Fusionen und Übernahmen Mittelstand lockt Finanzinvestoren an

Kälte- und Messtechnik-Unternehmen sind für Private-Equity-Investoren interessant.
Frankfurt Für Christian Futterlieb gibt es einen starken Trend, der Private Equity salonfähig macht und der seinem Unternehmen in die Hände spielt. „Die mentalen Hürden bei den Unternehmern fallen immer öfter. Heute fangen Manager im Alter von 40 oder 45 Jahren an, darüber nachzudenken, wie eine Nachfolgelösung aussehen kann“, erläutert der Managing Partner und Geschäftsführer bei VR Equitypartner.
Manche Firmenlenker wollten noch mal etwas Neues beginnen oder einfach die Gewissheit haben, dass das Unternehmen auch ohne sie läuft. Andere wiederum brächten einen Teil des Vermögens auf die sichere Seite. „In den vergangenen Jahren war rund die Hälfte unserer Transaktionen mit Nachfolgelösungen verknüpft“, sagt Futterlieb, der das Beteiligungsgeschäft im genossenschaftlichen Finanzverbund betreibt.
Futterlieb und sein Team feiern 2020 das 50-jährige Jubiläum der Tochtergesellschaft der DZ Bank. Das Beteiligungs-Portfolio umfasst rund 100 Firmen, die durchschnittliche Haltedauer liegt zwischen vier und sieben Jahren.
Zwar dominieren die angelsächsischen Private-Equity-Giganten wie KKR oder Blackstone das weltweite Geschäft mit den Megadeals. Bei kleinen und mittelgroßen Transaktionen sind deutsche Adressen aber durchaus erfolgreich mit dabei. „Glaubwürdigkeit ist unser wichtigstes Kapital.
Die Mittelständler wissen, dass wir nicht alle drei Jahre einen Strategiewechsel vornehmen“, erklärt Futterlieb . Ähnliche Profile wie VR Equitypartner haben beispielsweise die Deutsche Beteiligungs AG (DBAG), DPE Deutsche Private Equity, Afinum, Aurelius und Hannover Finanz.
Auch Jan Pörschmann, Partner bei Proventis Partners in München, sieht im Mittelstand großes Potenzial. „Der durchschnittliche mittelständische Unternehmer in Deutschland ist 53 Jahre alt, jeder vierte Betriebsinhaber ist sogar älter als 60 Jahre. Über die Hälfte aller Unternehmer, die in den nächsten drei bis fünf Jahren eine Nachfolge planen, haben aktuell noch keine konkreten Pläne für eine Nachfolgeregelung“, erläutert der Experte.
Jährlich stünden gut 27.000 Unternehmer und Unternehmerinnen der Nachfolgefrage gegenüber, denn 95 Prozent ihrer Kinder könnten sich nicht vorstellen, das elterliche Unternehmen zu übernehmen. Externe Nachfolge werde somit weiterhin den M&A-Markt fördern, insbesondere für Unternehmen, deren Branchen sich im Umbruch befinden.
Heiß begehrte Mandate
Fusionen und Übernahmen im Mittelstand sind heiß begehrte Mandate für die Investmentbanker, weil die grenzüberschreitenden milliardenschweren Deals unter den Spannungen zwischen Washington, Peking und Brüssel leiden. Während die großen Transaktionen 2019 regelrecht eingebrochen sind, kam es im Geschäft mit dem Mittelstand zu einem Aufschwung.
Laut dem Analysehaus Refinitiv verdoppelte sich der Anteil der Aktivitäten des Mittelstands am M&A-Geschäft mit deutscher Beteiligung auf rund 14 Prozent. Angekündigte mittelgroße Deals addierten sich auf 41,6 Milliarden Dollar, 14 Prozent mehr als 2018. „Die Beteiligungsfonds, die in kleine und mittelgroße Firmen investieren, bringen den höchsten Mehrwert. Die sind beweglicher als die Konzerne und wachsen schneller“, meint Mark Zünd, Leiter des Private-Equity-Investment-Teams der Anlagegesellschaft Unigestion.
Außerdem erlitten diese Fonds geringere Bewertungsverluste, wenn die Aktienbörsen abrutschen. „Das trifft dann eher milliardenschwere Private-Equity-Fonds, die ihr Geld in hochbewertete und mit viel Fremdkapital finanzierte Konzerne stecken“, ergänzt Zünd.
„Die Pipeline ist aktuell etwas weniger gut gefüllt als in den Jahren 2017 und 2018. Das Preisniveau für die Firmen hat bisher kaum nachgegeben und wird auch 2020 hoch bleiben“, beschreibt Futterlieb den Zustand des Marktes. In jüngsten Auktionen habe man in der letzten Runde manchmal noch fünf bis zehn Prozent beim Kaufpreis draufgepackt.
Es gebe ganz einfach sehr viel Kapital für ein relativ gleichbleibendes Angebot an Firmenbeteiligungen. Interessante Branchen seien derzeit die IT sowie die Kälte- und Messtechnik, ebenso Dienstleister und Bauzulieferer. Das Portfolio solle mittelfristig von heute 500 Millionen Euro auf 700 Millionen Euro wachsen.
Gute Aussichten am Markt
Auch für den Gesamtmarkt ist Pörschmann von Proventis Partners zuversichtlich, dass es nicht zu Rückgängen kommt. Nach den Boomjahren 2017 und 2018 rechnet er 2020 mit einer „Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau“.
Allerdings sind die Deals im Mittelstand auch 2020 kein Selbstläufer, das Segment hat seine ganz spezifischen Probleme. „Die Hürden für M&A im mittleren Segment sind zu hohe Kaufpreisvorstellungen, zu lange dauernde Verkaufsprozesse und nicht eingehaltene Planzahlen. Außerdem reibt sich das Management zwischen Tagesgeschäft und strategischen Akquisitionen auf“, sagt Carsten Häming, geschäftsführender Gesellschafter der Corporate Finance Mittelstandsberatung GmbH.
Eine Transaktion in diesem Marktsegment dauere heute im Schnitt sechs Monate. Und wegen der Umstellung auf die E-Mobilität sowie der konjunkturellen Eintrübung sind einige Branchen ganz besonders herausgefordert. „Automotive ist aktuell aufgrund der konjunkturellen und der strategischen Unsicherheiten ein schwieriger M&A-Markt“, weiß VR Equitypartner-Manager Futterlieb.
Das Beteiligungshaus sei bereits seit 2016 hier deutlich zurückhaltender. Die Kaufpreis-Multiplikatoren für das operative Ergebnis (Ebitda) könnten je nach Geschäftsmodell durchaus auch unter fünf liegen. Für viele Verkäufer sei das dann nicht interessant.
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