Fondsmanager im Interview Klaus Kaldemorgen: „Der Schock wird begrenzt sein auf Quartale“

Der DWS-Fondsmanager glaubt, dass der Dax am Jahresende höher stehen wird als heute.
Frankfurt Herr Kaldemorgen, erleben wir an den Aktienmärkten gerade den schnellsten Crash in der Geschichte?
Ja, aber nicht den größten. In der Großen Depression Ende der 1920er-Jahre, zur Jahrtausendwende und in der Finanzkrise fielen die Kurse stärker.
Sollte man bei den chaotischen Schwankungen die Börsen nicht schließen, bis sich die Lage beruhigt hat?
Nein, aber wir sollten die Handelszeiten vereinheitlichen. Ich bin in den vergangenen sieben Tagen dreimal aufgewacht und habe festgestellt, dass wir an der hiesigen Börse mit minus sechs Prozent in den Tag gestartet sind.
Das waren dann die Vorgaben aus den USA?
Wenn an den US-Terminmärkten wegen extremer Verluste der Handel ausgesetzt wird, können sich Investoren dort nicht mehr absichern. Nur in Europa kann man dann noch verkaufen. Und es gibt eben viele Investoren, die quantitative Methoden nutzen und aus Risikogründen um jeden Preis verkaufen müssen. Dadurch werden dann hier in Europa die Kurse stark gedrückt.
Welche Lösung schlagen Sie vor?
Die Handelszeiten vor allem zwischen den USA und Europa so gut es geht zu vereinheitlichen oder insbesondere ein Aussetzen des Handels zu synchronisieren.
Wo lauern die größten Gefahren an den Märkten nach den Verwerfungen, wie wir sie gerade erleben?
Diese Krise ist anders. Es ist ein externer Schock, insoweit gibt es dafür keinen Schuldigen. Der Schock wird zeitlich begrenzt sein auf mehrere Quartale. Aber die wirtschaftlichen Folgen sind sehr ernst. Einige Unternehmen werden Hilfe brauchen, etwa aus der Tourismus- und Luftfahrtbranche, Restaurants, kleinere Firmen. Sie können in Liquiditätsnöte kommen. Die Europäische Zentralbank und der Staat bemühen sich hier schon. Aber gefragt ist unbürokratische Hilfe.
Wie hoch sind die Verluste in Ihrem Fonds „DWS Concept Kaldemorgen“?
Seit dem Hoch vor wenigen Wochen sind es rund 15 Prozent.
Wie steuern Sie gegen?
Ich habe für ausreichend Liquidität gesorgt. Und in den schwierigen Wochen habe ich US-Staatsanleihen verkauft, die wegen des Renditerückgangs starke Kursgewinne hatten. Bisher galten lang laufende US-Staatsanleihen als sicherer Hafen, inzwischen erachte ich sie aber eher als ein Risiko.
Es scheint, als gebe es keine sicheren Anlagen mehr.
Außer Cash nur noch kurz laufende Staatsanleihen bester Qualität.
Wo legen Sie das Fondskapital jetzt an?
In Aktien stecken über 30 Prozent des Vermögens. Ich habe an den schwachen Börsentagen einige Absicherungen aufgelöst und selektiv aufgestockt.
Wird das Börsenjahr noch im Plus enden?
Schwer zu sagen. Aber wir dürften am Jahresende höher stehen als heute.
Sie haben vor Kurzem Ihren Arbeitsvertrag bei der DWS verlängert. Würden Sie heute, mit Blick auf die Krise, genauso entscheiden?
Vermutlich ja. Es ist nicht die erste Krise, die ich erlebe, und nicht die schlimmste.
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