Umfrage der Bank of America Bei den Profi-Investoren lässt die Begeisterung für Aktien nach

Viele Investoren sind noch immer in Aktien übergewichtet.
Frankfurt Die internationalen Investoren agieren etwas vorsichtiger mit Aktien-Investments, pessimistischer mit Blick auf die Konjunktur, aber weniger besorgt wegen der erhöhten Inflation. Das ergibt sich aus einer Umfrage der Bank of America unter 232 internationalen Investment-Managern, die gut 800 Milliarden US-Dollar verwalten.
Netto 50 Prozent der Befragten gaben an, sie hätten Aktien übergewichtet. Das ist ein deutlicher Rückgang gegenüber einem Höhepunkt von gut 60 Prozent im April. Netto 50 Prozent heißt in diesem Fall, dass 50 Prozent mehr ein Übergewicht haben als solche, die es nicht haben – es gibt also nach wie vor eine Mehrheit von Optimisten.
Anleihen bleiben angesichts der niedrigen laufenden Erträge und der Aussicht auf sinkende Kurse bei steigenden Zinsen unbeliebt. Der Konsens ist nach wie vor, dass es keine guten Alternativen zu Aktien gibt.
Zum Teil sind die Trends auch widersprüchlich. So hat die Zahl der Investoren, die in Europa eine längere Aktienrally erwarten, sogar noch zugenommen. „Wir waren überrascht, wie sehr die Investoren weiter auf Aktien setzen, obwohl sie pessimistischer mit Blick auf die Konjunktur werden“, sagt Andreas Bruckner, der bei der Bank of America für die Fragen speziell zu Europa zuständig ist.
Eine Mehrheit von 69 Prozent der Befragten hält die erhöhte Inflation für ein vorübergehendes Phänomen, nur 28 Prozent glauben, dass sie dauerhaft sein wird. Die Inflationssorgen sind seit dem Höhepunkt im April stark zurückgegangen: Während damals noch fast doppelt so viele Investoren eine steigende Inflation erwarteten gegenüber denen, die eine fallende prognostizierten, sind die beiden Lager inzwischen gleich groß. Im August haben die Preise um 5,3 Prozent angezogen, gab das Arbeitsministerium derweil am Mittwoch bekannt.
Finanzen, Gesundheit und Rohstoffe vorn
84 Prozent der Investoren erwarten, dass die US-Notenbank Fed die Drosselung ihrer Anleihekäufe für das Jahresende ankündigt. Als mögliches Hindernis gilt dabei eine starke Entwicklung der Delta-Variante des Coronavirus. Seit Monaten gibt es eine lebhafte Diskussion zu der Frage, ob die Fed möglicherweise zu spät auf die Inflation reagiert und dann mit einer zu starken Gegenreaktion die Wirtschaft und die Kurse unter Druck setzt.
Zyklische Werte sind bei den Investoren noch immer gefragt, wenn auch weniger als zuvor. Bei der Positionierung liegen die Sektoren Finanzen, Gesundheit und Rohstoffe vorn, und zwar jeweils in Relation zu ihren früheren Positionierungen. Speziell in Europa gelten die hiesigen Banken und Versicherer als eine Art Absicherung gegen steigende Zinsen. Anleihen liegen dagegen am Ende der Skala.
Als sehr beliebt erscheinen Anlagen in US-Tech-Werte und in Produkte mit ESG-Label, also Investments, die ökologische, soziale oder Werte der guten Unternehmensführung berücksichtigen. Auf Position drei stehen Wetten gegen chinesische Aktien. Solche „crowded deals“ können zu Übertreibungen und damit später zu Rückschlägen führen.
Parallel dazu stellt Goldman Sachs in einer Studie fest, dass die Stimmung an den Märkten seit Anfang des Jahres immer von relativ hoher Risikobereitschaft geprägt ist. Seit einer Eintrübung Mitte August habe sich die Stimmung wieder aufgehellt.
Der Zustrom von Kapital in den Aktienmarkt halte an, heißt es weiter. Die Schwankungen seien relativ moderat und hätten damit auch Geld angezogen, das in speziellen Fonds von systematischen Risiko-Strategien gesteuert werde.
Die US-Bank erwartet aber, dass die Begeisterung für Aktien bald wieder etwas nachlässt. Sie begründet das mit einer schwächeren Wachstumsdynamik bei den Unternehmensgewinnen, die in der Erholung aus dem Corona-Tief sehr stark angezogen hatten. Weil es keine wirklich Alternativen gibt, werde der Zustrom aber anhalten.
Zwei Sichtweisen zur Bewertung
Somit ergeben sich zwei Sichtweisen der Bewertung der US-Börsen. Auf der einen Seite sind Aktien im historischen Vergleich relativ teuer. Auf der anderen Seite sind sie im Vergleich zu anderen Vermögensklassen, vor allem Anleihen, relativ billig.
Der US-Experte Brian Reynolds von Reynolds Strategy hat dieses Verhältnis auch in einem Langzeit-Vergleich der Bewertungen von Aktien und Hochzins-Anleihen seit 1995 herausgearbeitet. Dabei hat er die Gewinnrendite im Aktienindex S&P 500 mit der Rendite von US-Hochzins-Anleihen aus dem Unternehmenssektor verglichen.
Das Ergebnis: Nur einmal, vor etwa zehn Jahren, war die Gewinnrendite der Aktien wie heute höher als die der Bonds. Anders formuliert: Seit 1995 waren Aktien relativ gesehen fast immer weitaus teurer als heute.
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