Rotation am Aktienmarkt Investoren ziehen 600 Millionen Dollar aus Fonds von Cathie Wood ab

Im vergangenen Jahr erzielte die Star-Investorin Renditen von mehr als 100 Prozent.
Düsseldorf Tech-Aktien stehen aktuell unter Druck: Der Index der Technologiebörse Nasdaq verlor in dieser Woche 3,8 Prozent an Wert. Das setzt einer Investorin besonders zu: der US-Amerikanerin Cathie Wood, die mit ihrem Investmenthaus ARK ausschließlich auf Technologie- und Wachstumsaktien setzt.
Nicht nur, dass die Kurse ihrer sechs börsengehandelten, aktiv gemanagten Fonds fallen: Ihr Flaggschifffonds ARKK verlor in dieser Woche 6,3 Prozent, während der breitere S&P 500 nur 2,2 Prozent einbüßte. Zudem ziehen Investoren massiv Geld aus den Fonds ab, wie Daten der Analyseseite ETF Database zeigen.
Die Informationen werden zeitverzögert veröffentlicht, die neuesten Daten bilden daher den Stand von Dienstag ab: Demnach zogen Investoren allein an diesem Tag mehr als 300 Millionen Dollar aus den ARK-Fonds ab. Zusammen mit den Zahlen von Montag und Freitag summieren sich die Abflüsse auf 600 Millionen Dollar.
Im Wesentlichen gibt es drei Gründe für die aktuelle Schwäche von Tech- und Wachstumsaktien:
- Anleihen werden zur Alternative: Die US-Notenbank Fed signalisierte am vergangenen Donnerstag, im Monat November mit einer Drosselung der Anleihekäufe zu starten. Seitdem sind die Renditen von Staatsanleihen sprunghaft gestiegen: Die Rendite der maßgeblichen zehnjährigen US-Treasuries kletterte auf Wochensicht von rund 1,325 Prozent auf bis zu 1,558 Prozent – am Anleihemarkt ist das eine deutliche Bewegung in so kurzer Zeit. Seitdem hält sich der Wert über der Marke von 1,5 Prozent. Damit würden Anleihen wieder zu einer Konkurrenz für Aktien, sagt Ken Mahoney, Chef des gleichnamigen Vermögensverwalters.
- Künftige Erträge werden abgezinst: Die Renditen sind nicht nur entscheidend dafür, ob Investoren in Aktien oder Anleihen investieren, sondern auch für die Bewertung von Unternehmen. Je höher die Renditen von Staatsanleihen sind, also der risikolose Zins für Investoren, desto stärker werden die künftigen Erträge von Unternehmen diskontiert. Für die Bewertung von Wachstumstiteln aber schauen Analysten gerade auf die Erträge in der Zukunft. Sinken diese schon allein aufgrund des Kalkulationszinssatzes, werden Aktien von Wachstumsunternehmen dadurch besonders belastet. Zudem gehen Investoren davon aus, dass die Fed bereits 2022 die Zinsen anheben wird. Das erhöht die Finanzierungskosten der Unternehmen und drückt auf die Gewinne.
- Hohe Inflation: In den USA ziehen die Preise an, dort liegt die Inflationsrate seit dem Mai bei über fünf Prozent – und eine Entspannung scheint kurzfristig nicht in Sicht zu sein. Am Mittwoch erklärte Fed-Chef Jerome Powell, die Inflation werde sich länger auf einem höheren Stand halten als gedacht. Für Wachstumstitel ist das Gift. Denn deren Bewertung stützt sich in der Regel auf hohe Gewinnerwartungen in der Zukunft. Eine hohe Teuerungsrate entwertet aber diese Gewinne.
Viele Investoren passen ihr Portfolio dementsprechend an, trennen sich von Wachstumsaktien und kaufen stattdessen zyklische Substanzwerte (Value). Damit folgen sie den Empfehlungen von Aktienstrategen. So schreiben die Experten der US-Bank JP Morgan in ihrer aktuellen Studie: „Unserer Meinung nach ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um sich mit zyklischen Value-Aktien zu beschäftigen.“
Dabei sehen sie außerhalb der USA Chancen. In Europa empfehlen sie angesichts steigender Anleiherenditen und des starken wirtschaftlichen Ausblicks auf das Jahr 2022 unter anderem den deutschen Werkstoffhersteller Covestro und den Baustoffkonzern Heidelberg Cement. „Wir bevorzugen prozyklische Aktien mit niedrigen Bewertungen, die am meisten von einem Stimmungsumschwung der Anleger profitieren werden.“
Ähnlich schätzt Andrew Pease, Aktienstratege bei Russel Investments, die Lage ein: „Ein stärkeres Wirtschaftswachstum und eine steilere Zinskurve sollten zyklische Aktien gegenüber teuren Technologie- und Wachstumswerten begünstigen.“ Auch er sieht außerhalb des US-Marktes die größeren Wachstumschancen.
Die Fonds von Cathie Wood werden durch diese Bewegung besonders getroffen. Denn sie investiert ausschließlich in Wachstumsaktien, von denen sie glaubt, dass sie eine Rendite von 15 Prozent pro Jahr abwerfen und ihren Wert somit in fünf Jahren verdoppeln werden.
Im vergangenen Jahr erzielte Wood mit diesem Ansatz Renditen von mehr als 100 Prozent. Jetzt hat sich das Börsenumfeld gedreht und Woods Lieblingsunternehmen sind weniger gefragt. Schließlich machte rund die Hälfte der Unternehmen in ihrem Flaggschifffonds ARKK laut dem Finanzdatenanbieter Bloomberg zuletzt keinen Gewinn. Die 51 Unternehmen, von denen Wood zum Halbjahreswechsel 2021 Aktien im Wert von 25 Milliarden Dollar hielt, erwirtschafteten kumuliert einen Verlust von 300 Millionen Dollar.
Wood beobachtet die aktuelle Kursschwäche ihrer Titel allerdings entspannt. Sie geht davon aus, dass die hohen Inflationsraten nur vorübergehend sind und das Wirtschaftswachstum wieder abnehmen wird, bis die Möglichkeiten neuer Technologien das Wachstum wieder antreiben. „In diesem Umfeld sollten sich innovationsbasierte Strategien auszeichnen“, twitterte Wood.
Aktuell ist im ARKK der E-Auto-Pionier Tesla mit 10,34 Prozent am stärksten gewichtet, gefolgt vom Telemedizinkonzern Teladoc Health (5,64 Prozent), dem Fernsehausrüster Roku (5,46 Prozent), der Kryptobörse Coinbase (5,08 Prozent) und Unity Software (5,01 Prozent), einem Softwareentwickler für Videospiele.
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