Dax-Umfrage Euphorische Anleger strotzen vor Selbstsicherheit – Die Börsenrally kann noch weitergehen

Viele Anleger stehen der Dax-Rally skeptisch gegenüber.
Düsseldorf Mit dem Sprung über die Marke von 15.000 Punkten in der vergangenen Handelswoche hat sich die Anlegerstimmung komplett verändert. Mittlerweile schwelgen die Anleger in Euphorie. Das zeigt die aktuelle Auswertung der Handelsblattumfrage Dax-Sentiment. Nach einem Dax-Wochenplus von 2,4 Prozent ist das Sentiment auf einen Wert von 5,4 gestiegen. In der Vorwoche lag es noch bei 2,5.
Ab einem Wert von vier signalisiert das Dax-Sentiment Euphorie, was als Kontraindikator für fallende Kurse gilt. Doch für Stephan Heibel, der die wöchentliche Umfrage auswertet, gilt: „Die Euphorie, die Feierlaune, die wir derzeit messen, ist alleine noch kein Hinweis darauf, dass wir bald mit einem Börseneinbruch zu rechnen haben.“
„Wer gerne feiert, der weiß: Die besten Partys dauern länger, als man es für möglich gehalten hätte“, erläutert der Sentimentexperte. „So ist es auch an der Börse.“ Im Gegensatz dazu hält Angst und Panik, die gegensätzliche Anlegerstimmung, nur für einen kurzen Zeitraum an und kann daher gut als Indikator für ein Börsentief genutzt werden.
Die Euphorie zeigt aber auf: Die Rally befindet sich in einem späten Stadium. Für Heibel können die Kurse noch weiter steigen. Doch er hält Absicherungen für sinnvoll, damit Anleger bei einem Rücksetzer nicht auf dem falschen Fuß erwischt werden.
Kritischer als die derzeitige Euphorie bewertet Heibel die aktuell hohe Selbstzufriedenheit der Anleger. Mit einem Wert von 4,0 strotzen sie vor Selbstsicherheit, was wiederum schnell Fehler beim Aktienhandel mit sich bringen könnte.
Die Zukunftserwartung ist dagegen eingebrochen, vermutlich auch durch den Sprung beim Dax über die Marke von 15.000 Punkten. Vor einer Woche hatten die Bullen bei einem Wert von 1,0 noch knapp die Mehrheit, nun dominieren die Bären bei einem Wert von minus 1,9. Dieser Pessimismus ist eher eine Belastung für weitere Kursgewinne.
Entsprechend ist die Investitionsbereitschaft mit einem Wert von nur noch 0,4 (Vorwoche 1,4) sehr gering. Es drängt sich die Frage auf: Wer soll auf diesem Kursniveau für weiter steigende Kurse sorgen?
Insgesamt sind die Gegensätze hierzulande im Vergleich zu den Börsen jenseits des Atlantiks größer geworden. Während in den USA eine bullische Stimmung herrscht, sichern Anleger hierzulande ihre Gewinne ab. In den USA ist die Freude über den Impffortschritt sowie über das Konjunkturprogramm groß, auch die Pauschalzahlung von 1400 Dollar an alle US-Bürger, die in diesen Tagen als Scheck in die Haushalte flattert, dürfte der guten Laune zuträglich sein.
In Deutschland hingegen gibt es immer neue Probleme bei der Impfkampagne und bei den Lockdown-Maßnahmen. Auch von Corona-Hilfen sehen viele Unternehmen derzeit nur wenig. Die Schlussfolgerung daraus: Die Konjunktur in Deutschland wird sich erst zu einem späteren Zeitpunkt erholen, während die Wirtschaft in China und den USA schon wieder brummt. Dass der Dax in solchen Situationen neue Rekordhochs erklimmt, ist für viele Anleger nur schwer nachvollziehbar.
Doch die deutsche Industrie ist eine Exportindustrie. Wenn es wichtigen Handelspartnern wie den USA und China gut geht, floriert auch die deutsche Wirtschaft. Das spiegelt sich in der Rekordjagd vom Dax wider.
Werden internationale Anleger investieren?
Gegenläufig zum Dax ist der Euro-Wechselkurs zum US-Dollar gefallen. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Dax-Rally bislang nicht durch internationale Anleger getrieben wurde. Wenn sich nun zeigt, dass die globale Konjunktur durch China und die USA angetrieben wird, könnten internationale Anleger nach Profiteuren suchen. Dafür ist der Dax ein beliebtes Anlagevehikel. „Es gibt Szenerien, die den Dax weiter in die Höhe treiben könnten, auch wenn die heimischen Anleger nicht mehr zu Käufen bereit sind“, erläutert der Sentimentexperte.
Natürlich ist auch das Gegenteil möglich: Sollte das internationale Interesse am Dax ausbleiben, könnten schnell die nächsten Käufer fehlen, die für noch höhere Kurse sorgen. Entsprechend ist auch ein baldiges Ende der Rally möglich.
Das Euwax-Sentiment der Börse Stuttgart, an der Privatanleger handeln, ist auf fast minus 16 abgestürzt. Je weiter dieser Wert ins Minus rutscht, desto höher ist der Anteil von Put-Produkten, die bei fallenden Kursen im Wert steigen. Der Wert zeigt also, dass Anleger ihre Buchgewinne aktuell vermehrt mit Put-Scheinen absichern.
Ein Vergleich verdeutlicht, wie extrem hoch dieser Wert ist. Als nach dem Corona-Crash Mitte März des vergangenen Jahres die Börsenrally startete, war im Juni die Absicherungsneigung der Privatanleger mit einem Wert von minus 14,5 ebenfalls auf einem extremen Niveau. Ein großer Teil zweifelte damals an weiter steigenden Kursen. Heutzutage sind diese Zweifel noch größer.
Bullische Stimmung an den US-Märkten
Das Put-Call-Verhältnis an der Chicagoer Terminbörse steigt langsam an und zeigt, dass dort die extrem bullische Marktphase zu einem Ende kommt. Call-Optionen werden verkauft, doch ein hohes Absicherungsbedürfnis gibt es nicht.
US-Fondsmanager haben ihre Investitionsquote zum Quartalswechsel wieder auf 57 Prozent zurückgefahren. Für Heibel hat das aber einen anderen Grund. „Viele Hedgefonds ermöglichen ihren Anlegern nur quartalsweise den Ausstieg. Hier wird also Liquidität für Auszahlungen vorgehalten“, erläutert der Inhaber des Analysehauses AnimusX.
US-Privatanleger haben ihre Bullenquote auf 30 Prozent hochgeschraubt. So bullisch war die Stimmung in den USA im gesamten vergangenen Jahr nicht. Der anhand technischer Marktdaten berechnete „Angst-und-Gier-Indikator“ der US-Märkte zeigt mit einem Wert von 51 Prozent eine neutrale Marktverfassung an. Das gilt auch für andere, eher kurzfristige technische Indikatoren.
Hinter Erhebungen wie dem Dax-Sentiment mit mehr als 4000 Teilnehmern stehen zwei Annahmen: Wenn viele Anleger optimistisch sind, haben sie bereits investiert. Dann bleiben nur wenige übrig, die noch kaufen und damit die Kurse in die Höhe treiben könnten. Umgekehrt gilt: Wenn die Anleger pessimistisch sind, haben sie mehrheitlich nicht investiert. Dann können nur noch wenige verkaufen und damit die Kurse drücken.
Sie wollen an der Umfrage teilnehmen? Dann lassen Sie sich automatisch über den Start der Sentiment-Umfrage informieren und melden Sie sich für den Dax-Sentiment-Newsletter an. Die Umfrage startet jeden Freitagmorgen und endet Sonntagmittag.
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