Dax-Umfrage Für die Trendwende im Dax fehlt noch ein finaler Ausverkauf

Bild aus dem Handelssaal der Deutschen Börse in Frankfurt.
Düsseldorf So langsam dämmert es den Anlegern, dass es sich beim aktuellen Crash am Aktienmarkt nicht um eine technische Reaktion am Finanzmarkt handelt – sondern um eine Pandemie, die weitreichende Änderungen des gesellschaftlichen, öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens nach sich ziehen wird.
Je mehr Details über den weltweit wirtschaftlichen Stillstand bekannt werden, desto mehr trübt sich der Zukunftsoptimismus bei den Anlegern ein. Das zeigen die aktuelle Daten der wöchentlichen Handelsblattumfrage Dax-Sentiment unter mehr als 3500 Anlegern.
Vor drei Wochen lag die Erwartung an die Dax-Entwicklung in drei Monaten noch bei einem Wert von 4,1. Jetzt ist sie auf 1,4 gefallen. „Erste Zweifel kommen auf, ob wir in absehbarer Zeit aus dieser Krise noch halbwegs herauskommen“, erläutert Sentimentexperte Stephan Heibel, der die Umfrage jede Woche auswertet.
Entsprechend ist auch die Investitionsbereitschaft der Anleger zurückgegangen: Nach einem Rekordwert von 5,8 in der Vorwoche wird nur noch ein Wert von 3,2 erreicht: Hatten vor einer Woche noch 40 Prozent der Umfrageteilnehmer die Absicht, innerhalb der folgenden zwei Wochen Aktien zu kaufen, so sind es jetzt nur noch 29 Prozent.
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Für eine Trendwende ist der Zukunftsoptimismus aber noch nicht weit genug gefallen. Denn die Aktienmärkte sind nach einem Rückgang von mehr als 20 Prozent per Definition in einem Bärenmarkt. „Ein solcher Bärenmarkt endet nicht, wenn Spekulanten oder Langfristanleger kaufen“, erläutert der Inhaber des Analysehauses Animusx. „Der endet erst, wenn niemand mehr verkauft.“
Das ist ein wichtiger Unterschied. Solange es noch Anleger mit nennenswerten Aktienpositionen gibt, die nach dem Crash nun unliebsame Positionen verkaufen wollen, wird jede Gegenbewegung schnell enden. Da reicht es auch nicht, dass der fünfwöchige Sentimentdurchschnitt bereits einen negativen Extremwert erreicht hat und damit eine Trendwende signalisiert.
Für einige dieser Anleger werden die Erholungen niemals weit genug reichen. Sie halten an ihren Positionen fest. Allerdings nur bis zum sogenannten „finalen Ausverkauf“. Dabei handelt es sich um eine Ausverkaufswelle, die heftig genug sein muss, damit auch diese Anleger die Nerven verlieren und ihre letzten, unliebsamen Positionen auf den Markt schmeißen. „Erst dann ist ein Boden erreicht“, sagt Heibel.
Doch so weit ist es derzeit noch nicht. Der Crash war zu schnell, und viele Anleger hoffen auf ein wenig bessere Kurse, um Positionen zu verkaufen. Die Folge: Sie werden jeden Erholungsversuch ersticken.
Mithilfe der wöchentlichen Dax-Sentimentumfrage können Anleger die Stimmungsentwicklung genau beobachten. In den kommenden Wochen wird laut Heibels Einschätzung insbesondere der Zukunftsoptimismus weiter zurückgehen. Immer mehr Anleger werden die Hoffnung auf eine schnelle Erholung an den Aktienmärkten verlieren. Und erst dann, wenn der Zukunftsoptimismus extreme Negativwerte bei der Umfrage zeigt, ist mit dem „finalen Ausverkauf“ zu rechnen.
Bis zu diesem Ausverkauf dürfte der Dax im Zickzackmodus bleiben, mal rauf, mal runter. „Nervenzehrend. Nicht schön“, meint der Sentimentexperte und rät den Anlegern: „Dabeibleiben, in Erholungen hinein ein wenig verkaufen, um Cash zu bekommen. Und im nächsten Ausverkauf wieder Aktien kaufen“.
Bereits am vergangenen Montag hatte Heibel empfohlen: Anleger sollten zumindest diese Gegenbewegung abwarten, um sich dann bei höheren Kursen von unliebsamen Titeln im Portfolio zu verabschieden und somit weniger Verlust hinnehmen zu müssen.
Die aktuellen Ergebnisse der Umfrage zeigen weiter: Die Panik der Vorwochen legt sich. Der kurzfristige Stimmungswert von minus 4,2 kann als Angst interpretiert werden, nicht aber als Panik.
Auch die absolute Verunsicherung nimmt ab: Nach minus 12,3 vor zwei Wochen schlägt dieser Indikator nur noch bis minus 3,6 aus. Dieser Rückgang darf nicht verwundern: Der schnellste und heftigste Crash der Geschichte war in dieser Form von niemandem erwartet worden. In der abgelaufenen Woche gab es dann eine Gegenbewegung im Dax mit einem Wochenplus von 7,9 Prozent. Das hatte das Stresslevel zumindest kurzfristig etwas reduziert.
Das Euwax-Sentiment der für Privatanleger wichtigen Börse Stuttgart ist auf die Nulllinie zurückgefallen. Das bedeutet: Die Zahl der Call- und Put-Hebelprodukte in deren Depots ist ausgeglichen. In den Wochen zuvor hatten Privatanleger noch mehrheitlich auf wieder steigende Kurse spekuliert.
Auch dieser Indikator zeigt, dass der Glaube an eine schnelle Erholung abnimmt. Der Optimismus, den der heftige Kurssturz zunächst erzeugt hatte, schwindet allmählich. Institutionelle Anleger, die sich über die Frankfurter Terminbörse Eurex absichern, sind inzwischen ebenfalls neutral positioniert.
Ganz anders sieht es in den USA aus. Dort zeigt das Put/Call-Verhältnis der Chicagoer Terminbörse CBOE eine starke Absicherung der Anleger an: US-Fondsmanager haben ihre Investitionsquote auf einem historisch niedrigen Niveau belassen.
Zwar sieht der Anstieg der Investitionsquote von 11 auf nunmehr 26 Prozent heftig aus. Aber da eine normale Investitionsquote bei 60 bis 90 Prozent liegt, ist der aktuelle Wert immer noch niedrig.
Die Bulle/Bär-Quote unter den US-Privatanlegern steht bei minus 19 Prozent, die Bären dominieren die Stimmung. Der auf technischen Marktdaten basierende „Angst-und-Gier-Indikator“ der US-Aktienmärkte hat sich auf 24 Prozent erhöht. Dieser Wert zeigt zwar noch immer extreme Angst unter den Anlegern an, liegt aber deutlich über den Extremwerten bei nahe null der Vorwochen.
Auch andere, kurzfristige technische US-Indikatoren zeigen an, dass der Markt zu schnell zu tief gefallen, also überverkauft ist. Daran hat auch die Gegenbewegung der Vorwoche nur wenig geändert.
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