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Weltgrößter Vermögensverwalter Die ungenutzte Macht: Blackrock springt beim Klimaschutz zu kurz

Wie effizient nutzt Blackrock seinen Einfluss wirklich, um Konzerne zu mehr Nachhaltigkeit zu bewegen? Kritiker und Aktivisten fordern mehr Engagement.
11.02.2020 - 04:00 Uhr Kommentieren
Blackrock springt beim Klimaschutz zu kurz Quelle: AFP
Klimaaktivisten verlassen das Blackrock-Gebäude in Paris

Die Aktivisten hatten die französische Zentrale des Vermögensverwalters ins Visier genommen.

(Foto: AFP)

Frankfurt Die Blackrock-Zentrale in Paris erhielt zum Wochenauftakt unerwünschten Besuch. Mehrere Dutzend Klimaaktivisten stürmten das Gebäude in der Innenstadt und sprühten auf die Wände Parolen wie: „Ich will leben“. Die Sicherheitskräfte waren von der Aktion offenbar überrascht worden, die Polizei versuchte, weitere Eindringlinge abzuhalten, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg.

Die Proteste gegen den US-Finanzkonzern verwundern auf den ersten Blick, da Larry Fink, Chef des mit rund sieben Billionen Dollar weltgrößten Vermögensverwalters, sich zuletzt für den Klimaschutz eingesetzt hatte. In seinem jüngsten Brief an Spitzenmanager weltweit fordert der 67-Jährige ein Umdenken der Konzerne. Unternehmen, die keine aussagefähigen Informationen darüber liefern, wie sie es mit der Nachhaltigkeit halten und wie sie der Herausforderung des Klimawandels begegnen wollen, droht er mit harten Konsequenzen, wie der Verweigerung der Entlastung des Vorstands auf der Hauptversammlung.

Kritiker hören die Botschaft von Blackrock wohl, doch vielen fehlt der Glaube an die grüne Mission. Schon vor Finks Mahnbrief war die Fondsgesellschaft in die Kritik geraten. Eine Analyse der britischen Denkfabrik Influence Map kommt zu dem Schluss, dass große Vermögensverwalter wie Blackrock nicht genug tun, um die im Pariser Klimaabkommen vereinbarten Ziele zu erreichen. Die wichtigste Vorgabe des globalen Aktionsplans von Ende 2015: Der Temperaturanstieg soll weltweit auf unter zwei Grad begrenzt werden.

Influence Map hat mit einer Studie einen Maßstab entwickelt, der das Engagement der Vermögensverwalter für den Klimawandel misst. Die zentrale Frage dabei lautet: Wie effizient nutzen Firmen wie Blackrock ihren Einfluss, um Verhaltensänderungen in den Unternehmen durchzusetzen, an denen sie beteiligt sind? Das Ergebnis: Gerade US-Fondsverwalter nutzen ihre Marktmacht kaum.

Dabei ist ihr Einfluss enorm. Allein Blackrock hält in 2.500 Unternehmen weltweit fünf bis zehn Prozent der Anteile. Für ihre Untersuchung überprüften die Briten das Abstimmungsverhalten bei Aktionärsanträgen, die die Pariser Ziele in Hauptversammlungen unterstützen sollten. Blackrock und der kalifornische Konkurrent Capital Group, der knapp zwei Billionen Dollar verwaltet, „stimmten in 90 Prozent der Abstimmungen im Jahr 2018 gegen derartige Resolutionen“, lautet das Ergebnis

Influence Map analysierte 50.000 Fonds, die von 150 Finanzgruppen gemanagt werden, und stieß dabei auf insgesamt 8,2 Billionen Dollar an Investments, die in Schlüsselindustrien für den Klimawandel liegen. Dazu zählen die Experten die Branchen Öl und Gas, Kohleförderung, Automobile und Energieerzeugung. Kritiker werfen Blackrock darüber hinaus vor, dass die Firma in den USA gegen alle Vorschläge gestimmt habe, die von der Klimabewegung Climate Action 100+ ausgingen. Nach Meinung der Klimalobbyisten von Majority Action hat Blackrock damit „die Bemühungen für Rechenschaftspflicht und Transparenz im Energie- und Automobilsektor durchkreuzt“.

Andere Vermögensverwalter sind schon weiter

Andere große Vermögensverwalter wie Legal & General Investment Management, BNP Paribas Asset Management, Pimco oder Standard Life Aberdeen hätten dagegen häufig gegen umstrittene Kandidaten für Direktoriumsposten gestimmt sowie Vergütungsvorschläge in der Öl- und Gasindustrie abgelehnt. Auch die DWS-Gruppe, die Fondstochter der Deutschen Bank, habe für verbesserte Emissionsrichtlinien und Pläne für einen verringerten Schadstoffausstoß gestimmt. „Es ist inzwischen unbestritten, dass sich mithilfe von nachhaltigen Investments Risiken verringern lassen“, betont Simon Klein, Vertriebschef bei der DWS.

Die Europäer sind nach seiner Ansicht den Amerikanern voraus, was klimaschonende Anlagekonzepte angeht. Das liege auch am Aktionsplan der Europäischen Union für nachhaltiges Wachstum. „Pensionsfonds etwa müssen sich hier erklären und offenlegen, welche Anlagen sie in ihrem Portfolio haben“, sagt Klein.

Blackrock führt in seinem jährlichen Treuhandreport für die zwölf Monate bis Juni des vergangenen Jahres 207 Unternehmen auf, mit denen der Fondsriese Klima- und Umweltprobleme diskutiert habe. Allerdings unterstützte der Vermögensverwalter nur vier Vorschläge von Aktionären, die Unternehmen verpflichten sollten, ihre CO2-Emissionen zu überprüfen. Insgesamt gab es 36 solcher Anträge.

Tatenlos bleibt Blackrock allerdings nicht: Zum Jahreswechsel hat das Unternehmen einen wichtigen Schritt vollzogen. Der Vermögensverwalter schloss sich der Klimabewegung Climate Action 100+ an, die inzwischen mehr als 370 globale Investoren mit einem Gesamtvolumen von 41 Billionen Dollar an verwaltetem Vermögen versammelt. Die Mitglieder wollen sicherstellen, dass die weltgrößten Treibhausgasemittenten die nötigen Maßnahmen ergreifen, um dem Klimawandel zu begegnen.

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An der Kritik von Influence Map ändert das jedoch nur wenig. Viele Investments des Vermögensverwalters stünden weiter in Konflikt mit dem weltweiten Klimaschutz. Thomas O’Neill, Chefresearcher von Influence Map, betont: „Wenn globale Asset-Manager die Pariser Vereinbarung unterstützen wollen und gleichzeitig in Autofirmen, der Energiebranche sowie Industrien mit fossilen Energien investiert bleiben möchten, müssen sie sich mit den Unternehmen auseinandersetzen, um den Wechsel in Technologien mit einem niedrigeren Ausstoß zu beschleunigen.“

Der norwegische Staatsfonds ist sogar noch einen Schritt weiter gegangen. Bereits im Sommer des vergangenen Jahres beschloss das Parlament in Oslo, dass der Fonds Anteile von mehr als 150 Unternehmen verkaufen soll, die Geld mit Öl, Gas und Kohle verdienen. Norwegen zieht so rund 5,8 Milliarden Dollar aus Kohleinvestitionen ab und etwa acht Milliarden Dollar aus dem Öl- und Gassegment. Knapp ein halbes Jahr später kündigte der französische Versicherer Axa an, sich „auf nachhaltige Finanzen zu konzentrieren, die zur Energiewende in großen Industrien beitragen“. Konkret: Der Versicherer will als Investor bereits bis 2030 in den wirtschaftlich entwickelten Ländern der OECD und bis 2040 in allen übrigen Staaten aus sämtlichen Kohleinvestments aussteigen.

Blackrock versucht sich an einer ähnlichen Strategie. In einem gesonderten Brief an seine großen Kunden kündigte der Vermögensverwalter an, Anlagen mit einem hohen Nachhaltigkeitsrisiko (ESG) aus „unseren aktiven Portfolios zu eliminieren“. Beispielsweise habe man begonnen, aus aktiven Anlageportfolios börsennotierte Anleihen und Aktien von Unternehmen zu entfernen, die mehr als 25 Prozent ihrer Umsätze aus der Kohleproduktion erwirtschaften. Dieser Prozess soll bis Mitte 2020 abgeschlossen sein.

Für die Umweltschützer von Urgewald ist das zu wenig: Die Vorgabe betreffe nur Unternehmen, die vor allem Kohle verbrennen, betonen die Umweltaktivisten. Das bedeute, dass einige der weltweit größten Kohlendioxidemittenten (CO2) wie RWE nicht erfasst würden. Denn mehr als 80 Millionen Tonnen Kohle, die RWE jedes Jahr fördere, würden direkt in den firmeneigenen Kraftwerken verbrannt. „Solange Energieunternehmen, die wie RWE große Mengen Kohle verbrennen, in Blackrocks Portfolio bleiben können, hat Larry Fink seine Hausaufgaben in Sachen Nachhaltigkeit einfach nicht gemacht“, meint Katrin Ganswindt von Urgewald.

Wird der weltgrößte Vermögensverwalter seinen eigenen Ansprüchen in Sachen Nachhaltigkeit gerecht? Quelle: dpa
Protest von Greenpeace gegen Blackrock in Frankfurt

Wird der weltgrößte Vermögensverwalter seinen eigenen Ansprüchen in Sachen Nachhaltigkeit gerecht?

(Foto: dpa)

Es ist nicht die einzige Kritik der Umweltschützer: Einige der weltweit größten Kohlebergbauunternehmen wie BHP Billiton aus Australien oder die US-Firma XCEL Energy blieben im Portfolio von Blackrock. Weil sie auch mit Metallen und Erzen handelten, rangiere der Kohleanteil am gesamten Umsatz unter 25 Prozent, klagt Urgewald. Das Beispiel zeige, weshalb Umsatzkriterien allein nicht ausreichen, um die gesamte Kohleindustrie abzudecken. Nötig seien absolute Grenzen, wie sie Axa vorgebe.

Blackrock hat eine Antwort auf die Kritik, die allerdings nicht direkt auf die Argumente von Urgewald eingeht: „Kraftwerkskohle ist in erheblichem Maß kohlenstoffintensiv, wirtschaftlich immer weniger rentabel und aufgrund ihrer Umweltauswirkungen in hohem Maße regulierungsbedürftig.“ Angesichts der Beschleunigung des globalen Energiewandels sei Blackrock der Ansicht, dass die langfristigen wirtschaftlichen Aussichten „keine weiteren Investitionen in diesem Sektor rechtfertigen“.

Noch lauter als bei den Investments der aktiven Fonds von Blackrock wird die Kritik bei den börsennotierten Fonds, den sogenannten ETFs. Diese Fonds werden nicht von Menschen gemanagt, sondern bilden lediglich Indizes nach. Bei Blackrock machen diese auch passive Investments genannten Fonds gut 4,6 Billionen Dollar und damit zwei Drittel der verwalteten Gelder aus.

Verdopplung des ETF-Angebots

Zeno Staub, Chef von der Schweizer Bank Vontobel, übt grundsätzliche Kritik an den ETFs: „Passive Produkte tun nichts, um Geld bevorzugt in Unternehmen anzulegen, die ihr Geschäft nachhaltig betreiben.“ Die Kunden würden von der Anlageindustrie erwarten, den schnellen Umbau in der Wirtschaft zu unterstützen, argumentiert Staub.

Blackrock betont: „Wir werden Kunden unverändert eine breite Auswahl an Investitionsmöglichkeiten bieten.“ Als Treuhänder habe der Konzern die Pflicht, die Indizes nachzubilden, in die die Kunden investieren wollten. „Folglich können wir die Aktien eines Unternehmens nicht verkaufen, solange diese Unternehmen in einem Index enthalten sind“, betont ein Sprecher.

Aber Blackrock arbeite an einer stärkeren Standardisierung seiner ETF-Produktlinie, einschließlich Kriterien, die die Hersteller von Kraftwerkskohle bis Ende 2020 aus allen ESG-ETF-Produkten ausschließen sollen.

Kritikern fehlt der Glaube an die grüne Mission des Vermögensverwalters. Quelle: Bloomberg
Blackrock-Zentrale in New York

Kritikern fehlt der Glaube an die grüne Mission des Vermögensverwalters.

(Foto: Bloomberg)

Außerdem versprechen die New Yorker, das Angebot an nachhaltigen börsennotierten ETFs in den nächsten Jahren auf 150 zu verdoppeln, um die Auswahl für die Anleger zu vergrößern. Bislang ist der Anteil nachhaltiger Investments am gesamten verwalteten Vermögen aber überschaubar. Blackrock verwaltet aktiv rund 50 Milliarden Dollar in Anlagelösungen, die den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft unterstützen.

Larry Fink weiß, dass er sein Unternehmen umbauen muss, um es zukunftsfähig zu machen. Große, viele Milliarden schwere Pensionsfonds wie Calpers und Calsters in den USA oder Schwedens AP7 wollen den Kampf gegen den Klimawandel voranbringen und fordern eine Neuorientierung.

Außerdem werden in den nächsten Jahrzehnten viele Billionen Dollar in die Hände der Millennials gelegt, die ab dem Jahrgang 1980 bis in die späten Neunzigerjahre geboren wurden. Diese Generation wird den Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit neu definieren. „Wer sich von den Anbietern von börsennotierten Indexfonds nicht richtig aufstellt, wird künftig alt aussehen“, betont DWS-Manager Klein. Das will keiner, auch Larry Fink nicht.

Mehr: Larry Fink ermahnt Deutschlands Topmanager: Der Boss des Fondsgiganten fordert mehr Nachhaltigkeit und kündigt weitere Indexfonds an.

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