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Innovative Finanz-Start-ups auf dem Prüfstand Wie Verbraucher von Fintechs profitieren

In Deutschland buhlen Hunderte junger Finanztechnologie-Firmen um die Gunst der Kunden. Doch nur die wenigsten davon werden überleben.
27.11.2017 - 20:26 Uhr 1 Kommentar
Nur wenige der Finanz-Start-ups werden auf Dauer am Markt bestehen können. Quelle: Reuters
Fintech

Nur wenige der Finanz-Start-ups werden auf Dauer am Markt bestehen können.

(Foto: Reuters)

Frankfurt In der Bankenwelt ist der Begriff „Fintech“ längst etabliert – kein Banker, Berater oder Investor, der nicht sofort wüsste, was damit gemeint ist. Schließlich mischen die jungen Finanztechnologie-Firmen die Branche gerade mächtig auf. Sie ermöglichen Kredite von privat an privat, schaffen Transparenz, wo der Kunde früher selbst viele einzelne Angebote einholen musste, und bieten Vermögensverwaltungsstrategien an, die bisher den Superreichen vorbehalten waren.

 Auch wenn viele Deutsche mit dem Begriff „Fintech“ noch immer nicht viel anfangen können, setzen sich die Angebote der jungen Anbieter im Alltag langsam, aber sicher durch. Das zeigen Umfragen. Allerdings wird längst nicht aus jeder zarten Neugründung ein Internetriese erwachsen. Wie bei allen Start-ups wird der Löwenanteil der Fintechs früher oder später wieder vom Markt verschwinden. Höchste Zeit, etwas Aufklärungsarbeit zu leisten. Deshalb wird das Handelsblatt in den kommenden Wochen in einer Serie einzelne Geschäftsbereiche genauer beleuchten – aus Kundensicht.

Viele Fintechs entstehen, weil ihre Gründer sich über komplizierte Prozesse im Banking ärgern. Sie wollen die Angebote einfacher machen, schneller und oft auch günstiger. Anfangs haben sich viele deshalb als Herausforderer der traditionellen Banken positioniert. Das hat sich geändert. Inzwischen haben sich viele Fintechs zu gefragten Kooperationspartnern entwickelt. Als echte Konkurrenten zu etablierten Geldhäusern agieren heute vor allem noch Smartphone-Banken wie N26, Kontist, Revolut oder Transferwise. Andere Fintechs treten gar nicht direkt mit Verbrauchern oder Firmenkunden in Kontakt. Sie helfen, Prozesse zwischen Bank und Kunde zu vereinfachen – zum Beispiel mit Videoidentifikation, Fotoüberweisungen oder Datenschnittstellen.

In Deutschland gibt es laut einer Fintech-Studie von Comdirect aktuell rund 700 solcher Firmen. Die Zahlen basieren auf Daten des Düsseldorfer Unternehmensberaters Peter Barkow, der nur solche Fintechs gezählt hat, die maximal zehn Jahre alt sind, noch nicht von anderen Firmen übernommen wurden und ihren Sitz in Deutschland haben. Noch sind die Marktanteile der jungen Wilden im Vergleich zu den etablierten Instituten winzig. Aber das könnte sich bald ändern. Denn Befragungen zeigen, dass Verbraucher großes Interesse an den neuen Angeboten haben.

In einer Umfrage der Beratung Horn & Company gaben jetzt knapp 53 Prozent von rund 3.000 Handelsblatt-Lesern an, dass sich Angebote von Fintechs und Banken für ihre Bedürfnisse gut ergänzen. Lediglich 37 Prozent der Befragten wollten ihre Bankgeschäfte nur etablierten Banken anvertrauen. Der Rest würde ausschließlich Fintechs nutzen, wenn diese alle Bankdienstleistungen abdecken würden. An Finanz-Apps von Drittanbietern, die Dienste rund ums Konto und das Bezahlen bieten, sind laut einer repräsentativen Umfrage der Unternehmensberatung PWC, die dem Handelsblatt exklusiv vorliegt, sogar sechs von zehn Deutschen interessiert.

Goldgräberstimmung

Bei vielen Gründern herrscht Goldgräberstimmung, gerne würden sie so etwas wie ein zweites Paypal aufbauen. Das Bezahlsystem aus den USA wird laut Handelsforschungsinstitut EHI allein in Deutschland in 90 Prozent der Top-1.000-Onlineshops angeboten. „Als deutsches Ur-Fintech sehe ich Interhyp“, sagt Berater Barkow. Die Vergleichsplattform für Baufinanzierungen ist seit dem Jahr 2000 auf dem Markt, im vergangenen Jahr wurden darüber Kredite in Höhe von 18 Milliarden Euro abgeschlossen.

Solche Erfolgsgeschichten dürften aber die Ausnahme bleiben. Experten rechnen damit, dass langfristig nur etwa zehn Prozent der Fintechs überleben. Christian Nagel, Gründer und Partner des Risikokapitalgebers Earlybird, sieht die besten Chancen für Unternehmen, die Kostenvorteile schaffen: „Wenn Prozesse digitalisiert werden, sinken die Kosten – und davon profitieren auch die Verbraucher.“ Besonderes Potenzial biete dabei die Blockchain-Technologie, eine Art riesige dezentrale Datenbank. „Wenn Nutzer mit einem Angebot weder Zeit noch Geld sparen, wird es sich nicht durchsetzen“, warnt Nagel. Außerdem müssten die Unternehmen schnell wachsen.

Für André Bajorat, Chef des Fintechs Figo, ist die entscheidende Frage gar nicht so sehr, ob und welche einzelnen Firmen sich am Markt durchsetzen. Für ihn ist viel wichtiger, dass die Fintechs insgesamt die Finanzbranche umkrempeln. Als Beispiel für mehr Nutzerfreundlichkeit nennt er Kontowechsel-Dienste, dank derer Kunden ihre Daueraufträge automatisch von der alten zur neuen Bank übertragen und Zahlungspartner über die neuen Kontodaten informieren können. Diesen Service haben inzwischen viele Banken in ihre Systeme integriert. „Auch bei der Entwicklung eigener digitaler Vermögensverwaltungen wären Banken heute nicht so weit fortgeschritten, wenn Fintechs nicht vorgelegt hätten“, ist sich Bajorat sicher.

Die jungen Wilden sorgen dafür, dass sich auch die Platzhirsche bewegen müssen, gleichzeitig entwickeln sich die Fintechs zu wichtigen Kooperationspartnern für Banken und Versicherer. Für die Kunden erweitert sich dadurch die Angebotspalette. So arbeitet seit Mitte September auch die Direktbank ING-Diba mit dem Robo-Advisor Scalable Capital zusammen. Eine solche Online-Vermögensverwaltung gab es bei der Bank zuvor nicht. Innerhalb von nur zwei Monaten haben Kunden der ING-Diba über Scalable mehr als 150 Millionen Euro in Indexfonds investiert.

Das Beispiel zeigt auch, wie wichtig Partnerschaften mit großen Banken für Fintechs sind. Unabhängig von der ING-Diba-Kooperation verwaltet Scalable zwar weitere 350 Millionen Euro – doch dauerte es zwei Jahre, um dieses Geld einzusammeln. „Die Kooperation mit einer großen Bank bietet Fintechs direkten Zugang zu einem großen Kundenstamm und sie schafft Vertrauen bei den Nutzern“, meint Barkow. „Aus Verbrauchersicht sind solche Kooperationen ein Qualitätssiegel“, so der Berater. „Denn bevor sich eine Bank mit einem Fintech einlässt, wird dieses auf Herz und Nieren geprüft.“

Auch die Finanzaufsicht Bafin hat Fintechs genau im Blick. „Grundsätzlich bieten digitale Geschäftsmodelle die Möglichkeit, Finanzdienstleistungen für Verbraucher leichter zugänglich zu machen und sie transparenter, verständlicher und kostengünstiger zu gestalten“, sagt Christian Bock, Abteilungsleiter Verbraucherschutz bei der Bafin. Allerdings gebe es auch Nachteile und Risiken. „Kunden verzichten bei Fintechs häufig auf eine individualisierte Betreuung und es kann zu einer Abhängigkeit von Algorithmen kommen“, so Bock. Außerdem könnten digitale Systeme Ziel von Hackerangriffen und Datenmissbrauch werden.

Diese Sorge beschäftigt auch die Handelsblatt-Leser. Laut der Umfrage von Horn & Company bereitet jedem vierten Befragten die Gefahr von Cyberangriffen auf seine Finanzen große Sorgen. Der Vertrauensvorsprung der Banken ist an dieser Stelle allerdings nicht besonders ausgeprägt: Nur 35 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen traditionelle Banken sicherer erscheinen als Fintechs, und rund 28 Prozent vertrauen weder der IT von Fintechs noch der von Banken.

Regulatorisch müssen viele Fintechs bereits die gleichen Voraussetzungen erfüllen wie Banken. „Gleichartige Geschäfte unterliegen auch der gleichen Regulierung, egal, ob ein Produkt per App, über eine Website oder von einem Menschen angeboten wird“, erläutert Oliver Fußwinkel, Referatsleiter Finanztechnologische Innovationen bei der Bafin. Welche Firmen die Bafin beaufsichtigt, können Verbraucher in der „Unternehmensdatenbank“ auf der Internetseite der Aufsicht nachschauen. Allerdings: Viele Fintechs verzichten bei ihrer Gründung zunächst auf eine eigene Banklizenz und übertragen diesen Teil des Geschäfts an Dienstleisterbanken wie Wirecard oder Solarisbank. Die dann im Hintergrund die Transaktionen abwickeln.

Auch die Verbraucherschützer werten eine ganze Reihe von Fintech-Geschäftsmodellen als Bereicherung für die Kunden. Zugleich rät Dorothea Mohn, Finanzexpertin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), aber zu gesunder Skepsis: „Fintechs positionieren sich häufig als besonders kundennah, trotzdem sollten Verbraucher ihnen nicht blind vertrauen, denn auch dort bekommen sie nichts geschenkt.“ Selbst wenn Dienstleistungen kostenlos angeboten werden, fordern die Firmen häufig eine Gegenleistung: die Daten der Kunden. „Dessen sind sich viele Verbraucher nicht bewusst, und hier braucht es konkretere Vorgaben des Gesetzgebers “, fordert Mohn. „Regulierungslücken“ sieht sie auch bei Crowdinvesting-Plattformen, die bisher nicht von der Bafin beaufsichtigt werden, und Vergleichsportalen, die „meist keinen vollständigen Marktüberblick bieten“, so Mohn.

Neue Regeln ab Januar

Neue Regeln gibt es ab Januar für Fintechs, die auf Wunsch der Kunden auf deren Konto zugreifen – etwa für „Multibanking-Tools“. Um ihr Geschäft weiter betreiben zu dürfen, müssen sich diese Anbieter bei der Finanzaufsicht registrieren lassen oder sogar eine Lizenz beantragen. Geregelt ist das in der EU-Zahlungsdiensterichtlinie PSD2. Laut PWC-Studie interessieren sich 60 Prozent der Deutschen für Multibanking-Tools, die mehrere Bankkonten in einer App zusammenführen, so dass Kunden sie zentral verwalten können. Ähnlich hoch ist das Interesse an innovativen Zahlungsdiensten, wenn sie kostengünstiger sind als klassische Bezahlmethoden. „Solche Tools sind längst nicht mehr nur für Technologie- oder Finanz-‚Nerds‘ attraktiv“, sagt Peter Kleinschmidt, Leiter Digital Financial Services bei PWC Deutschland. Auch die meisten „Normalkunden“ würden sich Vorteile davon versprechen.

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1 Kommentar zu "Innovative Finanz-Start-ups auf dem Prüfstand: Wie Verbraucher von Fintechs profitieren"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Wenn man BILLIG mag, wie bei Fintechs das oftmals der Fall ist, erhält man auch BILLIG - sehr oft bieten Fintechs keine genügende Einlagensicherung. lassen sich für Guthaben eine Strafzins zahlen, handeln nicht mit internationalen Händlern oder haben einen recht eingeschränkten Service.
    Wer ähnlich wie bei BILLIG Fliegern gerne auch mal auf einen Flug verzichten kann, bleibt auch mal am Boden - was so eine Unzuverlässigkeit, bzw. eingeschränkten Service dann in der Realität bei Fintechs bedeutet, kann ich und viele andere auch nicht sagen.

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