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Dax-Umfrage Keiner will kaufen, keiner will verkaufen – Wie der Dax seinen Stillstand überwinden kann

Die meisten Anleger sind optimistisch, doch kaum jemand will investieren. Das ist eine gefährliche Situation. Wie eine Lösung aussehen könnte.
06.09.2021 - 15:21 Uhr Kommentieren
Die aktuelle Konsolidierung am Aktienmarkt hatte sich lange angekündigt. Quelle: dpa
Bulle und Bär vor der Börse Frankfurt

Die aktuelle Konsolidierung am Aktienmarkt hatte sich lange angekündigt.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Eine Handelsspanne von nur rund 300 Punkten bei lediglich 46 Millionen gehandelten Aktien pro Tag: Der deutsche Leitindex Dax war in der vergangenen Woche im Schlafwagenmodus unterwegs. Doch diese ruhige Zeit könnte bald enden. Denn die Handelsblatt-Umfrage Dax-Sentiment unter mehr als 6000 Privatanlegern zeigt eine Schieflage an.

Auf der einen Seite sind die Anleger von steigenden Kurse überzeugt: Der Zukunftsoptimismus liegt bei 3,2 – ab einem Wert von 4,0 zeigt dieser Indikator Euphorie an. Auf der anderen Seite will aber kaum ein Anleger kaufen: Die Investitionsbereitschaft liegt bei 0,1. Das zeigt eine bereits hohe Investitionsquote an.

Die Kombination aus hohem Zukunftsoptimismus, hoher Investitionsquote und niedriger Kaufbereitschaft könnte eine Erklärung für den zuletzt müden Handel am deutschen Aktienmarkt sein. Es fehlen neue Käufer, um die Kurse weiter nach oben zu treiben. Gleichzeitig will aber kaum ein Anleger verkaufen, weil sie weiter steigende Kurse erwarten.

Im Ergebnis führt das zur zuletzt beobachteten Zurückhaltung von Käufern und Verkäufern: Das tägliche Handelsvolumen lag in der vergangenen Woche im Dax zehn Millionen Aktien unter dem Tagesdurchschnitt des Vorjahres.

Der hohe Zukunftsoptimismus auf der einen Seite und die niedrige Investitionsbereitschaft auf der anderen zeigen allerdings einen Widerspruch auf. Sentiment-Experte Stephan Heibel, der die Umfrage auswertet, fragt deshalb: „Wer soll denn für steigende Kurse sorgen, wenn niemand mehr kaufen möchte? Ich würde diese Konstellation als gefährlich bezeichnen.“

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Negative Nachrichten könnten so zu einem Ausverkauf führen, weil neue Käufer fehlen, die einen dann einsetzenden Ausverkauf beenden. Für weiter steigende Kurse bräuchte es dagegen positive Meldungen, um frisches Anlegerkapital zu mobilisieren.

Welches dieser beiden Szenarien eintritt, lässt sich aus dem Umfrageergebnis nicht ableiten. „Die Sentimentanalyse kann lediglich Schiefstände aufzeigen“, erklärt Heibel. „Dieser Schiefstand wird sich in den kommenden Wochen lösen, doch wir wissen nicht wie. Wie in den vergangenen drei Monaten kann er sich auch durch eine aufzehrende Seitwärtsbewegung auflösen.“

Tatsächlich hat sich beim Dax in den vergangenen drei Monaten oberflächlich kaum etwas getan: Der Index notiert aktuell nur knapp 400 Punkte über dem Stand vom 1. Juli. „Unter der Oberfläche wurden zittrige Anleger aus ihren Aktien getrieben, während überzeugte Investoren diese Aktien aufgegriffen haben“, sagt Heibel. Dadurch ist in diesen drei Monaten ohne größere Kursausschläge das gelungen, was sonst häufig mit einer Korrektur einhergeht: der Ausstieg der pessimistisch gestimmten Anleger.

Eine Wiederholung dieses Phänomens erwartet der Sentiment-Experte aber nicht: „Die steigende Polarisierung deutet darauf hin, dass dies dieses Mal nicht passieren wird.“ Der Geschäftsführer des Analysehauses AnimusX rechnet in den kommenden Wochen mit einer Kursreaktion in die eine oder andere Richtung.

Was eine Kursreaktion nach oben auslösen könnte

Die Anleger sind optimistisch eingestellt, sie erwarten also steigende Kurse. Das macht frühe Gewinnmitnahmen unwahrscheinlich, sollten die Kurse steigen. Auslöser für einen Kursanstieg könnte beispielsweise die US-Notenbank Fed sein. Diese will ihre Anleihekäufe bald reduzieren, ein genauer Zeitpunkt steht aber noch nicht fest. Als realistisch gilt derzeit der Monat November.

Die anstehende Drosselung der Anleihekäufe könnte mehr ausländische Investoren an die europäischen Aktienmärkte ziehen, meint Heibel. Davon würden auch deutsche Aktien profitieren, die derzeit günstiger bewertet sind als US-Titel, wie der Vergleich der beiden Leitindizes Dax und Dow Jones zeigt: Das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) beim Dax liegt bei 15. Das heißt, die Dax-Unternehmen brauchen im Schnitt 15 Jahre, um ihren aktuellen Börsenwert netto zu verdienen. Beim Dow Jones liegt das KGV bei 22.

Was eine Kursreaktion nach unten auslösen könnte

Auch eine Abwärtsbewegung könnte allerdings an Dynamik gewinnen. Denn viele Anleger sind hoch investiert, sollten die Kurse fallen, werden sie frühzeitig ihre Positionen abstoßen, um ihre Gewinne zu sichern. „Gleichzeitig fehlt es am Kapital, das ein so entstehendes Angebot aufnehmen sollte, denn die Cashquote ist gering“, sagt Heibel. Er hält deshalb eine beginnende Abwärtsdynamik zum aktuellen Zeitpunkt für gefährlich.

Zumal ein Abwärtstrend dadurch verstärk werden könnte, dass Privatanleger aufgehört haben, sich gegen fallende Kurse abzusichern: Das Euwax-Sentiment hat sich auf minus zwei erholt, vor zwei Wochen stand es noch bei minus 13.

Dieser Indikator wird anhand realer Trades mit Hebelprodukten auf den Dax berechnet. Ein Pluswert zeigt einen Überhang von Call-Produkten an – also Wetten auf steigende Kurse. Bei einem Minuswert liegen mehr Put-Derivate in den Depots der Privatanleger – also Wetten beziehungsweise Absicherungen gegen fallende Kurse.

Wie Anleger reagieren sollten

Heibel rät dazu, auf dem aktuellen Niveau etwas Cash vorzuhalten. So können Anleger reagieren, sollten die Kurse fallen. Für einen „ungezügelten Ausbruch“ nach oben fehlt es seiner Ansicht nach kurzfristig an Geld: Zu viele Marktteilnehmer sind schon zu hoch investiert, als dass noch große Kursbewegungen möglich wären.

Aufgelöst werden könnte die aktuelle Situation nach Heibels Einschätzung durch „einen kurzen Ausverkauf, vielleicht mit einem Anflug von Panik“. Anleger würden dadurch zunächst also ihre Gewinne realisieren und verkaufen. „Das würde ausreichend Cash generieren, das anschließend als Treibstoff für eine Fortsetzung der Rally wirken kann“, sagt Heibel.

Die Corona-Pandemie erwartet der Experte dagegen nicht als erneuten Auslöser für eine Kursreaktion. Zwar könnte das sich stark ausbreitende Infektionsgeschehen die Aktienmärkte negativ beeinflussen und eine etwaige Abwärtsdynamik beschleunigen. „Aber weder Dauer noch Intensität dürften auch nur annähernd an das heranreichen, was wir im vergangenen Frühjahr erlebt haben“, sagt Heibel.

Dramatische Ausverkäufe, wie wir es im vergangenen Frühjahr gesehen haben, erfolgten nur dann, wenn etwas wirklich Neues und Unvorhersehbares passiere, erklärt Heibel. Die Corona-Pandemie ist dagegen nicht neu – auch nicht die Delta-Mutation. „Gesellschaft und Wirtschaft wären dieses Mal besser vorbereitet“, schlussfolgert Heibel.

Zwar sei die Inzidenz selbst in Israel – dem Land mit der höchsten Impfquote – durch die Delta-Variante dramatisch gestiegen. „Aber es setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass die Inzidenz als einzelne Ziffer nicht geeignet ist, über Lockdown-Maßnahmen zu entscheiden“, sagt Heibel. Die Situation sei derart komplex, dass auch die Börsen differenziert und nicht panikartig reagieren.

Blick auf die Profi-Anleger und in die USA

Institutionelle Anleger, die sich über die Frankfurter Terminbörse Eurex absichern, sind leicht optimistisch positioniert. Das Put/Call-Verhältnis von 1,3 zeigt leicht weniger Long-Spekulationen an als im Durchschnitt der vergangenen zwölf Monate (1,8). Wobei die Nach-Corona-Rally besonders viele Wetten auf steigende Kurse ausgelöst hat. Der Vergleich mit dem Vorjahr hinkt also.

In den USA bleiben die Optimisten (Bullen) am Ruder. Das Put/Call-Verhältnis der CBOE zeigt weiterhin ein deutlich größeres Handelsvolumen in Call-Optionen an. Auch US-Fondsanleger bleiben mit einer Investitionsquote von 94 Prozent hoch investiert.

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Unter US-Privatanlegern haben die Optimisten ebenfalls wieder leicht die Oberhand gewonnen, die Bullenquote liegt bei zehn Prozent: 43,3 Prozent sind bullish gestimmt, 33 Prozent bearish – damit steigt die Polarisierung weiter, während sich das Lager der neutral eingestellten Anleger leert. Das gilt als Indiz dafür, dass größere Kursschwankungen anstehen. Der technische Angst-und-Gier-Indikator des S&P 500 zeigt mit einem Wert von 56 Prozent allerdings eine neutrale Verfassung an.

Hinter Erhebungen wie dem Dax-Sentiment mit mehr als 6000 Teilnehmern stehen zwei Annahmen: Wenn viele Anleger optimistisch sind, haben sie bereits investiert. Dann bleiben nur wenige übrig, die noch kaufen und damit die Kurse in die Höhe treiben könnten. Umgekehrt gilt: Wenn die Anleger pessimistisch sind, haben sie mehrheitlich nicht investiert. Dann können nur noch wenige verkaufen und damit die Kurse drücken.

Sie wollen an der Umfrage teilnehmen? Dann lassen Sie sich automatisch über den Start der Sentiment-Umfrage informieren, und melden Sie sich für den Dax-Sentiment-Newsletter an. Die Umfrage startet jeden Freitagmorgen und endet Sonntagmittag.

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