Wagniskapital DvH Ventures bringt digitalen Gesundheitsfonds an den Start

Die Coronakrise sorgt für eine steigende Nachfrage nach digitalen Produkten und Dienstleistungen im medizinischen Bereich.
Frankfurt Der Wagnisfinanzierer Dieter von Holtzbrinck Ventures (DvH Ventures) geht mitten in der Covid-19-Pandemie mit einem neuen „Digital Health Fonds“ an den Start. Europaweit sollen aus dem Fonds mehrere Investitionen in digitale Gesundheitslösungen erfolgen.
„Für den Fonds liegen nun Kapitalzusagen über 60 Millionen Euro vor. Das Fundraising dauerte bis zum ersten Zeichnungsschluss rund ein Jahr. Geplant ist für die Zukunft noch ein Second Closing“, sagt Managing Partner Fabian von Trotha im Gespräch mit dem Handelsblatt.
„Wir peilen mit dem neuen Fonds circa 15 Investments an. Zu den Marktsegmenten, die infrage kommen, gehören beispielsweise die Telemedizin, Software für Ferndiagnosen, Künstliche Intelligenz im Medizinbereich, Wearables für die mobile Messung von Körperfunktionen sowie Anbieter elektronischer Patientenakten“, sagt der Manager.
Die Coronakrise sorgt für eine steigende Nachfrage nach digitalen Produkten und Dienstleistungen im medizinischen Bereich. Zu den Investoren des „Digital Health Fonds“ zählen unter anderen die in München ansässige Noventi Group, das Family-Office des Pharmaherstellers Ursapharm, der Wort und Bild Verlag – mit 36 Millionen Leserkontakten pro Monat der marktführende Anbieter von Gesundheitsmedien wie etwa der „Apotheken Umschau“ in Deutschland – sowie weitere Multi-Family-Offices.

Der Managing Partner bei DvH Ventures peilt 15 Investments mit dem Fonds an.
DvH Ventures ist eine Schwestergesellschaft der DvH Medien, zu der unter anderen die Handelsblatt Media Group gehört. DvH Ventures hat als Frühphaseninvestor aus zurückliegenden Fonds insgesamt 62,5 Millionen Euro in 28 Start-ups investiert.
„Einer unserer erfolgreichsten Exits war sicherlich Studydrive. Aber auch viele aktuelle Beteiligungen aus unserem Portfolio entwickeln sich hervorragend wie beispielsweise die E-Learning-Plattform Masterplan.com, das Finanzportal für den Mittelstand Compeon oder Nect, das mithilfe Künstlicher Intelligenz Identitäten binnen Minuten digital verifiziert“, sagt Peter Richarz, Co-Initiator und weiterer Managing Partner beim Geldgeber für Jungunternehmer.
Jährlich gehen bei DvH Ventures rund 1500 Finanzierungsanfragen ein. Bei der Renditevorstellung unterscheiden sich die Geldgeber für den neuen Fonds nicht von anderen Investoren. In der Regel erwartet man eine Netto-Rendite nach allen Kosten von rund 20 Prozent pro Jahr.
„Unser Konzept beruht darauf, dass unsere Beteiligungen durch das enorme Branchenwissen unserer Investoren über Märkte und Marktteilnehmer profitieren“, sagt von Trotha. Man schaffe Schnittstellen, um schnelle Marktzugänge und einen effizienten Wissensaustausch zu ermöglichen. Das funktioniere in beide Richtungen.
„Unsere Investoren erhalten Digitalisierungs-Know-how, das selbst bei etablierten Unternehmen nicht so schnell anwachsen würde“, skizziert von Trotha das Geschäftsmodell.

Der Managing Partner bei DvH Ventures erwartet, dass digitale Geschäftsmodelle im Gesundheitsbereich an Bedeutung gewinnen werden.
Darüber hinaus bietet der neue digitale Gesundheitsfonds den Start-ups einen Zugang zu starken Medienmarken wie Die Zeit, Handelsblatt, Wirtschaftswoche, Tagesspiegel, Apotheken Umschau, Senioren und Diabetes Ratgeber, Baby und Familie sowie weiteren Publikationen. Damit werden nach Angaben von DvH Ventures „über 50 Prozent der deutschen Haushalte crossmedial erreicht“.
Start-ups kämpfen mit Umsatzeinbrüchen
Wegen der Auswirkungen der Coronakrise befindet sich der Venture-Capital-Markt für Start-ups in Europa auch im zweiten Quartal 2020 unter Druck, wenngleich es zumindest in Deutschland erste Erholungstendenzen gibt.
Laut einer Umfrage des Wiener Venture-Capital-Spezialisten Venionaire Capital erwarten Investoren und Business-Angels eine schwierige zweite Jahreshälfte. „Obwohl die Zuversicht gegenüber dem ersten Quartal gestiegen ist, sind wir noch lange nicht dort, wo wir derzeit stehen müssten“, sagt Berthold Baurek-Karlic, Geschäftsführer von Venionaire Capital. Laut der europaweiten Umfrage warten viele Investoren noch immer die langfristigen Folgen der Pandemie ab und halten sich mit Risikoinvestments zurück.
Auf der Gewinnerseite dürften allerdings digitale Gesundheitslösungen stehen. Gerade bei Start-ups im Bereich der Impfstoffforschung, der Bio-Wissenschaften sowie bei Anbietern von einschlägigen Lösungen im Bereich digitale Gesundheit sei die Wahrscheinlichkeit von Investments am größten, heißt es im Ausblick von Venionaire Capital.
Die Förderbank KfW und der Branchenverband BVK haben in einer jüngst erfolgten Sonderbefragung unter 24 in Deutschland aktiven Venture-Capital-Investoren herausgearbeitet, was die Risikokapitalgeber umtreibt. 22 Venture-Capital-Gesellschaften gaben an, dass die Start-ups in ihren Firmenportfolios mit Umsatzeinbrüchen zu kämpfen haben, zwölf waren der Meinung, dass Jungunternehmer vermehrt scheitern würden.
Zehn VC-Gesellschaften gehen davon aus, dass Direktinvestoren wie etwa Fonds ihre Beteiligungszusagen zurückziehen werden, und ebenfalls zehn Risikokapitalgeber glauben, dass Investoren aus dem Ausland den Rückzug antreten werden.
Insgesamt hat sich das Geschäftsklima für die Frühphasenfinanzierer im zweiten Quartal aber gebessert, der Schock aus dem März ist vorerst gewichen. Die Gefahr für weitere Corona-bedingt geplatzte Deals dürfte gebannt sein, heißt es im jüngsten Research der KfW.
Bisher zeigt sich der europäische VC-Markt noch erstaunlich widerstandsfähig angesichts der Krise. Im ersten Halbjahr 2020 wurden laut dem Analysehaus PitchBook von den Fonds 7,6 Milliarden Euro eingesammelt, im Gesamtjahr 2019 waren es 11,2 Milliarden Euro.
Der größte europäische Fonds im zweiten Quartal war laut PitchBook Cathay Innovation, der gut 500 Millionen Euro eingesammelt hat und der ebenfalls stark auf die digitale Gesundheitsversorgung setzt.
Zu einer neuen Normalität gehöre eine deutlich zunehmende Bedeutung digitaler Lösungen, gerade auch im Gesundheitssektor, sagt Richarz von DvH Ventures. „Für uns als Venture-Capital-Unternehmen gibt es keinen besseren Zeitpunkt, in digitale Geschäftsmodelle im Gesundheitsbereich zu investieren“, ergänzt der Beteiligungsmanager.
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