Dax-Umfrage Was die US-Börsenrally von der Dax-Entwicklung unterscheidet

Viele Anleger stehen der Dax-Rally skeptisch gegenüber.
Düsseldorf Der Stimmungsunterschied zwischen den US-Anlegern und den Investoren hierzulande ist extrem. „In Deutschland hat schon eine moderate Börsenwoche ausgereicht, damit sämtliche Stimmungsindikatoren wieder im neutralen Bereich liegen“, erläutert Stephan Heibel nach Auswertung der Handelsblatt-Umfrage Dax-Sentiment. Doch in den USA ufert seiner Meinung nach die Börsenparty langsam aus, ein Ende scheint in Sicht.
Vor einer Woche hatte der Sentimentexperte die damals euphorische freudige Stimmung der Anleger weltweit bereits mit einer Party verglichen. „Gute Partys können länger andauern, als man sich das vorher ausmalt – manchmal sogar bis in die Morgenstunden“, sagte er am vergangenen Montag. Mit diesem Beispiel gab er damals der laufenden Rally am deutschen Aktienmarkt gute Chancen für eine weitere Fortsetzung.
Nun stieg der Dax in der vergangenen Handelswoche um weitere 0,8 Prozent. Es gab nur wenige Ausreißer bei den Einzelwerten, insgesamt war die verkürzte Woche vor dem Hintergrund der Osterferien eher als kleine Verschnaufpause zu sehen.
Doch das reichte, um die Stimmungsindikatoren auf ein moderates Niveau zurückzuholen. „Ein Glas Wasser zwischendurch hilft, die vielen Cocktails besser zu verarbeiten“, scherzt Heibel und zieht die Schlussfolgerung: „Aus deutscher Sicht könnte die Party noch weitergehen.“
Doch in den USA sieht das Bild vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Entwicklung anders aus als etwa in Deutschland. Hierzulande dauert zum Beispiel das Impfen in der Coronakrise länger, vielleicht wird man erst im Sommer oder noch später wieder ein normales Leben führen können.
In den USA ist hingegen die Herdenimmunität gegen das Virus in greifbarer Nähe. Schon am 18. April sollen alle US-Amerikaner einen Impftermin beantragen dürfen. Keine Unterscheidung mehr nach Alter, nach Risikoklasse oder Ähnlichem. Jeder, der möchte, kann geimpft werden. Deswegen steht in den USA auch eine Eröffnung der Wirtschaft an, damit aber auch ein Ende der Börsenparty.
Experte erwartet heftige Korrektur an US-Börsen
Vor einer Woche hatte Heibel die Formulierung verwendet: „Die Party befindet sich in einem späten Stadium.“ Nun verschärft er seine Ansicht auf „sehr spätes Stadium“. Seiner Meinung nach gilt: „Wer zu lange mitfeiert, läuft Gefahr, aufräumen zu müssen.“
Doch wie wird sich die ausufernde US-Stimmung im Vergleich zur moderaten Partylaune in Deutschland auswirken? „Exzesse in Form sprunghafter Anstiege von Einzelaktien würde ich für die kommenden Tage vorwiegend bei US-Aktien erwarten“, erläutert der Inhaber des Analysehauses AnimusX. „Danach dürfte die Korrektur umso heftiger ausfallen.“
Auch ein Blick auf den fünfwöchigen Sentiment-Durchschnittsindikator signalisiert Korrekturbedarf (siehe Grafik). Denn dieser eher träge Indikator hat einen oberen Extremwert von über 20 erreicht. Zum Vergleich: Auf solch einem hohen Niveau lag diese Durchschnittslinie zuletzt Ende Oktober/Anfang November 2017. Damals lag der Wert vier Wochen hintereinander über 20, danach gab der deutsche Leitindex bis zum Jahresende rund 500 Punkte nach.
Das Anlegersentiment ist von der Feierlaune der Vorwoche mit einem Wert von plus 5,4 wieder zurück auf eine moderat gute Laune gefallen. Dieser Indikator notiert aktuell bei plus 3,5. Werte oberhalb von plus vier entsprechen einer euphorischen Stimmung, was als Kontraindikator gilt.
Mit ihren Entscheidungen zeigen sich die Anleger zufrieden. Mit einem Wert von plus 3,4 zeigt sich eine hohe Selbstgefälligkeit, die aber angesichts von Rekordständen über der Marke von 15.000 Punkten eine verständliche Reaktion ist.
Nach dem Überspringen der 15.000 Punkte viele Absicherungspositionen gekauft
Der Pessimismus bei der Erwartung der Dax-Kurse in drei Monaten hat sich abgeschwächt. Vor einer Woche lag dieser Wert noch bei minus 1,9, derzeit nur noch bei minus 0,6. Dennoch möchte auf dem aktuellen Niveau kaum jemand kaufen, die Investitionsbereitschaft ist auf minus 0,5 abgerutscht – das niedrigste Niveau seit fast einem Jahr.
Das Euwax-Sentiment der Börse Stuttgart, an der Privatanleger handeln, hat den extrem negativen Bereich der Vorwoche mit rekordverdächtigen minus 17 wieder verlassen und notiert nun auf minus 12,5. Ähnlich wie beim Pessimismus wurde dieser Wert zuletzt im Juni des vergangenen Jahres erreicht.
Je tiefer das Euwax-Sentiment im Minus liegt, desto mehr Put-Produkte, die bei fallenden Kursen im Wert steigen, haben die Privatanleger in ihren Depots. Offensichtlich sind nach dem Überspringen der 15.000 Punkte viele Absicherungspositionen gekauft worden.
Das Put/Call-Verhältnis der Chicagoer Terminbörse zeigt weiterhin eine extrem bullishe Positionierung der Anleger an. US-Fondsanleger haben ihre Investitionsquote wieder auf 90 Prozent erhöht, vor einer Woche waren es 25 Prozent. Das AAII-Sentiment der US-Privatanleger (American Association of Individual Investors) zeigt den größten Bullenüberhang seit Anfang 2018: 56,9 Prozent der Investoren glauben an weiter steigende Kurse, nur 20,4 Prozent an nun fallende. In den USA ist die Stimmung extrem bullish.
Am Markt herrscht extreme Gier
Auch der anhand technischer Marktdaten berechnete „Angst-und-Gier-Indikator“ der US-Aktienmärkte ist auf 81 Prozent gesprungen und notiert somit im Bereich der extremen Gier. Kurzfristig stärker schwankende technische Indikatoren zeigen ebenfalls eine überkaufte Situation an, die bald fallende Kurse signalisiert.
Hinter Erhebungen wie dem Dax-Sentiment mit mehr als 4000 Teilnehmern stehen zwei Annahmen: Wenn viele Anleger optimistisch sind, haben sie bereits investiert. Dann bleiben nur wenige übrig, die noch kaufen und damit die Kurse in die Höhe treiben könnten.
Umgekehrt gilt: Wenn die Anleger pessimistisch sind, haben sie mehrheitlich nicht investiert. Dann können nur noch wenige verkaufen und damit die Kurse drücken.
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