+++ Fintech-Newsblog +++ Online-Geschäftsbank Penta sammelt weiteres Kapital ein
- In Deutschland gibt es etwa 900 Finanz-Technologie-Start-ups.
- Diese tummeln sich vielfach im Bereich Immobilien, Finanzierung, Versicherungen und Geldanlage. Etliche sind auch im Zahlungsverkehr, in der Online-Identifizierung oder der Finanzaggregation aktiv.
- Neue Entwicklungen aus der Branche lesen Sie hier.
Die Berliner Steuer-App Accountable erweitert ihre Series-A Finanzierung und kommt damit auf ein Gesamtinvestment von 10 Millionen Euro. Prominente Köpfe aus der Gründungs- und Fintech-Szene setzen auf die Steuer-App für Selbstständige, darunter der Münchner Investor 10x Founders, die Billie-Gründer Matthias Knecht und Christian Grobe sowie George Pallis, ehemaliger Marketingdirektor von Deliveroo und Transferwise.
Ende 2021 sammelte Accountable bereits knapp sechs Millionen Euro von den führenden europäischen Venture-Capital Fonds Stride.VC und Connect Ventures ein.
Mit dem frischen Geld expandiert Accountable in Europa und launcht weitere Finanz-und Steuer-Services, um zur ersten europäischen Finanz-Plattform für Selbstständige zu werden. Noch in diesem Jahr integriert Accountable neben der automatisierten Einkommens- und Umsatzsteuererklärung die Gewerbesteuererklärung in die App, wodurch das Fintech zur ersten ganzheitlichen Steuer-App für alle Selbstständige in Deutschland wird.
Neben der Steuerautomatisierung digitalisiert Accountable die komplette Buchhaltung und hilft Nutzerinnen und Nutzern mittels künstlicher Intelligenz, personalisiert Steuern einzusparen. Zu weiteren Kernfunktionen zählen Rechnungserstellung, Beleg-Scan sowie die Verbindung mit dem Bankkonto. Im letzten halben Jahr haben sich die Nutzer:innen von Accountable auf 20.000 Selbstständige verdoppelt.
„Mit IDnow haben wir den Siegeszug von Banken wie N26 begleitet. Die nächste Welle der Fintech-Innovation sind Steuern. Accountable hat hier die beste Lösung für Selbstständige entwickelt”, meint Felix Haas, Early Stage Investor und Gründer von 10x Founders & Bits & Pretzels.
Pliant erweitert Finanzierung auf 18 Millionen Euro
Der Anbieter von digitalen Firmenkreditkarten, Pliant, hat seine Seed-Runde erweitert. Die ursprüngliche Summe von fünf Millionen Euro wurde dabei kräftig auf 18 Millionen Euro erhöht. Mit dem Geld wollen die beiden Gründer Malte Rau und Fabian Terner die europäische Expansion ins Visier nehmen. Konkrete Länder will das Unternehmen Anfang des Jahres bekanntgeben.
In der erweiterten Seed-Runde haben der Fonds von Carsten Maschmeyer, Alstin Capital, der als Leadinvestor fungiert, sowie der Main Incubator der Commerzbank und Saber ihre Engagements aufgestockt. Als neuer Investor engagiert sich Finleap-Chef Ramin Niroumand mit seinem Fonds Embedded/Capital. Zu den ersten Investoren zählte beispielsweise Auxmoney-Chef Raffael Johnen.
Seit Anfang des Jahres hat sich der Wert nach Angaben der Gründer versiebenfacht auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag.
Pliant vertreibt eine digitale Kreditkarte, die an die spezifischen Prozesse von Unternehmen angepasst werden kann. Beim Onboarding des Kunden wird beispielsweise geschaut, welche Reisekosten- oder Software-Tools schon genutzt werden und wo die Belege hingehen.
Pliant integriert diese Prozesse direkt. Belege werden digital gesammelt – nach einer Transaktion hat man per App die Zahlen zentral in der Buchhaltung erfasst. Bei jeder Zahlung erhält der Pliant-Kunde zudem Gutschriften in Form von Cashbacks.
Als Partnerbank von Pliant fungiert die Varengold Bank, die beispielsweise die Kreditlinie für die Karte bereitstellt. Da der vom Kunden getätigte Umsatz per Lastschrift eingezogen wird, wird permanent eine Kreditlinie bereitgestellt. „Die kann schon siebenstellig werden“, sagt Rau.
Das Onboarding der Kunden einschließlich Kreditprüfung und der Maßnahmen zur Geldwäscheprävention organisiert Pliant selbst im Auftrag der Bank.
Rau und sein Co-Gründer Terner sind schon länger in der Fintech-Branche aktiv. Terner war zuletzt Produktchef bei Fincompare, die Unternehmensfinanzierungen vermitteln. Rau arbeitete unter anderem bei dem Kreditportal Auxmoney.
Re:cap sichert sich Finanzierungsvolumen von 100 Millionen Euro
Das Berliner Fintech Re:cap startet mit Vorschusslorbeeren. Das Start-up sammelte mit zehn Millionen Euro ungewöhnlich viel Kapital in einer Seed-Runde ein. Zudem sicherte sich das Unternehmen, das neue Finanzierungsmöglichkeiten insbesondere für Software-Unternehmen bietet, Fremdkapital in Höhe von 90 Millionen Euro. Das Vertrauen der Investoren dürfte auch mit dem Hintergrund der beiden Gründer und Chefs zu tun haben: Paul Becker und Jonas Tebbe waren Mitgründer des Robo-Adivsors Liqid.
Die Wachstumsfinanzierung stellen die Investoren Felix Capital und Project A Ventures zur Verfügung. Auch Entrée Capital ist beteiligt. Die Liquidität stammt von einer ausländischen Bank, deren Name nicht verraten wird.
Re:cap sieht sich als Finanzierungsplattform, die eine Mittlerfunktion zwischen Unternehmen und Anlegern einnimmt. In einem ersten Schritt adressiert das Start-up seine Dienstleistungen an Unternehmen der Software-Branche, die auf einen Umsatz zwischen 500.000 Euro und 15 Millionen Euro kommen. „Viele Softwareunternehmen haben einen schlechten Zugang zu Fremdkapital, aber eine gute Tech-Infrastruktur und solide Finanzen“, begründet Becker den Fokus auf diese Branche. Alternativ kann ein Teil dieser Unternehmen versuchen, Venture Capital an Bord zu nehmen. Das würde aber zu einer Verwässerung der Anteile führen.
Mit Hilfe der Technologie von Re:cap ist es möglich, den Vertragsbestand von Softwareunternehmen zu durchleuchten, der in der Regel aus wiederkehrenden Leistungen besteht. Bis zu 50 Prozent der jährlichen Umsätze können in sofortige Vorauszahlungen umgewandelt werden. Die dafür nötige Liquidität stellen institutionelle Investoren zur Verfügung.
Dabei werden identifizierte Forderungen der Unternehmen über ein luxemburgisches Verbriefungsvehikel in Wertpapiere umgewandelt, die Investoren zeichnen können. „Dieses Verfahren ist für Unternehmen einfacher und deutlich schneller als einen Kredit aufzunehmen, weil es über eine digitale Plattform läuft“, sagt Becker. Zudem biete das Marktplatz-Modell, in dem Investoren um die Umsätze von Software-Firmen wetteifern, langfristig die besten Konditionen.
Ansonsten hat sich das Unternehmen die weitere Expansion zum Ziel gesetzt. So will sich Re:cap künftig nicht auf Software-Unternehmen beschränken. Zudem soll die Finanzierungsplattform auch schnell europäisch ausgerollt werden.
Die Investoren sind optimistisch gestimmt. „Sowohl ihre Finanzierungslösung als auch ihre Technologie mit vollautomatisierten Underwriting und Transaktionsentwicklung setzen Maßstäbe“, lobt Joseph Pizzolato von Felix Capital.
Dass der Bedarf für solche Finanzierungslösungen vorhanden ist, beweist das US-Fintech Pipe. Das Unternehmen hat bereits Einhorn-Status, kommt also auf eine Bewertung von mehr als eine Milliarde Dollar.
Finanz-Startup Billie schließt neue Finanzierungsrunde ab
Das Berliner Finanz-Startup hat für seine Expansion ins Ausland frisches Kapital von internationalen Investoren und Zahlungsdienstleistern eingesammelt.
Unter anderem beteiligen sich der britische Wagniskapitalgeber Dawn Capital und die Unternehmen Klarna und Tencent an der insgesamt 100 Millionen Dollar schweren Finanzierungsrunde, wie Billie mitteilte. Damit steige die Bewertung des FinTechs auf 640 Millionen Dollar.
Zusätzlich erhalten die Berliner, die auf Zahlungsdienstleistungen für Geschäftskunden spezialisiert sind, Kreditlinien in Höhe von monatlich 200 Millionen Dollar von einem Bankenkonsortium.
Dieses wird angeführt von der VVRB (Vereinigte Volksbank Raiffeisenbank eG), ein Zusammenschluss von regionalen Banken in Südhessen und Franken.
Deutsche Bank übernimmt Better Payment Germany
Für den Erwerb der kompletten Anteile am Berliner Fintech Better Payment Germany hat der deutsche Branchenprimus Finanzkreisen zufolge einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag bezahlt.
Better Payment ermöglicht es Unternehmen, über seine Bezahlplattform Online Payment Gateway Online-Zahlungen abzuwickeln – von der Girocard über die Kreditkarte bis zum Rechnungskauf. Better Payment zählt derzeit etwa1500 Kunden.
Nach außen muss Better Payment dabei nicht in Erscheinung treten: Die Zahlungsabwicklung wird auch als sogenannte White-Label-Lösung angeboten – Unternehmen können den Payment-Service also in ihr Angebot integrieren. Die Deutsche Bank rechnet vor allem im Geschäft mit White-Label-Lösungen über die kommenden Jahre mit sehr hohen Wachstumsraten.
„Mit Better Payment bekommen wir in der Zahlungsabwicklung einen breiteren Marktzugang und können unser Wachstum auf dem wichtigen deutschen Markt beschleunigen“, sagt Kilian Thalhammer, Leiter Merchant Solutions bei der Deutschen Bank. Die Bank plane, weitere Bank- und Zahlungsdienstleistungen auch über die Kanäle von Better Payment anzubieten.
Die Übernahme von Better Payment ist erneut ein Beleg dafür, dass die Deutsche Bank bei der Abwicklung von Zahlungen ihrer rund 800.000 Geschäftskunden verstärkt Flagge zeigen will.
Erst im Juni dieses Jahres gründete die Deutsche Bank und Fiserv, ein weltweit führender Anbieter von Zahlungs- und Finanztechnologie, ein Joint Venture. Die Deutsche Bank will ihren Kunden auf diese Weise nicht nur Konten, sondern auch Zahlungslösungen und Bankdienstleistungen bereitstellen.
Steuer-App Accountable sammelt sechs Millionen Euro ein
Das Berliner Fintech Accountable schließt seine Series A Finanzierungsrunde erfolgreich ab und sammelt sechs Millionen Euro an frischem Kapital ein. Stride.VC mit Sitz in London führt die Runde an, gefolgt von Bestandsinvestoren wie Connect Ventures sowie prominenten Business Angels von u.a. Revolut und Wise. Neben Rory Stirling wird Fred Destin, Investor in unter anderem Deliveroo, Cazoo und Zoopla, den Beirat verstärken.
Mit Accountable können erstmals Selbstständige ihre Steuererklärungen ohne Steuerfachjargon und mit wenigen Klicks über eine mobile und webbasierte App einreichen. Die bekannteren Steuerapps wie Taxfix, Steuerfuchs, Wundertax oder Taxando fokussieren sich hingegen auf Angestellte.
Für Selbstständige hat das Thema indes eine noch größere Bedeutung: „Selbstständige wissen nie, wie viel Geld sie tatsächlich ausgeben dürfen, und das macht sie nervös und hindert sie daran, ihr Business voranzubringen. Der Hauptgrund dafür ist, dass sie nie wissen, wie viel Steuern sie zahlen müssen”, sagt Fred Destin von Stride.VC.
Mit dem erfolgreichen Abschluss der Finanzierungsrunde bringt Accountable die Gesamtfinanzierung auf über acht Millionen Euro. Mit dem frischen Kapital wird das Berliner Fintech sein Wachstum in Deutschland weiter beschleunigen und in den nächsten zwölf Monaten einen dritten großen europäischen Markt angehen. In diesem Zuge wird auch das Team um 15 neue Mitarbeiter erweitert.
Die App gibt es bereits neben Deutsch auch auf Englisch, Französisch und Niederländisch. Seit dem Start 2019 erledigen über 10.000 Nutzerinnen und Nutzer in Deutschland und Belgien ihre Steuern mit der Lösung von Accountable. Um die Vision des europaweiten selbstständigen Arbeitens zu verwirklichen, fokussiert sich das Fintech in der nächsten Unternehmensphase auf die europäische Expansion.
„Nachdem wir mit Deutschland einen der schwierigsten Steuermärkte geknackt haben, expandieren wir von Berlin aus ins europäische Ausland“, erklärt Tino Keller, Co-Founder & Managing Director von Accountable.
Kreditplattform Younited Credit erhält 170 Millionen Dollar frisches Kapital
Die französische Kreditplattform Younited Credit hat in einer neuen Finanzierungsrunde 170 Millionen Dollar von Goldman Sachs und Bridgepoint eingesammelt. Mit dem Geld will die Plattform, die seit ihrer Gründung im Jahr 2012 2,6 Milliarden Euro an Konsumentenkrediten finanziert hat, auch in Deutschland stärker Fuß fassen.
Den Einstieg in Deutschland wagte Younited Credit mitten in der Pandemie, im Frühjahr 2020. Nach Angaben des Deutschland-Chefs Michael Herschlein profitierte das Unternehmen von den besonderen Bedingungen. „Wir sind vollständig digital unterwegs – von dem Antragsprozess, über die Legitimation bis zur Auszahlung“, sagt Herschlein im Gespräch mit dem Handelsblatt.
Im vergangenen Jahr gab die Plattform in Deutschland Kredite im Volumen von mehr als 20 Millionen Euro aus – im laufenden Jahr wird eine Verdreifachung angestrebt. Das Marktvolumen für neue Anbieter sei bei weitem nicht ausgeschöpft, sagt Herschlein. Derzeit würden nur vier Prozent der Ratenkredite in Deutschland vollständig digital vergeben.
Ratenkredite werden an Konsumenten zwischen 18 und 80 Jahren vergeben – in einer Spannweite zwischen 1000 Euro und 50.000 Euro. Allerdings beschränkt sich Younited Credit nicht auf das Kreditsegment, in dem beispielsweise die Plattform Auxmoney ein Konkurrent wäre oder Ratenkreditspezialisten wie die Teambank, Santander, Targobank oder DKB und ING.
Younited Credit ist mit einer Banklizenz ausgestattet und bietet ihre Kreditexpertise und Technologie ähnlich wie die Solarisbank anderen Instituten als sogenannt White Label-Lösung an. Dabei tritt der Hersteller nicht in Erscheinung.
Im kommenden Jahr soll das Produktportfolio mit Geschäftskunden erweitert werden. E-Commerce-Händlern soll dann ermöglicht werden, eine digitale Absatzfinanzierung anzubieten. Damit würde Younited Credit mit Unternehmen wie Paypal oder Klarna im Wettbewerb stehen.
Der ehemalige Generali-Manager David Stachon wird künftig das operative Geschäft des Versicherungs-Start-ups Wefox leiten. Als COO soll er der neue starke Mann neben Wefox-Chef Julian Teicke werden. Stachon startet mit seiner Tätigkeit am 1. Juli und wird das globale Wachstum des Insurtechs vorantreiben.
Der Schritt kommt, kurz nachdem Wefox seine jüngste Finanzierungsrunde angekündigt hat. Das Unternehmen hat dabei weitere 650 Millionen Dollar von Investoren, allen voran dem Wagniskapitalgeber Target Global, erhalten und wird nun mit drei Milliarden Dollar bewertet.
Mit dem frischen Geld hat das Start-up große Ziele: Wefox will seine internationale Expansion in Europa und später auch in Asien und den USA vorantreiben, kontinuierlich weitere Produkte auf den Markt bringen und stärker auf Risikoprävention setzen. Die Vision sei, noch dieses Jahrzehnt der führende Anbieter von digitalen Personenversicherungen zu werden. „Ich bin zuversichtlich, dass David uns mit seiner Erfahrung und seinem Wissen über Versicherungen und digitale Technologien unterstützen kann, diese Ziele zu erreichen“, sagt Teicke.
Stachon war bis Dezember 2020 im Vorstand von Generali Deutschland für das digitale Geschäft zuständig und hatte die Verantwortung für den Direktversicherer Cosmosdirekt sowie den Maklerversicherer Dialog. Im Lauf seiner Karriere war er auch für die Versicherer Direct Line (heute Verti) und Ergo sowie die Beratungsfirma McKinsey tätig.
Wefox startete zunächst mit einer App-Plattform für Versicherungsmakler und gründete später einen eigenen Digitalversicherer, der heute unter Wefox Insurance firmiert. Dieser treibt aktuell den Markteintritt in Polen voran. Im Vertrieb setzt Wefox im Gegensatz zu vielen anderen Versicherungs-Start-ups, die häufig auf Vergleichsportalen wie Check24 vertreten sind, auf Berater und Vermittler. Stachon zufolge sei das eine gute Kombination aus Mensch und Maschine.
Pair Finance nutzt künstliche Intelligenz für individualisierte Ansprache von Schuldnern
Die Aufgabe eines Inkasso-Dienstleisters ist es, ausstehende Rechnungsbeträge im Auftrag seiner Kunden einzutreiben. Jährlich bearbeiten die Unternehmen nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen rund 20 Millionen Forderungen.
Doch wie kann die Zahlungsbereitschaft mobilisiert werden, ohne die Beziehung zwischen Unternehmen und seinen Schuldnern nachhaltig zu schädigen? Mit seiner ersten Studie zu einer erweiterten Schuldnertypologie sieht sich das Start-up Pair Finance besser als zuvor gerüstet, diesen Job zu erfüllen.
Das mehrheitlich zu Finleap gehörende Unternehmen hat unter der Leitung der Verhaltensforscherin Minou Ghaffari, die für Pair Finance tätig ist, 400.000 einzelne Fälle ausgewertet und dabei bestehende Typologien erweitert.
Die Idee dahinter: Je besser ich einen Schuldner kenne, desto eher kann ich mit ihm in den Dialog treten. „Die größte Hürde im Inkasso besteht immer darin, den Verbraucher zu einer Reaktion zu verleiten. Wenn ich eine Reaktion bekomme, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass wir gemeinsam zu einer Lösung kommen“, weiß Pair-Finance-CEO Stephan Stricker.
Bisher hat sich die Forschung um die Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit gekümmert. Pair Finance hat in der Studie diese Bereiche um die Dimensionen finanzielle Organisation und emotionales Verhalten ergänzt, sagt Ghaffari. Herausdestilliert wurden 16 Verbrauchertypen. „Die breitere Aufstellung ermöglicht einen detaillierteren Blick auf die Kunden“, so Ghaffari.
Mit den vorhandenen Daten aus den Zahlungsfällen konnte der Algorithmus so trainiert werden, dass Pair Finance Verbraucher individualisiert mit Hilfe künstlicher Intelligenz ansprechen kann.
Die Kontaktaufnahme variiert in puncto Kommunikationskanal (Brief, Mail, SMS), in der Art und Weise der Anrede, in der Tonalität, in den Zeitpunkten (eher morgens oder abends) und der Häufigkeit. „Kleine Unterschiede in der Kommunikationsstrategie können schon große Auswirkungen haben“, sagt Ghaffari.
Identifiziert die künstliche Intelligenz einen potenziell kooperativen Schuldner, kann die Anrede beispielsweise so ausfallen: „Vielleicht haben Sie die Rechnung einfach übersehen, vielleicht haben Sie in der Hektik des Alltags vergessen zu zahlen. Gemeinsam finden wir eine Lösung.“
Immer mehr Unternehmen der Inkasso-Branche gehen dazu über, künstliche Intelligenz für das Eintreiben von Forderungen einzusetzen. Dazu gehören beispielsweise auch Unternehmen wie Troy oder Arvato Financial Solutions.
Volkswirtschaftlich erfüllt die Branche eine wichtige Funktion. Jährlich werden nach Angaben des Branchenverbands 5,8 Milliarden Euro dem Wirtschaftskreislauf wieder zugeführt.
Noch liegen keine Studien vor, die belegen, dass der KI-basierte Ansatz der herkömmlichen Herangehensweise überlegen ist. Aber beispielsweise gelte die Reaktionsquote der Schuldner bei Pair Finance von 78 Prozent als sehr hoch. Zudem würde man 90 Prozent der realisierten Fälle im vorgerichtlichen Mahnwesen lösen.
Der Berliner Digitalversicherer Coya baut seinen Vorstand aus. So wird der bisherige Co-CEO Max Bachem ab sofort den Vorsitz übernehmen. Zudem steigen Julia Sharonova und Nigel Jankelson in den Vorstand auf. Der Coya-Gründer und bisherige Co-CEO Andrew Shaw steht dem Unternehmen noch beratend zur Seite. Der neue Vorstand will daran arbeiten, das Insurtech weiter voranzubringen, Kosten zu senken und das Firmenwachstum zusammen mit neuen, strategischen Partnern weiter auszubauen.
Sharonova ist seit März Chefaktuarin und Datenbeauftragte bei Coya. Sie war zuvor für die Beratungsgesellschaft PwC tätig. Jankelson, der das operative Geschäft von Coya leitet, kam 2020 von der Investmentbank Macquarie in New York. „Mit Julia und Nigel ist uns ein Ausbau des Vorstands um zwei erfahrene und umsetzungsstarke Führungskräfte gelungen“, sagt Bachem, der selbst erst im Frühjahr nach einem Intermezzo beim Versicherungskonzern Axa zu dem Insurtech zurückkam.
Als einer der wenigen jungen Digitalversicherer in Deutschland verfügt Coya über eine eigene Versicherungslizenz der Finanzaufsicht Bafin. Das im Jahr 2016 gegründete Start-up bietet heute unter anderem Hausrat-, Privathaftpflicht-, Fahrrad- und Tierversicherungen an. Unternehmen erhalten für sie zugeschnittene Versicherungsprodukte.
Allerdings zeigt das Beispiel Coya auch, dass es nicht einfach ist, sich als kleiner, unabhängiger Versicherer am Markt zu etablieren. So ist Coya in den letzten Jahren nicht so schnell gewachsen wie ursprünglich erhofft. Die gebuchten Bruttobeiträge betrugen im Jahr 2020 gerade einmal zwei Millionen Euro. Das versicherungstechnische Ergebnis lag bei minus 4,4 Millionen Euro.
Doch der neue Vorstandschef ist für das laufende Geschäftsjahr positiv gestimmt. Coya habe seine Kundenbasis in den letzten sechs Monate nahezu verdreifachen können. Nun habe das Unternehmen alle Fähigkeiten im Vorstand vertreten, um „diese Skalierung in allen Unternehmensbereichen weiter zu treiben“, betont Bachem.
Das 2014 in Großbritannien gegründete Unternehmen unterstützt Versicherer mit einer auf künstlicher Intelligenz (KI) basierenden Bilderkennungssoftware beim KfZ-Schadenmanagement. Wenn Autofahrer in einen Unfall geraten, können sie Fotos des Schadens an ihren Versicherer übermitteln. Tractables Technologie analysiert die Bilder in Echtzeit und bewertet den Schaden. Entscheidungen, die bislang oft Tage dauern, können dadurch deutlich beschleunigt werden.
Dem Unternehmen zufolge nutzen über 20 der 100 weltweit führenden Autoversicherer deren Technologie. Seit kurzem arbeitet beispielsweise der zweitgrößte US-Autoversicherer Geico mit dem Start-up zusammen. Auch die polnische Tochtergesellschaft des HDI, die Warta Versicherung sowie führende japanische und französische KfZ-Versicherer zählen zu den Kunden.
In Deutschland will Tractable ebenfalls angreifen. Cornelius Vogel, Leiter der Geschäftsentwicklung im deutschsprachigen Raum, sagt: „Im deutschen Markt sind wir derzeit mit Unternehmen aus den Bereichen Versicherungen, Sachverständigenorganisationen, wie auch Automobilherstellern in Gesprächen.“ Kunden könne er noch nicht nennen. Deutschland sei aber im Hinblick auf Kfz-Schadenfälle global der viertgrößte Markt, und somit „für uns ein natürlicher Kernfokus“. Man investiere daher kräftig und bauen derzeit das lokale Team mit Industrieexperten aus.
Mit dem Geld aus der Finanzierungsrunde will Tractable das Wachstum bei der Schadensbeurteilung von Unfällen beschleunigen. Zugleich will das Unternehmen in neue KI-Lösungen zur Zustandsbewertung von Autos investieren, die es den Benutzern ermöglichen, Fahrzeugschäden bis hin zu einzelnen Teilen zu ermitteln. Darüber hinaus soll die Runde die Anwendung der Technologie von Tractable zur Bewertung von Gebäudeschäden finanzieren.
Gegründet wurde Tractable von dem Franzosen Alex Dalyac und dem Rumänen Razvan Ranca. Später stieß Adrien Cohen zum Gründerteam. Während der Großteil der 200 Mitarbeiter im Vereinigten Königreich beschäftigt ist, erwirtschaftet Tractable über 90 Prozent der Umsätze im Ausland. Diese konnte das Unternehmen laut eigenen Angaben in den letzten 24 Monaten um 600 Prozent steigern.
Finleap Connect erhält in Finanzierungsrunde 22 Millionen Euro
Der Technologie- und Softwareanbieter Finleap Connect schließt eine Finanzierungsrunde über 22 Millionen Euro ab. Damit kommt Finleap Connect nach laut CEO Frank Kebsch auf eine Bewertung im „unteren dreistelligen Millionenbereich“. Zu den neuen Investoren zählen der japanische Risikokapital-Investor SBI Investment, der den größten Teil der Finanzierungsrunde stemmt, sowie der neue Fintech-Fonds Ilavska Vuillermoz Capital.
Altinvestoren wie die Muttergesellschaft Finleap beteiligten sich ebenso an der Kapitalrunde wie adas Management. Andere Altinvestoren blieben an Bord, haben in dieser Runde aber keine weiteren Investitionen eingebracht. Unterm Strich hält Finleap noch die Mehrheit am Unternehmen.
Mit dem Geld soll die geplante internationale Expansion voran getrieben und das Produktportfolio ausgebaut werden. Dabei stehen insbesondere die Märkte in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal im Vordergrund. In einem EU-Kernland steht Finleap Connect vor der Übernahme eines Unternehmens, das ihnen die Marktführerschaft im Bereich Open Banking sichern soll, so Kebsch im Gespräch mit dem Handelsblatt.
Finleap Connect entstand vor zwei Jahren aus der Fusion von Figo, Finreach und Infinitec. Die Verschmelzung begründete Finleap-Chef Ramin Niroumand mit der steigenden Nachfrage nach einem vollumfänglichen Produktangebot.
Finleap Connect gehört zu den Fintechs, die die Verbraucher kaum zu Gesicht bekommen. Sie sind sogenannte Software-as-a-service-Dienstleister, bieten also ihre Dienste Unternehmen an, die individuell zugeschnittene Finanzprodukte für den Endkunden benötigen.
Finleap-Connect gehört zu den Profiteuren der Zahlungsdiensterichtlinie PSD2, die das Bankenmonopol auf Daten aufgehoben hat. Banken sind verpflichtet, speziellen Anbietern auf Verlangen des Kunden Zugang zu den Konten zu gewähren – durch Schnittstellen, sogenannte APIs. Das ist die Basis für die Open-Banking-Plattform von Finleap Connect. Mit dieser Plattform bietet das Fintech seinen Partnern Zugriffsmöglichkeiten auf mehr als 3600 Banken in Europa. Die Vernetzung basiert nach Angaben von Finleap Connect auf einer einzigen API, die mehr als 65 Millionen Transaktionen im Monat verarbeitet.
Details zum Geschäftsverlauf verrät Kebsch nicht. Aber die Richtung des lizenz- und transaktionsbezogenen Geschäftsmodells stimmt offensichtlich. „Wir wollen im zweiten Halbjahr 2022 die Gewinnschwelle erreichen“, so Kebsch.
Dass Wefox in diesem Frühjahr in größerem Umfang Geld bei Investoren einsammeln will, war schon länger erwartet worden. Auch wenn die Zahlen noch immer vage bleiben, so liegen sie dennoch deutlich über denen, die zuletzt berichtet wurden. Wefox selbst will zu den Gerüchten keine Stellungnahme abgeben. Zu den Investoren, die sich an der Runde beteiligen, gibt es bislang keine Informationen.
Auch kann nur darüber spekuliert werden, was Wefox mit dem frischen Geld vorhat. Zuletzt hat das Insurtech, das seine Wurzeln in der Schweiz hat, aber hauptsächlich in Deutschland aktiv ist, die Auslandsexpansion seines Digitalversicherers wieder stärker vorangetrieben – nachdem diese im Frühjahr 2020 wegen der Coronakrise zunächst ausgebremst worden war. Die Wefox Insurance ist mittlerweile auch in der Schweiz und in Polen vertreten. Ein Markteintritt in Italien ist ebenfalls geplant.
Das Prämienvolumen des Versicherers lag 2020 bei 33,8 Millionen Euro und damit deutlich über dem anderer deutscher Versicherungs-Start-ups. Neodigital kam beispielsweise auf 5,6 Millionen Euro, Coya auf zwei Millionen Euro. Wefox setzt allerdings vor allem auf den Vertrieb über Makler, während sich die anderen Anbieter eher als Direktversicherer positionieren. Unter dem Strich stand bei der Wefox Insurance im vergangenen Jahr ein kleiner Gewinn.
Auch andere Versicherungs-Start-ups haben dieses Jahr schon Geld von Investoren erhalten. Die größte Beachtung fand die Finanzierungsrunde des digitalen Versicherungsmanagers Clark, der um den Jahreswechsel 69 Millionen Euro einsammelte. Angeführt wurde die Runde vom chinesischen Internetunternehmen Tencent.
Private-Equity-Investor übernimmt Mehrheit bei iBanFirst
Finanzierungsrunden sind für Start-ups immer eine heikle Sache. Doch künftig muss sich das französisch-belgische Fintech iBanFirst keine Sorgen mehr um Geld machen.
Die rund 7,5 Milliarden Dollar schwere US-Investmentgesellschaft Marlin Equity Partners hat nach Informationen des Handelsblatts mehr als 50 Prozent an dem Fremdwährungsspezialisten für Mittelständler übernommen.
Seit vergangenem Jahr ist iBanFirst auch auf dem deutschen Markt aktiv. Dem Vernehmen kommt iBanFirst auf eine Bewertung von rund 200 Millionen Euro.
Mit dem Engagement von Marlin Equity werden Business Angels und frühere Kapitalgeber teilweise ersetzt. An Bord bleiben der Gründer und CEO Pierre-Antoine Dusoulier und Wagniskapitalgeber wie beispielsweise Elaia und Bpifrance Large Venture.
„Mit dem Einstieg von Marlin Equity sind wir jetzt in der Lage, unsere Investitionen durch Fremdkapital (debt financing) zu stemmen“, betont der Deutschland-Chef von iBanFirst, Mark Elser.
Eigentlich würden Unternehmen diese Art der Finanzierung erst nutzen können, wenn sie profitabel seien. Offensichtlich ist Marlin Equity von dem Geschäftsmodell überzeugt.
In einem ersten Schritt kann iBanFirst 50 Millionen Euro für seine Expansionspläne einsetzen. Konkret stehen neue Büros in Osteuropa vor der Öffnung.
Kern der Dienstleistungen von iBanFirst ist eine digitale Plattform für Fremdwährungstransaktionen. Firmenkunden können Zahlungen in jeder Währung empfangen und bezahlen und Währungsrisiken absichern.
Dabei ist stets die Transparenz über den Währungskurs, zu dem abgerechnet wird, gewahrt. Im Hintergrund agieren verschiedene Großbanken als Liquiditätsprovider, die auch die Fremdwährung zur Verfügung stellen
„Die Plattform des Unternehmens ist gut positioniert, um ein schnelles, skalierbares Wachstum zu erzielen, indem sie den globalen Billionen-Dollar-Markt für B2B-Zahlungen und Fremdwährungs-Lösungen adressiert und durch starke Partnerschaften mit Marktführern unterstützt wird“, urteilt Jeremy Nakache von Marlin Equity.
Derzeit wickelt das Unternehmen nach Angaben Elsers ein Zahlungsvolumen von zwei Milliarden Euro monatlich ab, was einer Verdoppelung zum Vorjahreszeitraum entspricht. Dabei soll es nicht bleiben.
Der mit Marlin abgeschlossene Deal wird „unsere internationale Entwicklung erheblich beschleunigen und gleichzeitig ein nachhaltiges Umsatzwachstum ermöglichen“, glaubt CEO Dusoulier.
Hopp Family Office investiert in Zahlungsdienstleister
Das Schweizer Fintech Bluecode erhält 20 Millionen Euro frische Mittel. Das teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. Es wird nun nach eigenen Angaben mit gut 100 Millionen Euro bewertet.
Die Finanzierungsrunde wird angeführt vom Hopp Family Office. Dahinter stehen Daniel und Oliver Hopp, die Söhne des SAP-Gründers Dietmar Hopp. Das restliche Geld stammt von bestehenden Bluecode-Investoren,. Hierzu zählen auch weitere Family Offices – also Firmen, die das Vermögen einzelner reicher Familien verwalten.
Bluecode ist 2015 als Bezahlsystem für das Smartphone gestartet, bei dem Kunden beim Bezahlen an der Kasse einen Strichcode von ihrem Handy scannen lassen. Abgebucht wird das Geld von einem verknüpften Bankkonto. In Österreich funktioniert das bereits in vielen Supermärkten. In Deutschland ist die Zahl der Partner allerdings gering, die Nutzung minimal.
Bluecode hat das Ziel, europaweit ein mobiles Zahlungssystem aufzubauen, das von anderen Unternehmen unabhängig ist. In Deutschland steht das Bezahlen per Smartphone noch am Anfang. Seit einiger Zeit sind aber neben Bezahl-Apps der Banken auch die Bezahldienste von Apple und Google verfügbar (Apple Pay und Google Pay). Sie funktionieren an der Ladenkasse mittels kontaktloser Datenübertragung über die NFC-Schnittstelle, kurz für Near Field Communication.
Die meisten Kartenterminals in Deutschland sind mittlerweile mit der NFC-Technik ausgestattet. Allerdings gibt Apple diese Schnittstelle – anders als Google – bislang nicht für andere Bezahl-Apps frei. Die Geldhäuser müssen sich also mit Apple darüber einigen. Hinzu kommt, dass Apple Pay und Google Pay in erster Linie in Verbindung mit Karten der Kreditkartenanbieter Mastercard und Visa laufen.
Trotz der geringen Verbreitung von Bluecode sieht Investor Daniel Hopp die Chance, den europäischen Zahlungsverkehr zu stärken. „Es genügt nicht, fortwährend auf die Gefahren hinzuweisen, die von außereuropäischen Zahlungsanbietern ausgehen. Man muss auch gegensteuern.“ Mit Bluecode bleibe nicht nur die Wertschöpfung in Europa, sondern es ist endlich auch möglich, „nach europäischem Verständnis zeitgemäße Datenschutzstandards im mobilen Zahlungsverkehr zu sichern“, erklärte Hopp.
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