagmittag.
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