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Whisky als Geldanlage Flüssiger Goldstandard

Whisky ist nicht nur zum Trinken da: Der Handel mit dem Hochprozentigen boomt, Anleger freuen sich über satte Renditen. Die Preise erreichen inzwischen wahnwitzige Höhen. Doch das Blatt könnte sich schnell wenden.
16.11.2017 - 17:12 Uhr Kommentieren
Ein Getränk nicht nur für Genießer, sondern auch für Anleger. Quelle: Getty Images
Glas mit Whisky

Ein Getränk nicht nur für Genießer, sondern auch für Anleger.

(Foto: Getty Images)

London Als er 16 Jahre alt wurde, bekam Andy Simpson seine erste Flasche Whisky von seinem Vater. „Wir haben damals einen Deal gemacht“, erzählt der heute 44-jährige Schotte. Zu jedem Geburtstag und jedem Feiertag schenken sich Vater und Sohn seither eine Flasche. Weil der Teenager Whisky noch nicht mochte, bunkerte er die Flaschen unter seinem Bett. So wurde er zum Sammler.

Nach der Schule fing Simpson bei einer Bank an und arbeitete sich hoch bis in die Londoner City. Nebenbei baute er seine Whisky-Sammlung aus, bald kaufte er 50 Flaschen im Jahr. Und er begann, die Preise zu notieren, die bei Whisky-Auktionen erzielt wurden. Er beobachtete, wie Investoren aus den USA, Europa und Asien immer wahnwitzigere Preise für die Macallans und Dalmores zahlten.

Der Markt wächst rasant: Im vergangenen Jahr wurden in Großbritannien 58.758 Flaschen bei Auktionen verkauft – für insgesamt 14,2 Millionen Pfund. Dieses Jahr, schätzt Simpson, werden es schon 80.000 Flaschen für 22 Millionen Pfund sein. Das Königreich ist weltweit der größte Markt.

Von seinem Farmhaus in der Grafschaft Perthshire aus betreibt Simpson die Firma Rare Whisky 101, nach eigenen Angaben die erste Beratung für den Whisky-Handel. „Die Welt kommt nach Schottland, um Scotch zu kaufen“, sagt er. Gegen Gebühr gibt er Auskunft über Preise, Trends und Anlagestrategien, und er agiert auch als Broker, wenn ein Sammler seine edlen Flaschen abstoßen möchte.

Mit börsenähnlichen Indizes, Benchmarks und Kurven versucht Simpson, die Marktentwicklung zu dokumentieren. Sein breitester Index ist der RW Apex 1000. Darin sind die 1.000 teuersten Whisky-Flaschen der Welt vertreten. Seit 2010 ist er um 349 Prozent gestiegen, allein im vergangenen Jahr legte er um 38 Prozent zu. „Es gab eine kleine Blase“, erklärt Simpson. Unter anderem habe ein 18 Jahre alter Macallan seinen Wert verdoppelt – von 19.000 Pfund auf 42.000 Pfund.

Für Anleger ist das Nischeninvestment dennoch nicht einfach zu verstehen. Anders als bei Aktien gibt es keine Firmenbilanz, an der sie sich orientieren könnten. Die Flaschen sind reine Spekulationsobjekte. Niemand weiß, wie groß der Markt ist: Die Brennereien halten viele Produktionszahlen geheim, und niemand führt Buch darüber, wie viele Flaschen getrunken werden und damit vom Markt verschwinden. Simpson kann also nur Auktionen beobachten und festhalten, was Investoren bislang für bestimmte Flaschen gezahlt haben.

Wer auf dem Markt mitbieten will, muss tiefe Taschen haben. „Die Preise sind recht hoch“, sagt Charles Foley vom Londoner Auktionshaus Christie’s. Die teuersten Whiskys können schon mal sechsstellige Summen kosten. Eine Flasche Karuizawa, Jahrgang 1960, wurde im April für 100.100 Pfund verkauft. Japanische Whiskys waren in den vergangenen Jahren angesagt. Laut Simpson haben sie ihren Höhepunkt aber überschritten, sein Karuizawa-Index ist seit Jahresbeginn um acht Prozent gefallen.

Am höchsten im Kurs stehen immer noch schottische Single Malts. Christie’s bietet auf der nächsten Auktion im Dezember einen 62 Jahre alten Dalmore namens „The Kildermorie“ an. Der in den Highlands gebrannte Edel-Whisky soll 40.000 bis 60.000 Pfund erzielen.

„Die Leute sind neugierig“

Die eine oder andere hochpreisige Flasche wird tatsächlich gekauft, um sie zu trinken. Derzeit würden ältere Whiskys aus den 1970ern und 1980ern nachgefragt, sagt Simpson. „Die Leute sind neugierig und wollen sie mal probieren.“ Ab einem Preis von 3.000 Pfund könne man aber davon ausgehen, dass es dem Käufer nicht um den Genuss, sondern um die Anlage gehe, erklärt Foley.

Die Preise steigen, weil Whisky plötzlich wieder in Mode kam und die Hersteller von der Nachfrage überrascht wurden. Ein guter Whisky muss viele Jahre lagern, die Destillerien konnten daher nicht schnell genug reagieren. Als dann noch die chinesische Mittelschicht den Scotch als Aufsteiger-Drink entdeckte, explodierten die Preise.

Das Blatt kann sich aber schnell wenden. Viele Brennereien haben ihre Produktion hochgefahren, bald könnte eine Whisky-Schwemme folgen. Zumal die Nachfrage keineswegs stabil ist. In Großbritannien lasse die Kauflust gerade eher nach und drücke die Preise, sagt Foley: „Die Preise folgen der wirtschaftlichen Lage.“

Auch für Whisky-Anleger gilt die alte Knappheitsregel: Je seltener, desto teurer. Die höchsten Preise erzielen Flaschen stillgelegter Brennereien wie Brora und Port Ellen in Schottland. Den Kultmarken droht nun aber ein Prestigeverlust. Der Getränkeriese Diageo hat angekündigt, die Brennereien wieder zu eröffnen. Die Firma will nur relativ kleine Mengen herstellen, und nach der Lagerung werden die ersten Whiskys frühestens in zehn Jahren auf dem Markt sein. Doch das exklusive Image leidet bereits. „Ein Teil der Attraktivität ist dahin“, sagt Simpson. „Wir sehen, wie die Preise nachgeben.“

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