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Finanzplatz Indien Kurzfristige Dämpfer, langfristige Hoffnung

Seit Jahren geht es für Indiens Aktienmarkt nach oben. Die wichtigsten Indizes notieren derzeit nahe an ihren Allzeithochs. Doch die Gewinne der Firmen stagnieren. Anleger, die investieren wollen, brauchen Geduld.
06.11.2017 - 16:37 Uhr Kommentieren
Geht das Kursfeuerwerk an den Börsen weiter? Quelle: Images Bazaar/Getty Images
Indisches Mädchen beim Lichterfest

Geht das Kursfeuerwerk an den Börsen weiter?

(Foto: Images Bazaar/Getty Images)

Bangkok Zum Lichterfest Diwali lassen es die Inder in der Regel ordentlich krachen. Mehrere Tage lang fackeln sie Böller und Feuerwerksraketen ab – so sehr, dass in der Hauptstadt Neu-Delhi die Knallerei wegen der hohen Smogbelastung für dieses Jahr verboten wurde.

Kurz nach den wichtigen Feierlichkeiten am 19. Oktober zündete auch der Aktienmarkt noch einmal und hat seitdem drei Prozent zugelegt. Die beiden wichtigen Indizes Nifty und Sensex notieren derzeit nahe an ihren Allzeithochs. Auf das ganze Jahr gesehen, betragen die Kursgewinne schon mehr als 26 Prozent.

Der indische Aktienmarkt setzt damit eine Rally fort, die seit Jahren anhält. Anleger konnten dadurch von ihren Investitionen stärker profitieren als in den anderen BRIC-Staaten, zu denen neben Indien die aufstrebenden Volkswirtschaften Brasilien, Russland und China gehören. Laut einer Auswertung der Ratingagentur Scope Analysis fuhren Sparer mit BRIC-Aktienfonds in den vergangenen fünf Jahren durchschnittlich nur eine jährliche Rendite von 6,9 Prozent ein. Wer dagegen auf Fonds für den indischen Markt setzte, verdiente durchschnittlich 13,9 Prozent.

Doch mittlerweile sind die Bewertungen der Unternehmen entsprechend hoch. Laut Daten des Finanzdienstleisters Reuters hat der Nifty derzeit ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von mehr als 21. In den vergangenen fünf Jahren betrug es durchschnittlich nur 16. Indien gehört damit zu den teuersten Aktienmärkten weltweit. Im Gegensatz zu anderen asiatischen Schwellenländern stagnierten die Gewinne der Unternehmen zuletzt. Die Kurse kletterten trotzdem.

Während die überwiegende Anzahl der Analysten langfristig weiterhin viel Potenzial sieht, wächst die Furcht vor kurzfristigen Rücksetzern. „Für die kommenden drei Monate sieht das Risiko-Chancen-Verhältnis nicht sehr attraktiv aus“, sagt Abhay Laijawala, Chef-Aktienanalyst der Deutschen Bank in Indien. „Für Investoren mit einem Anlagehorizont von zwei bis drei Jahren bleibt Indien ein attraktiver Markt mit interessanten Anlagemöglichkeiten.“

Die Rally am indischen Aktienmarkt ist eng verknüpft mit den Reformen des seit Mai 2014 regierenden Ministerpräsidenten Narendra Modi: Neben einer Liberalisierung der Wirtschaft versuchte er, die chaotische indische Verwaltung mithilfe mehrerer Digitalisierungsinitiativen zu ordnen. Zudem bekämpfte er die Schattenwirtschaft und forcierte die Verbreitung von Bankkonten.

Ironischerweise haben gerade die zwei gewaltigsten Projekte Modis – die Bargeldreform und die Vereinheitlichung der Mehrwertsteuer – die indische Wirtschaft aber zunächst gebremst. Im zweiten Quartal rutschte das Wachstum auf unter sechs Prozent. Internationale Institutionen wie die Asiatische Entwicklungsbank oder der Internationale Währungsfonds (IWF) korrigierten ihre Aussichten nach unten. Der IWF rechnet für dieses Jahr nur noch mit einem Wachstum von 6,7 Prozent. Modis Traum, den Subkontinent zu einem zweiten China zu machen, scheint erst einmal verschoben.

Schädliche Bargeldreform

Vor allem die Bargeldreform, mit der Modi Steuerhinterziehung und die Schattenwirtschaft bekämpfen wollte, hat der indischen Konjunktur zunächst geschadet. Im vergangenen November hatte der Regierungschef über Nacht verkündet, dass alle 500- und 1.000-Rupien-Noten ihre Zahlungsgültigkeit verlieren und auf ein Konto eingezahlt werden müssen. Er entzog dem Wirtschaftssystem auf einen Schlag damit 86 Prozent des Bargelds. Neue Banknoten kamen nur langsam in Umlauf, und wegen der knappen Liquidität brach im ganzen Land die Nachfrage ein.

Der zweite Schock war die Einführung einer einheitlichen Mehrwertsteuer. Die größte Steuerreform Indiens war zwar von der Wirtschaft gefordert worden – mit ihr wachsen die 29 Bundesstaaten erstmals zu einem Binnenmarkt zusammen. Doch die Implementierung über eine neu dafür geschaffene IT-Plattform verlief bisher chaotisch. Noch immer sind nicht alle Regelungen klar, Unternehmen beklagen mangelnde Planungssicherheit – und haben ihre Investitionen zurückgefahren.

Die daraus drohende Gefahr für das Wachstum hat mittlerweile auch die Regierung bemerkt. Ende Oktober verkündete sie ein neues Konjunkturpaket: Bis 2022 sollen rund 80.000 Kilometer Straße gebaut werden. Zudem werden die schwachen staatlichen Banken mit 32 Milliarden Dollar rekapitalisiert. Die unter faulen Krediten leidenden Institute haben lange die Wirtschaft gebremst. Es waren diese Ankündigungen, die die Indizes in den vergangenen Tagen zu neuen Rekorden trieben. „Das ist eine dringend benötigte und wirksame Maßnahme“, kommentiert die US-Bank Morgan Stanley den Schritt.

In den Monaten zuvor waren es noch andere Faktoren, die die Kurse befeuert hatten. Die radikale Bargeldreform und weitere Ansätze, um die einfachen Inder an die Finanzmärkte heranzuführen, haben auch das Sparverhalten geändert. Lange Zeit steckten die Inder ihr Vermögen in Gold oder Immobilien, das ändert sich jetzt. „Die Kursgewinne basieren auch auf dem Liquiditätszuwachs durch die Umschichtung von Sachwerten in Finanzprodukte“, sagt Analyst Laijawala.

Ausländische Investoren halten sich zurück

Während die indischen Sparer nun verstärkt in Fonds und Aktien investieren und so die Kurse nach oben treiben, haben sich ausländische Investoren zuletzt zurückgezogen. Zwar sind ausländische institutionelle Anleger laut dem Hongkonger Finanzdienstleister CLSA grundsätzlich noch optimistisch gestimmt. Jedoch gewichten sie derzeit den Subkontinent in ihren Portfolios so gering wie seit fünf Jahren nicht.

Geoffrey Dennis, Schwellenmarkt-Chefstratege bei der Schweizer UBS, warnte zuletzt, Indien sei „in einer etwas schwierigen Situation“. Auch die britische Großbank HSBC ist pessimistisch. Sie warnt unter anderem vor hohen Marktbewertungen, schwächeren Wachstumszahlen und gedämpften privaten Investitionen. „Wir glauben, dass kurzfristig diese Faktoren die langfristigen Vorteile der Strukturreformen überschatten“, analysieren die Ökonomen der Bank. Sie rechnen damit, dass die Wirtschaft in diesem und im kommenden Jahr noch Probleme haben wird.

Spätestens danach sollten die Reformen, so zumindest die wohlwollenden Einschätzungen, aber fruchten: Die amerikanische Investmentbank Morgan Stanley geht in ihrem optimistischen Szenario davon aus, dass sich der Sensex-Index in den kommenden zehn Jahren von derzeit rund 30.000 Punkten auf 130.000 Zähler mehr als vervierfachen könnte. Im pessimistischen Szenario soll sich der Index immerhin noch verdoppeln.

Die US-Investmentbank setzt darauf, dass die von Modi vorangetriebene Digitalisierung der Wirtschaft die Kreditvergabe und Produktivität stark befeuern wird. Die US-Banker rechnen dabei insbesondere mit einem Boom in der Finanzbranche und beim Konsum. Als besonders empfehlenswert stufen sie beispielsweise die Aktie des digitalen Reisebuchungsservices MakeMyTrip ein, die auch an der Stuttgarter Börse gehandelt wird. Auch Deutsche-Bank-Analyst Laijawala sieht in diesen Sektoren große Chancen. „Wir haben lange auf Reformen gewartet“, sagt er. „Jetzt müssen wir geduldig sein.“

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